Ziel der Entwicklung

Logo: Optimierte Holzbilayer mit Salzimprägnierung der Aktivschicht bei 85 % rel. Luftfeuchte
Optimierte Holzbilayer mit Salzimprägnierung der Aktivschicht bei 85 % rel. Luftfeuchte

Die Motivation zur Herstellung und Optimierung von Holzbilayern liegt in der Möglichkeit, die für die Gebäudeklimatisierung wichtige Eigenschaft der Innenraum-Luftfeuchte vollständig fremdenergiefrei zu regeln. Der Werkstoff Holz besitzt zusätzlich ein hohes Recyclingpotential und besticht durch Nachhaltigkeit und energiearme Bearbeitung, verbunden mit einem geringen CO₂‑Fußabdruck.
Ziel des Projektes war eine wesentliche Erhöhung der Aktuationsrate von hygromechanischen Aktuatoren aus Holz (Bilayer) unter Beibehaltung oder gleichzeitiger Steigerung der Aktuationsamplitude. Die höhere Aktuationsrate sollte im Projekt durch eine Erhöhung der Holzfeuchteänderungsrate mithilfe gezielter struktureller und chemischer Modifikationen erreicht werden. Diese Steigerung sollte möglichst dimensionsunabhängig sein, sodass großformatige Holzelemente vergleichbar hohe Feuchteänderungs- und Aktuationsraten wie kleinteilige Elemente aufweisen. Bei Holzbilayern als Aktuatoren manifestiert sich eine gesteigerte Aktuationsrate beispielsweise in Form von höheren Krümmungsraten.

Vorteile und Lösungen

Grundlage für die Optimierung war das Herstellen von Holzbilayern. Hierfür wurden zwei verschieden dicke Buchenholzschichten mit orthogonalem Faserverlauf miteinander verklebt. Die Aktivschicht führt die eigentliche Dimensionsänderung unter variierender Holzfeuchte aus. Hierbei ist zu beachten, dass diese Schicht aus möglichst stehenden Jahrringen und immer orthogonal, also 90° zur erwünschen Aktuationsrichtung hergestellt wird. Die Aktivschicht wird nun mit einer Sperr- oder Passivschicht verleimt. Die Passivschicht sollte wesentlich dünner sein und der Faserverlauf ist parallel zur Aktuation. Dieser Aufbau ermöglicht erst eine Biegung des Bilayers bei Feuchteänderung.
Für die Optimierung wurden Holzschichten mit stark verkürzten Diffusionswegen durch Fräsen von Nuten und Löchern (strukturelle Modifikation) hergestellt. Die chemische Modifikation beinhaltete eine Salzbehandlung, Sulfonierung oder Ozonierung, um größere Holzfeuchtedifferenzen für eine gegebene Luftfeuchteänderung zu erreichen. Ziel ist es dabei, die Struktur der Zellwand und des Holzes sowie die mechanischen Eigenschaften so weit wie möglich zu erhalten, um die erhöhte Holzfeuchteänderungsrate in eine entsprechend höhere Aktuationsrate umzusetzen. Entscheidend hierbei ist der Erhalt oder die Steigerung des Quell- und Schwindvermögens, gemessen als Quellkoeffizient (Verhältnis von Dimensionsänderung und Holzfeuchteänderung), sowie die mechanische Spannungsübertragung in einem Holzaktuator.
Die besten Ergebnisse zeigten bei der rein mechanischen Behandlung das Einbringen von Nuten bis zu einer Tiefe von 75 % der Dicke der Aktivschicht parallel zur Aktuationsrichtung. Vorteilhaft ist hierbei ein möglichst kurzer Diffusionsweg in die verbliebenen Stege bei zusätzlich nicht zu schmalen Nuten, da andernfalls der Luft- und damit Feuchteaustausch gehemmt wird. Es gilt dabei je nach erwünschter zu übertragender Kraft des Bilayers den Querschnitt durch Nuten nur so weit zu reduzieren, wie notwendig. Auf diese Weise lässt sich die Aktuationsgeschwindigkeit erhöhen.
Bei der chemischen Optimierung lieferten die Salzimprägnierungen die besten Ergebnisse. Hierbei konnte je nach gewähltem Salz die Aktuation nach einer gewünschten Luftfeuchte eingestellt werden. Werden etwa Salze mit einer geringen Deliqueszenzfeuchte (stark wasseradsorbierende Salz) zur Imprägnierung genutzt, kann eine Aktuation erst bei geringer Luftfeuchte ausgelöst werden. Für die Anwendung bedeutet dies, dass beispielsweise Lüftungsklappen oder Beschattungselemente erst bei im Tagesverlauf sinkender Luftfeuchte öffnen, oder eine Beschattung aktiviert wird.

Zielgruppe und Zielmarkt

Die Herstellung von optimierten Bilayern dient als Nachweis für die Machbarkeit und die Abschätzung des darin liegenden Anwendungspotentials in der Gebäude- bzw. Innenraumklimatisierung. Erst mit der Beschleunigung der Aktuation können praktische Anwendungen erschlossen werden. Die größten Potenziale werden dabei für Beschattungssysteme und für die Belüftung von nicht ganzjährig bewohnten Räumen gesehen. Solche Räume können Ferienhäuser, feste Hütten z.B. auf Campingplätzen, aber auch Wohnwagen und Gebäude in Kleingartenanlagen ohne ganzjährigen Stromanschluss sein. Durch die Aktuation der Bilayer ohne Fremdenergie besteht die Möglichkeit, entsprechende Räumlichkeiten feuchteabhängig zu lüften.
Als Beschattungssysteme sind Bilayer einsetzbar, welche nicht selbst als flächiges Element beschatten, sondern als Hebel für leichte Lamellen genutzt werden. Hierbei können die Bilayer als Aktuatoren vor Witterungseinflüssen (direkte Sonnenbestrahlung oder Regen) geschützt eingesetzt werden, was deren Lebensdauer erhöht, aber die Funktion nicht einschränkt.
Durch das Projekt konnten am IHD weitreichende Kompetenzen im Bereich des hygroskopischen Verhaltens von mechanisch und chemisch modifiziertem Vollholz erworben werden. Diese bilden die Grundlage für zukünftige Forschung in den Bereichen Gebäudeklimatisierung und feuchteabhängige, nachhaltige Regelsysteme. Damit wird das derzeitige Portfolio des IHD erweitert und eine engere Kooperation mit Praxispartnern ermöglicht. Mit der Kenntnis des hygroskopischen Verhaltens der Bilayer mit Aktivschichten, welche durch unterschiedliche Salzimprägnierungen zielgerichtet aktiviert werden können, lassen sich Handlungsempfehlungen für deren Einsatz ableiten. Zusätzlich bilden die Beschleunigung der Aktuation durch rein mechanische Behandlung der Aktivschicht die Grundlage für weitere Untersuchungen. Durch den beobachteten Zusammenhang der Querschnittsverringerung in Aktuationsrichtung mit der übertragbaren Kraft kann auch hier eine Handlungsempfehlung je nach notwendiger Aktuationsgeschwindigkeit, oder der für die Anwendung notwendigen Kräfte gegeben werden.