Ziel der Entwicklung

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Durch den entwickelten Prozess erzeugte Verbindungsstelle

Die Nachfrage für Vliesstoffe wächst rasant. Daher werden weltweit die Produktionskapazitäten ausgeweitet. In Deutschland liegt der Fokus nicht nur auf der Deckung des wachsenden Bedarfs, sondern auch auf der Verringerung der Importabhängigkeit. Der Ausbau der heimischen Fertigung steht in engem Zusammenhang mit der Wettbewerbsfähigkeit der inländischen Produktionsstätten in der globalen Marktsituation. Da hierbei der für den Produktionsprozess erforderliche Arbeitsaufwand der wichtigste Faktor ist, kommt der Erhöhung der Produktionseffizienz und der Reduzierung des manuellen Arbeitsaufwands größte Bedeutung zu.

Ziel des vorliegenden Projekts war die Entwicklung einer Teilautomatisierungslösung für die Auftrennung und Wiederverbindung von Vliesbahnen, die den Arbeitsaufwand für das Heraustrennen der Fehlstellen und das anschließende Fügen um mindestens 50 % gegenüber dem händischen Verfahren und im umgebenden Handling um weitere 15 % senkt.
Zunächst sollte ein fehlerhafter Abschnitt über die gesamte Breite aus einer kontinuierlichen Vliesbahn geschnitten werden. Anschließend sollten die Enden der Vliesbahnen wieder miteinander verbunden werden. Die Schnittkanten beider Enden müssen ohne Auffasern oder Verziehen der Faserstruktur vorliegen. Ebenso exakt muss das Zusammenführen der beiden Enden erfolgen. In diesem Zusammenhang musste auch das Handling für die Entnahme des NiO-Bereichs (Nicht-in-Ordnung-Teile) und das Zusammenführen der Enden entwickelt werden. Der eigentliche Fügeschritt sollte durch die Applikation eines Vliestapes realisiert werden. Durch die Kombination aus mäanderförmigem Schnitt und dem aufliegenden dünnen Vliesband sollten ein Fügebereich ohne auftragende Naht entstehen und die Vlieseigenschaften erhalten werden. Der Schwerpunkt der Entwicklung lag auf der Verarbeitung von chemiefaserbasierten Vliesstoffen auf Basis natürlicher und synthetischer Polymere.

Vorteile und Lösungen

Auf Basis umfangreicher Vorversuche stellte sich das Trennschweißen der Warenbahnen und das anschließende Glätten der Verbindungsstelle jeweils mittels Ultraschall-Technologie als praktikabelste Lösung heraus. Zwar ist der Anschaffungspreis durch den Einsatz dieser Technologie höher, jedoch bietet sie die Vorteile zur Schaffung einer sowohl mechanisch stark belastbaren als auch optisch qualitativ hochwertigen Schweißnaht, die mit keinem anderen Verfahren erreicht werden kann.
Auf Basis dieser Erkenntnisse wurden Konzeptvarianten entwickelt und bewertet. Die daraus abgeleitete Vorzugsvariante wurde konstruktiv umgesetzt, gefertigt und montiert. Parallel dazu wurde ein anwendungsfreundliches Antriebs-, Steuerungs- und Bedienkonzept entwickelt. Es sieht eine Rezeptverwaltung vor, in der die Anlagenbedienung lediglich mittels Taster das materialspezifische Verarbeitungsprogramm auswählt.
Die mechanische, elektrische und steuerungstechnische Entwicklung wurde mit der erfolgreichen Inbetriebnahme, Versuchsdurchführung sowie der Optimierung des Moduls und der vorherrschenden Prozesse abgeschlossen.
Durch das neu entwickelte, teilautomatisierte Verfahren konnte der Arbeitsaufwand gegenüber dem vorher angewandten, manuellen Verfahren um 50 % gesenkt werden. Dementsprechend kann mit diesem Verfahren die Produktionseffizienz gesteigert werden. Darüber hinaus weist die Qualität der Verbindungsstelle des neuen Verfahrens in mehreren Punkten entscheidende Vorteile gegenüber dem herkömmlichen Verfahren auf:
1. Die Verbindungsstelle im Vlies ist wesentlich schmaler. Im manuellen Verfahren müssen die Vliesbahnen über zwölf Zentimeter überlappend in die Vernadelung eingezogen werden, um die benötigten Festigkeitswerte zu erreichen. Die Schweißnaht durch die in diesem Vorhaben entwickelte Lösung ist wenige Millimeter breit.
2. Die Nahtstelle weist keine Verdickung oder Verhärtung auf. Somit können die Nadeln das Vlies problemlos durchstechen. Im manuellen Verfahren kommt es beim Vernadeln infolge der Überlappung und der resultierenden, doppelten Vliesbahnstärke zum Fadenriss.
3. Die optische Qualität der Verbindungsstelle ist qualitativ so hochwertig, dass diese nicht, wie bisher üblich, für verschiedene Anwendungsgebiete im Sichtbereich herausgetrennt werden muss.
4. Die Verbindungsstelle hält den auftretenden Zugkräften stand. Hierdurch kommt es in den Weiterverarbeitungsprozessen zu keinen Einschränkungen.
5. Im Gegensatz zur manuellen Variante, die stark von subjektiven Faktoren abhängt, entsteht kein Verzug im Material und die Schnittkanten liegen stets aneinander.
6. Die Reproduzierbarkeit der Verbindungsqualität liegt bei nahezu 100%. Die Qualität der Schweißnaht wurde materialunabhängig (PET, PPS und PES) über jeweils 20 Proben wiederholt nachgewiesen.

Zielgruppe und Zielmarkt

Zielgruppe für die teilautomatisierte Lösung zur Entfernung von fehlerhaften Vliesbahnabschnitten und zur Verbindung zweier Vliesbahnen sind alle Unternehmen, die Vliesbahnen herstellen und weiterverarbeiten. Dazu zählen Hersteller und Zulieferer in verschiedenen Branchen wie beispielsweise der Textilindustrie, dem Automobilbau, der Kosmetikindustrie, der medizinischen Versorgung, Herstellern von Hygieneprodukten, dem Reinigungssektor, dem Garten- und Landschaftsbau und der Bauindustrie. Produkte in diesen Branchen reichen in der Anwendung vom Putzlappen über Wundauflagen und dem Autohimmel bis hin zu Drainagevliesen. Dementsprechend groß ist der Bedarf an einer derartigen Entwicklung.
Durch das in sich geschlossene System kann das Modul ohne großen Aufwand an jeder beliebigen Anlage zur Herstellung und Weiterverarbeitung von Vlies angeschlossen werden. Eine grobe Positionierung des Moduls an der Anlage und die Verknüpfung mit dem Stromanschluss sind die einzigen notwendigen Schritte für die Installation des Moduls. Durch die einfache Handhabung, die verringerten Stillstandszeiten und die optimierte Vliesbahnqualität ist das Modul für nationale und internationale Vliesbahnverarbeiter und -hersteller von großem Interesse.
Der Markt für die Herstellung und Verarbeitung von Vliesstoffen bzw. Vlieserzeugnissen wächst deutschlandweit und global sehr stark. Die Vliesstoffe hielten im Jahr 2018 einen Anteil von 40 % des gesamten Umsatzes der Textilindustrie in Deutschland. Für das Jahr 2025 wird ein Umsatzvolumen von 1.097,2 Mio. Euro für den Bereich der Herstellung und Verarbeitung von Vliesstoffen erwartet. Neben den traditionellen Einsatzgebieten im Textil- und Hygienebereich ist ein enormes Wachstum in den Bereichen Hygiene, medizinische Versorgung und der technischen Textilien zu verzeichnen. Entsprechend diesem Wachstum, nimmt auch die Nachfrage nach Vliesbahnen mit hoher Qualität und Homogenität der mechanischen Eigenschaften entsprechend zu. Es besteht ein Nachfragetrend hin zu dünneren, glatteren und funktionsspezifischen Vliesen. Diese sind in der Fertigung anfälliger gegenüber Fehlstellen und zugleich restriktiver in den qualitativen Anforderungen an die Gewährleistung der Funktionalität. Es besteht wie in der gesamten Textilindustrie, die Notwendigkeit zur Erhöhung der Produktionseffizienz bei gleichzeitiger Kostensenkung zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit gegenüber dem internationalen Markt. Hinzu kommt die mangelnde Verfügbarkeit von Arbeitskräften für die manuelle Vlieskonfektionierung zur Entfernung von Vliesfehlstellen in der automatisierten Vliesverarbeitung. Die nach aktuellem Stand der Technik manuelle Entfernung von Fehlstellen in einem ansonsten weitgehend automatisierten Vliesfertigungsprozess reduziert die mögliche Produktionsgeschwindigkeit deutlich. Die im Projekt entwickelte Teil-Automatisierungslösung bietet hier die Möglichkeit, das manuelle Eingreifen erstmals zu verringern, subjektive Fehler zu verringern und die Qualität der Verbindungsstelle deutlich zu steigern, sodass Materialverschwendung reduziert werden kann. Zudem wird mit dem Prototyp der Funktionsnachweis erbracht. Es ist dementsprechend möglich, das Anlagenprinzip durch Implementierung in eine Produktionsanlage vollständig zu automatisieren. Die inline verknüpfte und vollständig automatisierte Fehlstellenbeseitigung erhöht die Anschaffungskosten pro Anlage jedoch signifikant.
Das entwickelte, modulare System erhöht die Produktivität und senkt Kosten aufgrund von Stillstandzeiten der Produktionsanlagen. Dieser Effekt wird durch die Versetzbarkeit des Systems an mehrere Anlagen verstärkt. Zusätzlich werden Einsparungen bei den Personalkosten von mind. 50 % durch die automatisierte Vlieskonfektionierung erwartet.

In Deutschland sind ca. 55 Unternehmen in der Herstellung von Vliesen jeglicher Art tätig. In solchen Unternehmen sind mehrere Produktionsanlagen vorhanden, deren Produktivität durch das entwickelte Modul gesteigert werden könnten, da Stillstandszeiten um 50 % verringert werden.
Ein Unternehmen mit einem solchen Modul würde gegenüber Wettbewerbern einen großen Vorteil erlangen. Zudem kann das System im Produktionsbetrieb weiter optimiert werden, sodass die Stillstandszeiten noch weiter gesenkt werden könnten.