Ziel der Entwicklung

Logo: Extrusion einer Multilayer-Folie mit anti fog-Formulierung, © Thüringisches Institut für Textil- und Kunststoff-Forschung e. V.
Extrusion einer Multilayer-Folie mit anti fog-Formulierung, © Thüringisches Institut für Textil- und Kunststoff-Forschung e. V.

Ziel der Entwicklung war es, neue anti fog-Additive mit definiertem chemischen Design für Polyolefinfolien zu entwickeln, um optimierte Migrationseigenschaften dieser Substanzen zu realisieren. Diese sollten effiziente Oberflächenmodifizierungen mit verbesserter Benetzbarkeiten für Feuchte bei gleichzeitig minimierten Störanfälligkeiten der Verarbeitungsprozesse gewährleisten. In der Verpackungsindustrie ist die Verwendung von Kunststoffen als universell einsetzbares Verpackungsmaterial etabliert. Aufgrund der Vielseitigkeit vorteilhafter Materialeigenschaften in Kombination mit Festigkeit, Gewicht, Sterilisierbarkeit, Barriereeigenschaften und Verformbarkeit werden Kunststoffe zum Schutz für Industriegüter in der Medizin- und Lebensmittelbranche vielfach eingesetzt. Unter den verschiedenen Kunststoffmaterialien ist die Gruppe der Polyolefine mengenmäßig am stärksten vertreten. Von Vorteil sind die thermoplastische Verformbarkeit, Transparenz und das günstige Preis-Leistungs-Verhältnis. In Form von Folien sind Polyolefine zur Umverpackung von Industriegütern, in der Agrarindustrie und als Lebensmittelverpackungen weit verbreitet. Allerdings besitzen Polyolefine naturgemäß durch das Fehlen polarer Polymerstrukturen unzureichende Benetzungseigenschaften gegenüber Wasser. Dies stellt besonders dann einen materialbedingten Nachteil für Lebensmittelverpackungen dar, wenn frische Lebensmittel im Handel in Kühlregalen gelagert werden und durch Änderung des Mikroklimas Wassertropfen an der Deckfolie kondensieren und es zur Eintrübung kommt. Dieser als „fogging-Effekt“ bezeichnete Vorgang macht das Packgut für den Kunden unattraktiv und führt letztlich zu Umsatzverlusten. Deshalb wird auf verschiedenen Wegen versucht, die Benetzungseigenschaften von Folienoberflächen gegenüber Wasser durch Funktionalisierung mit hydrophilierenden Materialien zu erhöhen, um den unerwünschten fog-Effekt zu verhindern. Am häufigsten wird der Einsatz von sogenannten anti fog-Additiven praktiziert. Kommerzielle Formulierungen basieren häufig auf Glycerol- und Sorbitanestern, welche die Benetzung mit Wasser auf Kunststoffoberflächen unterstützen. Um das Auftreten des fog-Effektes wirksam zu reduzieren müssen zugesetzte anti fog-Mittel an der Oberfläche von Folien verfügbar sein, was sich in der Regel durch unkontrollierte Migrationsprozesse im Herstellungsprozess einstellt. Im Hinblick auf die Vielfalt der für Verpackungsmaterialien eingesetzten Polyolefintypen, Copolymere und Blends sowie die unterschiedlichsten Konfektionen von Mono- bis Multilayerfolien gestaltet sich eine optimale Auswahl geeigneter anti fog-Mittel für Folienhersteller häufig schwierig. Werden ungünstige Kombinationen gewählt können die Migrationsvorgänge zu schwach und damit verbunden zu niedrigen anti fog-Effekten oder auch zu stark ausgeprägt sein, was zum Verkleben der Folien oder zu Ablagerungen auf Transporteinrichtungen bei der Folienherstellung führen und mit erheblichen Prozessstörungen verbunden sein kann. Hinzu kommt, dass in der Produktion oft mit höheren Dosierungen von anti fog Zusätzen gearbeitet wird, um die wirksame Schwellkonzentration nicht zu unterschreiten. Dadurch kann es aber zu Ausblühungen und zu unerwünschten Ablagerungen auf Maschinenteilen, mithin zu Produktionsstörungen, kommen. Unter diesen Aspekten führen viele dieser anti fog-Maßnahmen häufig nicht zu dem jeweils angestrebten optimalen Erfolg, weil das Migrationsverhalten eines Additivs trotz umfangreicher Datenbanken nicht exakt kalkulierbar ist und erst im Produktionsprozess in Erscheinung tritt. Ziel war daher, neue anti fog-Additive zu entwickeln, welche strukturbedingt optimierte Migrationseigenschaften besitzen und gleichzeitig gute Benetzbarkeit für Feuchte gewährleisten. Das synthetische Konzept für das angestrebte Additiv-Design sah vor, mindesten zwei Monomere mit vorwiegend entweder hydrophobem oder hydrophilem Charakter zu verbinden, um diese spezifischen Substanzeigenschaften in unterschiedlich starker Ausprägung in einem Additivmolekül zu verankern. Über derartig definierte Molekülstrukturen sollten Formulierungen mit verbessertem Wasserbindungsvermögen und kontrollierter Migration an die Folienoberfläche zugänglich werden, ohne dass es zu einem Austreten aus dem Folieverbund kommt. Die praktische Nutzbarkeit ausgewählter Formulierungen war unter industrienahen Bedingungen zu erproben.

Vorteile und Lösungen

Der Lösungsansatz zur Entwicklung neuartiger anti-fog Additive basiert auf einer Synthesestrategie, welche reaktionsfähige bifunktionelle lipophile Moleküle als Ausgangspunkt zur Anbindung von hydrophilen Molekülbausteinen nutzt. Dieses modulare Bauprinzip kann zudem durch Einbau sogenannter Linkermoleküle noch erweitert werden, sodass zusätzlich weitere hydrophile Strukturbausteine in ein Additivmolekül integriert werden können und die Affinität gegenüber Wasser erhöht wird. Durch diese Modulbauweise kann das allgemeingültige Synthesekonzept hinsichtlich der Polyolefinkompatibilität, welche die Migration eines Additives beeinflusst, sowie die Anzahl der hydrophilierenden Bausteine, welche die Benetzung mit Feuchte bewirken, variabel gestaltet werden. In einem ersten Syntheseschritt werden längerkettige aliphatisch ungesättigte Carbonsäuren wie Ölsäure (C18) oder Erucasäure (C22) durch geeignete Derivatisierungen für nachfolgende Verknüpfungsschritte mit Hydrophilen oder Linkerverbindungen aktiviert. Eine geeignete Variante ist die Überführung der Säuregruppe in einen heterozyklischen 2-Oxazolinring, welcher günstigerweise mit verschiedenen funktionellen Gruppen über Additionsreaktionen stabile Bindungen eingeht. Die Verwendung der lipophilen Ausgangsstoffe mit C18- bzw. C22-Alkylketten trägt aufgrund ihrer Polyolefinaffinität dazu bei, dass ein späteres vollständiges Ausblühen des Additivmoleküls aus der Polymermatrix gemindert wird. Eine weitere Synthesestufe verknüpft direkt das aktivierte Lipophil mit stark hydrophilierenden Substanzen wie beispielsweise Glycerin oder Glycerinsäure, wobei niedermolekulare anti fog-Additive gebildet werden, in denen die Materialeigenschaften zwischen Hydrophob zu hydrophil im Molverhältnis 1:2 realisiert werden. Alternativ kann vorab ein Linkermolekül eingebunden werden, welches die Funktion einer Alkylkettenverlängerung übernimmt und zusätzliche Kopplungsstellen für Hydrophile schafft. Neben niedermolekularen aliphatischen Dicarbonsäuren hat sich dafür insbesondere 12-Hydroxystearinsäure als geeignete Linkerverbindung herausgestellt. Die Komplettierung neuer anti fog-Additive erfolgt abschließend mit der Einbindung hydrophiler Substanzen wie Glycerin oder Glycerinsäure. Praktikable Verknüpfungsmechanismen sind vorwiegend Veresterungsreaktionen und Umesterungen. Aufgrund der Modularität des Verfahrens können verschiedenste Additive mit unterschiedlicher Struktur synthetisiert werden. Diese Möglichkeit bietet hinsichtlich der anvisierten Materialeigenschaften die Chance, zielgerichtet Formulierungen zu realisieren, welche auf die Polymerart sowie die gewünschte Performance des Endproduktes Folie eingestellt werden können. Auf der Basis von durchgeführten anti fog-Tests im Labormaßstab wurden Formulierungen ausgewählt, die nach upscale der Synthese unter industrienahen Bedingungen in spezialisierten Unternehmen verarbeitet wurden. Experimente zur Extrusion von Mono- und Multilayerfolien sowie Laminierprozesse wurden erfolgreich erprobt.

Zielgruppe und Zielmarkt

Es wurden neue funktionelle Polymeradditive zur anti fog-Ausrüstung für die Branche der Folienherstellung entwickelt. Das modulare Bauprinzip der Formulierungen auf Basis gezielter Monomerenauswahl gewährleistet die Gestaltung vielfältiger Materialeigenschaften. Dadurch erlaubt es die Technologie, vielfältige Funktionalisierungsmöglichkeiten einzustellen und auf das Endprodukt abzustimmen. Das Verfahren ist für die Extrusion von Mono- und Multilayerfolien sowie für Laminierprozesse geeignet. Die Entwicklung wird für Hersteller von Kunststoff-Additiven, Compoundeure, Formulierer von Masterbatches sowie für Folienproduzenten angeboten. Der Transfer der FuE-Ergebnisse erfolgt durch Präsentationen und Ausstellungen auf Messen sowie über Beiträge in übergreifenden Netzwerken der TITK-Group. Weitere Informationen sind über die TITK Website öffentlich zugänglich. Wirtschaftliche Effekte aus der Entwicklung werden über ein Verwertungskonzept angestrebt, welches vor allem Hersteller von anti fog-Formulierungen einbezieht. Durch Kooperationen mit interessierten Partnern aus der Industrie werden spezifische Entwicklungsaufträge anvisiert.