Ziel der Entwicklung

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Das Baukastensystem für Indikatoretiketten

Der Einsatz von Funktionsetiketten mit integrierten Indikatorfunktionen nimmt in zahlreichen Branchen und Anwendungsfeldern von der Verpackung sensibler Güter über die Qualitätssicherung im Onlinehandel bis hin zu Transport und Logistik stark zu. Diese Etiketten dienen nicht nur als Informationsträger, sondern übernehmen sicherheitsrelevante Funktionen, indem sie z. B. auf Temperaturabweichungen, Durchfeuchtung oder Produktalterung reagieren. Diese sogenannten Indikatoretiketten erfüllen wichtige Funktionen im Bereich Produktsicherheit, Manipulationsschutz und Zustandsüberwachung. Insbesondere bei Produkten mit sensibler Lager- oder Transportkette – wie Arzneimitteln, Diagnostika, Elektronik oder Textilien – können sie helfen, Schäden oder Missbrauch frühzeitig zu erkennen.
Zugleich fehlt es bisher an standardisierten Prüfverfahren, die es ermöglichen, solche Etiketten zuverlässig, nachvollziehbar und praxisnah zu bewerten. Unternehmen stehen somit vor der Herausforderung, die Qualität neuer Etikettenlösungen etwa gegenüber Kunden, Behörden oder Zertifizierungsstellen – zu gewährleisten – ohne auf normativ abgesicherte Prüfprozeduren zurückgreifen zu können. Dies hemmt sowohl Innovation als auch Marktzugang, besonders für kleine und mittlere Unternehmen (KMU).
Das Projekt setzte hier an: Ziel war die Entwicklung eines modular aufgebauten Prüfkonzepts, das über eine strukturierte Versuchsplanung, gezielte Funktionsprüfungen und reproduzierbare Auswertungen objektive Aussagen zur Leistungsfähigkeit von Indikatoretiketten ermöglicht. Als zentrales Thema stand dabei die Reaktion der Etiketten auf praxisnahe Belastungsszenarien im Fokus – etwa mechanische Beanspruchungen beim Tragen, klimatische Schwankungen im Transport oder gezielte Manipulationsversuche durch Dritte.

Vorteile und Lösungen

Zu Beginn wurden typische Szenarien ermittelt, denen Etiketten im Anwendungsfall ausgesetzt sind – etwa hohe Luftfeuchte, Temperaturwechsel oder mechanische Belastungen. Diese Anforderungen wurden aus realen Transport- und Gebrauchssituationen abgeleitet und über Logistikdaten und Praxisbeobachtungen systematisch erfasst. Ein zentraler Bestandteil des Lösungsweges war die gezielte Planung und Durchführung wissenschaftlich fundierter Prüfserien. Es wurden unterschiedliche Prüfmethoden aus Bereichen wie Mechanik und Klimaeinwirkung ausgewählt und in Form sogenannter Design-of-Experiments (DoE) angelegt. Dadurch konnte mit begrenztem Ressourcenaufwand eine maximale Aussagekraft erzielt werden. Zielgrößen wie Farbveränderung oder Auslösung der Etiketten wurden unter kontrollierten Bedingungen systematisch erfasst. Unterschiedliche Einflussgrößen – etwa Feuchtigkeit, Temperatur, Zeitdauer oder mechanischer Druck – wurden variiert, um das Verhalten der Etiketten umfassend zu analysieren.
Die Prüfungen orientierten sich konsequent an realen Anwendungsbedingungen. So wurden beispielsweise das Auslöseverhalten der Indikatoretiketten bei mechanischen Beanspruchungen, wie beim Tragen eines Etiketts unter der Kleidung, simuliert (Tribometrie), ebenso wie der Einfluss von Feuchtigkeit durch Schwitzen oder Lagerklima (Feuchteprüfung). Zusätzlich kamen Prüfmethoden zur Anwendung, die aufzeigen, wie empfindlich oder manipulierbar ein Etikett ist – zum Beispiel durch den Einsatz alltäglicher Chemikalien, Wärme oder Kratzwerkzeuge. Durch diesen praxisnahen Ansatz konnten die Etiketten hinsichtlich ihrer Funktionalität, Reaktionssicherheit und Fälschungssicherheit bewertet werden.
Die erarbeiteten Prüfansätze wurden schließlich in ein modulares Baukastensystem überführt. Dieses besteht aus vier zentralen Bausteinen:
– Anforderungsprofilerstellung: Erfassung der Umgebungsbedingungen, denen das Etikett im Einsatz ausgesetzt ist (z. B. Temperatur, Luftfeuchte, Lagerdauer).
– Funktionalitätsprüfung: Test der eigentlichen Reaktion des Etiketts auf definierte Einflüsse.
– Manipulationssicherheit: Überprüfung, ob sich der Indikator manipulieren oder rückgängig machen lässt.
– Realversuch: Praktische Anwendung unter echten Bedingungen (z. B. Tragetests in Schuhen oder Versandtests).
Dieses System erlaubt es, für jeden Anwendungsfall eine geeignete Kombination an Prüfmodulen zusammenzustellen. Die Prüfmethoden sind dabei klar dokumentiert und können sowohl intern als auch von Dritten reproduzierbar eingesetzt werden. Ein besonderer Mehrwert besteht in der Übertragbarkeit des Systems: Obwohl der Schwerpunkt des Projekts auf Feuchteindikatoren lag, lassen sich die entwickelten Module auch auf andere Indikatortypen anwenden. Mit dem erarbeiteten Konzept wurde eine praktikable, wissenschaftlich fundierte und wirtschaftlich nutzbare Lösung geschaffen, um die Funktionalität und Sicherheit von Indikatoretiketten zu prüfen.

Zielgruppe und Zielmarkt

Das Vorhaben richtet sich primär an Hersteller und Verarbeiter von Indikatoretiketten, insbesondere aus dem stark mittelständisch geprägten Segment der Etikettenindustrie. Diese Unternehmen beliefern eine Vielzahl an Branchen – etwa Pharma, Lebensmittel, Medizin, Logistik, Bauchemie, Agrarwirtschaft oder Elektronik – in denen der Einsatz sensorbasierter Etiketten zur Dokumentation von Umwelteinflüssen (z. B. Feuchte, Temperatur, Stoß, UV/Licht, Gase, Haltbarkeit) stetig wächst. In Deutschland zählen rund 450 Etikettendruckereien mit ca. 16.000 Beschäftigten zu diesem Markt, über 90 % davon sind KMU. Die internationale Nachfrage nach zuverlässigen, funktional geprüften Etiketten steigt ebenfalls, wie etwa das prognostizierte Wachstum des globalen Marktes für selbstklebende Etiketten (von 48 Mrd. USD in 2023 auf 82 Mrd. USD in 2032) und für Zeit-Temperatur-Indikatoren (auf 1,29 Mrd. USD bis 2028) belegen.
Anwender profitieren direkt von der im Projekt entwickelten modularen Prüfsystematik, mit der die Funktionalität, Stabilität und Manipulationssicherheit sensorischer Etiketten standardisiert überprüft und dokumentiert werden kann. Dies unterstützt Hersteller bei der Erfüllung regulatorischer Vorgaben (z. B. GMP, EU-VO 2016/161), erhöht die Rechtssicherheit im Reklamationsfall und dient als Qualitätsnachweis gegenüber Abnehmern.
Der Transfer erfolgt über mehrere Kanäle:
– Direkte Messdienstleistung inklusive Prüfbericht und Zertifizierung, individuell konfiguriert über das modulare Baukastensystem.
– Beratung bei der Produktentwicklung, z. B. hinsichtlich Etikett-Karton-Kombinationen oder Auswahl geeigneter Indikatorsysteme.
– Seminare, Schulungen und Workshops, die zielgruppenspezifisch auf Techniker:innen, Produktentwicklung oder QM-Fachkräfte abgestimmt werden.
– Kooperationen mit Verbänden (z. B. VskE, FINAT) und Transferplattformen (z. B. Messen, Netzwerkveranstaltungen, Fachpublikationen).
Durch den projektbasierten Funktionsnachweis entsteht für Etikettenhersteller ein vermarktbarer Mehrwert mit unmittelbarem Einfluss auf die Reputation, Kundenzufriedenheit und Rechtssicherheit. Die PTS stärkt damit nicht nur ihre wirtschaftliche Basis, sondern auch ihre Position als unabhängige Prüfstelle im Etiketten- und Verpackungsumfeld.