Ziel der Entwicklung
Im Bauwesen werden zunehmend Verstärkungsfasern eingesetzt. Die positiven Festigkeitseigenschaften werden genutzt, um bspw. die Rissbildung komplizierter Betonbauteile zu minimieren. Neue Möglichkeiten bei der Bauteilerstellung ergeben sich aus dem Einsatz von UD-Faser-Tape-Strands. UD-Tapes sind endlosfaserverstärkte Bänder unterschiedlicher Breite mit unidirektional ausgerichteten Verstärkungsfasern, in denen Glas, Basalt- oder Carbonfasern ideal in eine thermoplastische Matrix bzw. in ein Beschichtungssystem eingebettet sind. Werden diese UD-Tapes definiert zu kurzen Streifen geschnitten, entstehen die UD-Faser-Tape-Strands. Zunehmend besteht ein großer Bedarf an UD-Faser-Strands in verschiedensten Größen und aus verschiedenen Verstärkungsfasermaterialien.
Beim Trennen, speziell beim Schneiden von Verstärkungsfasertapes sowohl längs als auch quer zur Faserrichtung, zeigte sich, dass sich die auf dem Markt befindlichen Systeme für den automatisierten Produktionsprozess nur bedingt eignen. Der Stand der Technik ist in diesem Fall nicht anwendbar. Das Ziel des Vorhabens (siehe Abbildung: Schema Entwicklungskonzept) ist es, ein neuartiges Schneid- bzw. Trennverfahren für technische Textilien zu entwickeln, mit welchem es möglich ist, imprägnierte UD-Verstärkungsfasertapes (aus GF, CF oder BF) als Ausgangsmaterial in längen- und breitendefinierte UD-Faser-Tape-Strands zu verarbeiten. Der Schwerpunkt liegt dabei in der Entwicklung eines variablen Moduls zum Längstrennen und Quertrennen des Ausgangsmaterials.
Vorteile und Lösungen
Die auf einer Papphülse aufgewickelten Faser-Tapes werden im ersten Schritt mittels Servoantrieb mit gleichmäßiger Spannung abgewickelt. Dabei sorgt eine Bahnsteuerung mit Kameraüberwachung für einen Ausgleich der Spulentoleranzen und einen geraden Einlauf in den Schneidprozess. Anschließend wird das Tape in das Zugwerk (Transportwalzen) geführt, welches vorrangig dem Materialtransport in die Längsschneideinheit dient. Die nachfolgende Längsschneideinheit besteht im Wesentlichen aus einer Ober- und Untermesserwelle. Diese können für einen Messerwechsel oder das Verstellen der Schnittbreite entnommen werden. Die Schnittbreite kann über Abstandhalter beliebig variiert werden. Angetrieben wird die Längsschneideinheit über einen Servoantrieb an der Untermesserwelle. Die Übertragung des Drehmoments auf die Obermesserwelle geschieht durch zwei Stirnräder an den Wellenenden. Mithilfe der Einstellräder können der Andruck und die Eintauchtiefe der Obermesser eingestellt werden. Messuhren garantieren dabei eine hohe Wiederholgenauigkeit. Das längsgeschnittene Material wird im letzten Schritt in der Querschneideinheit (siehe Abbildung: Messer- und Gegenwalze der Querschnitteinheit) auf eine definierte Länge eingekürzt. Die Messerwalze, die profilierte Gegenwalze und die Lieferwalze befinden sich im Inneren eines Gehäuses, wodurch der Gefahrenbereich durch den Bediener im Betrieb nicht erreichbar ist und somit die Verletzungsgefahr vermieden wird. Um das Einfädeln in die Längs- und Querschneideinheit zu erleichtern, kann das gesamte Querschneidmodul mithilfe von Linearführungen verschoben werden. Die Fixierung in der Arbeitsposition ist durch Rastbolzen sichergestellt. Die Querschneideinheit wird durch einen Servo-Getriebemotor angetrieben.
Die Messer der Messerwalze werden durch Gummieinlagen in Position gehalten. Diese dienen in Kombination mit der profilierten Gegenwalze gleichzeitig der Materialfixierung. Während des Schneidvorgangs ist immer das von der Klinge aus gesehen, vor- und nachgelagerte Gummielement im Eingriff, wodurch das Material beim Schneidvorgang auf Spannung gehalten wird. Die Klingen tauchen dann zwischen den Stegen der Gegenwalze ein und scheren das auf Spannung gehaltene Material ab. Um die richtige Positionierung der Messer- und Gegenwalze zu gewährleisten, sind diese über zwei Stirnräder miteinander verbunden. Die Messerwalze ist modular aufgebaut, wodurch die Messeranzahl und somit die Schnittlänge geändert werden kann.
Das Material wird nach dem Querschnitt über eine Sortierrinne mit Schwingförderer zur Materialausgabe transportiert und kann in Euroboxen o.ä. aufgefangen werden.
Um den anspruchsvollen Schneidprozess genau beobachten zu können, wurde bei dem Sicherheitskonzept der Anlage auf einen Zaun o.ä. verzichtet und die Anlage mit Sicherheitsabdeckungen ausgestattet. Dadurch ist es dem Bediener möglich, nah an den Prozess heranzutreten und schnell über das Bedienpanel einzugreifen oder Anpassungen zu treffen. Die Sicherheitsabdeckungen sind sensorisch überwacht und lösen beim Öffnen im Automatikbetrieb einen Anlagenstopp aus. Während des Einrichtbetriebs ist es dem Bediener möglich, mit geöffneten Sicherheitsabdeckungen und sicherer, reduzierter Geschwindigkeit (2 m/min) die Versuchsanlage einzurichten.
Die neu entwickelten Maschinenkomponenten zum Längs- und Quertrennen von Verstärkungsfasertapes wurden erfolgreich in Betrieb genommen und getestet. Es entstand die im Entwicklungsziel formulierte, prozesstechnisch gut funktionierende Anlagentechnik.
Zielgruppe und Zielmarkt
Technische Verstärkungsfasern (Glas-, Basalt- und Carbon-Fasern) gewinnen aufgrund ihrer herausragenden mechanischen Eigenschaften zunehmend an Bedeutung. In Form von Kurzfasern (hier 3 bis 48 mm Länge) finden sie in Baustoffen Verwendung, u.a. in Mörteln, Gipsplatten, Klebstoffen, Füllmassen und Spachtelmassen. Der Bedarf an speziellen Verstärkungsfasern als Zusatz in Beton, besonders für die Gestaltung von filigranen, dünnwandigen Bauteilen, erfährt im Moment ebenfalls global starkes Wachstum. Das basiert nicht zuletzt auf neuen Fertigungsmethoden, bei denen ganze Häuser (mit Ausnahme des Daches) im 3D-Druckverfahren entstehen. Da aktuell kein direktes Konkurrenzprodukt, welches die speziellen Anforderungen erfüllt und das Längs- und Quertrennen in einer Anlage vereint, am Markt vorliegt, ist mit einem breiten Spektrum der Zielmärkte zu rechnen. Alle Länder, in denen faserverstärkte Betone zum Einsatz kommen, können als direkte Zielmärkte und Zielländer angenommen werden.
Um einen Transfer in die Wirtschaft sowie eine Vermarktung der entwickelten Anlagentechnik zu gewährleisten, soll diese potenziellen Kunden vorgestellt werden. Die erfolgreichen Ergebnisse des Projekts ermöglichen es, Mustermaterial für Erprobungsmaterial bereitzustellen.