Ziel der Entwicklung

Logo: Kürbis im Siegelrandbeutel nach der Vakuuminfusion zur lakefreien beschleunigten milchsauren Einzelpackungsfermentation (Foto: M. Sattler, A.S.P. e.V.)
Kürbis im Siegelrandbeutel nach der Vakuuminfusion zur lakefreien beschleunigten milchsauren Einzelpackungsfermentation (Foto: M. Sattler, A.S.P. e.V.)

Ziel des beantragten Projektes war die Entwicklung eines Verfahrens zur Durchführung einer weitgehend lakefreien beschleunigten milchsauren Einzelpackungsfermentation groß stückiger Produkte, durch eine neuartige Vakuuminfusion. Dabei handelt es sich um die Infusion einer definierten Menge an Lösung von Milchsäurebakterien und Nähstoffen unter Vakuum bei gleichzeitiger Verpackung und Versiegelung des Produkts in einer sauerstofffreien beziehungsweise Sauerstoffarmen Atmosphäre. Im Vergleich mit dem Stand der Wissenschaft und Technik, ermöglicht das neue Verfahren eine schnellere, sicherere und wirtschaftlichere Milchsäurefermentation von Gemüse, Obst und Speisepilzen. Die Vakuuminfusion vor vermehrter Starterkulturen und die damit verbundene rasche Einstellung anaerober Bedingungen, fördert die Entwicklung der Milchsäurebakterien im Rohstoff und führt zu einer deutlichen Verkürzung der Fermentationszeit. Die weitgehend lakelose Fermentation direkt in der Verpackung, in situ als Einzelpackungsfermentation, soll die Möglichkeit schaffen, die notwendigen Produktionsflächen sowie die Lagerkosten und Transportkosten zu reduzieren. Eine kostenintensive Entsorgung von Lake ist somit nicht erforderlich. Das entwickelte Verfahren soll es weiterhin gestatten, gezielt Einfluss auf die sensorischen und ernährungsphysiologischen Eigenschaften der Produkte zu nehmen. Die sensorischen Eigenschaften betreffend, ermöglicht das Verfahren eine große Variabilität hinsichtlich Art und Größe, klein oder grob stückig, der zu fermentierenden Rohstoffe sowie bezüglich Geschmacksrichtung und Packungsgröße beziehungsweise Packungsmasse der Erzeugnisse und bei Bedarf eine verbesserte Festigkeit und Knackigkeit oder alternative Farbgebung. Die ernährungsphysiologischen Merkmale der milchsäurefermentierten Produkte sind so ausgebaut, dass diese möglichst in Form von Health Claims also nährwertbezogene und gesundheitsbezogene Angaben, werbewirksam bei der Produktvermarktung genutzt werden können. Die Produkte sind besonders natriumarm und Nährstoffverluste durch abgetrennte Lake werden vermieden. Das Verfahren erlaubt eine rapide Erhöhung der Konzentration an Milchsäurebakterien im Gewebe ohne Kochsalzzugabe und Lake.

Vorteile und Lösungen

Das neue Verfahren soll die Wirtschaftlichkeit der Produktion deutlich verbessern, indem die Fermentation schneller durchgeführt werden kann. Das Einbringen der Milchsäurebakterien in die Pflanzenmatrix, der Abbau der Zuckerfraktionen zu Milchsäure und die Senkung des pH-Wertes werden im konventionellen Prozess durch den Faktor Zeit gesteuert. Der Stofftransport und der Stoffaustausch basieren hauptsächlich auf Osmose- und Diffusionsprozessen. Es werden bisher einige Wochen, in der Regel zwei bis sechs Wochen, aufgewandt um eine vollständige Säuerung aller Pflanzenzellen und somit eine ausreichende Haltbarkeit der Produkte zu erreichen. Im Gegensatz zu diesem langwierigen Prozess wird durch das innovative Vorgehen eine Verteilung der Bakterien in die Pflanzenmatrix in wenigen Minuten erreicht. Hervorzuheben ist zusätzlich der Effekt, dass bei der konventionellen Fermentation die Regel gilt, je kleiner das Gemüse und je größer die Oberfläche, desto schneller und sicherer läuft der Fermentationsprozess ab. Bisher wird vor allem kleinstückiges Gemüse beziehungsweise Gemüsehobel milchsauer fermentiert. Dies hat den Hintergrund, ein Eindringen der Bakterien und der damit einhergehenden Senkung des pH-Wertes in allen Schichten der Gemüse zu erreichen. Durch die hier angewandte Technologie konnten auch grobstückige Gemüseteile der milchsauren Fermentation zugänglich gemacht werden. Durch die Anwendung der Vakuuminfusion konnten die Milchsäurebakterien in tiefe Schichten der Gemüse gedrückt werden, so dass eine beschleunigte lakefreie milchsaure Fermentation zustande kam. Diese Tatsache lässt neue und an die aktuellen Verbraucherwünsche angepasste Rezepturen zu, die wiederum zur Erweiterung des Kundenkreises führen können. Weitere Kostensenkungsmöglichkeiten ergeben sich aus der platzsparenden und rückstandsreduzierten Produktionsweise mit keinem Anfall von Lake. Jedes Jahr gehen weltweit zirka 1,3 Milliarden Tonnen Lebensmittel auf dem Weg vom Acker bis zum Verzehr verloren. Das sind etwa ein Drittel aller für den menschlichen Verzehr erzeugten Produkte. Die Verschwendung von Lebensmitteln, egal in welcher Größenordnung, hat erhebliche negative ökonomische, ökologische und soziale Auswirkungen. Die Entsorgung der Salzlake ist ein ernsthaftes Problem für die Umwelt, und die Installation einer Entsalzungsanlage ist in der Lebensmittelindustrie ab einem gewissen Produktionssatz unvermeidbar. Übliche Verpackungseinheiten wie zum Beispiel Saure Gurken im Glas enthalten mindestens 41 Prozent Lake, die vom Verbraucher verworfen wird, die aber bei den Transportkosten durch zusätzliches Volumen und Gewicht die Fertigungsgemeinkosten erhöhen. Durch das neue Verfahren kann eine beschleunigte und vor allem sichere Fermentation auch ohne Kochsalzzugabe durchgeführt werden. Eine zu entsorgende Lake fällt bei der innovativen Prozessführung nicht an. Da der hohe Salzgehalt bisheriger fermentierter Produkte zu einer negativen Ernährungsphysiologie der Produkte führt, ist die Natriumreduktion ein weiterer Erfolg der Entwicklungsarbeiten. Bei der Einbringung der Lake in das Innere des Gewebes, kann beim neuen Verfahren auf eine starke Salzung der Rohstoffe verzichtet werden. Da die Milchsäurebakterien direkt im Inneren der Pflanzenteile mit ihren Stoffwechselvorgängen beginnen können und anaerobe Bedingungen über das Vakuumanlegen eingestellt werden, ist eine lakelose Fermentation ohne Salzzugabe realisierbar. Bei der von Anfang an herrschenden hohen Milchsäurebakterien- und Milchsäurekonzentration im Gewebe kann sich eine Konkurrenzflora schlecht entwickeln, was ein sicheres Endprodukt ermöglicht. Durch die natriumfreien Salze kommt es zudem zu keinerlei sensorischen Einbußen. Durch sensorische Analysen wurde bestätigt, dass die neuartigen fermentierten Gemüse den traditionell bekannten und beliebten würzig-salzigen Geschmack aufwiesen. Dieses wichtige Alleinstellungsmerkmal eröffnet auch Konsumenten im Rahmen einer natriumarmen Diät, wobei betrachtet werden sollte, dass 36,5 Prozent der deutschen Bevölkerung bluthochdruckgefährdet ist, den Verzehr der fermentierten Produkte.

Zielgruppe und Zielmarkt

Auf dem Markt befindet sich eine Vielzahl fermentierter Produkte wie Kimchi, milchsaurer Rotkohl oder andere Gemüsemischungen. Die jahrhundertealte Tradition der Fermentation schien fast vergessen, doch erlebt sie nun offensichtlich wieder einen Boom. Die Entwicklung im Rahmen des hier vorliegenden Projektes bedient die Nachfrage des aktuellen Endkundenmarktes. Das neue Fermentationsverfahren bietet die Möglichkeit, sehr unterschiedliche Rohstoffe zu verarbeiten und die Packungsmenge sowie die sensorischen und ernährungsphysiologischen Eigenschaften der Produkte vielfältig zu gestalten. Dadurch soll die Markfähigkeit milchsäurefermentierter Produkte als Nahrungsmittel mit allen Vorteilen für Gesundheit und besonderen Genuss gesteigert werden. Hierzu gehören die Senkung des Salzgehaltes sowie die mögliche Anreicherung der Gemüse mit Mineralien, Vitaminen und natürlichen Geschmackskomponenten. Auch die natürliche Anreicherung mit Milchsäure durch den Einsatz von Milchsäurebakterien kann die Attraktivität des Endprodukts aus Sicht der Endverbraucher erhöhen. Laut einer Umfrage des Marktforschungsinstituts EARSandEYES sind viele Befragte der Überzeugung, Milchsäurebakterien würden zu einer Verbesserung der Darmflora, probiotisch, beitragen. Etwa 56 Prozent der Befragten gaben dies im Februar 2020 an. Diese Produkteigenschaften stellen nicht nur ein Alleinstellungsmerkmal dar, sondern erweitern den Kreis potentieller Kundengruppen. Verarbeitete Lebensmittel weisen üblicherweise einen hohen Gehalt an Speisesalz auf, das unter anderem aufgrund seiner geschmacksgebenden und konservierenden Eigenschaften bei der Herstellung zugegeben wird. Natrium wird in Deutschland hauptsächlich, in etwa 80 bis 90 Prozent, zusammen mit Chlorid als Natriumchlorid über die Nahrung aufgenommen. Bei der Mehrzahl der deutschen Bevölkerung ist die Speisesalzzufuhr zu hoch. Eine hohe Zufuhr von Natrium über Nahrungsmittel kann negative Folgen für die Gesundheit haben, denn das Risiko, an Bluthochdruck zu erkranken, steigt, wenn zu viel Natrium zugeführt wird. Bluthochdruck gehört zu den bedeutendsten Risikofaktoren für das Entstehen von Herz-Kreislauf-Krankheiten. Daher steigt durch eine erhöhte Natriumzufuhr indirekt auch das Risiko für Herz-Kreislauf-Krankheiten. Entsprechend empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung, den Konsum von Kochsalz bei Hypertonikern auf maximal sechs Gramm pro Tag zu senken. In Deutschland sind 36,5Prozent der Bevölkerung Bluthochdruckgefährdet. Der Durchschnittsdeutsche nimmt etwa neun Gramm Kochsalz täglich zu sich. Konventionelle milchsauer fermentierte Gemüse mit ihrem traditionell hohen Salzgehalt sind daher aus ernährungsphysiologischer Sicht für diese Gesellschaftsgruppe nicht geeignet. Ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal der hier entwickelten Produkte sind deren geringe Kochsalzgehalte von unter 0,12 Gramm pro 100 Gramm Natrium. Sie können daher als natriumarm deklariert und beworben und auch im Rahmen einer natriumarmen Diät empfohlen werden. Interessierte Lebensmittelbetriebe können mit dem neuen Verfahren in die Lage versetzt werden, innovative, aus sensorischer und ernährungsphysiologischer Sicht verbesserte milchsäurefermentierte Produkte herzustellen und das Sortiment flexibel und kundenspezifisch zu erweitern sowie attraktiver zu gestalten. Für diese immer höheren Anforderungen hinsichtlich einer optimierten Flexibilität in der Produktion besitzt die Entwicklung gerade für kleine und mittelständische Unternehmen anwendbare Lösungen für die Anforderung nach höchst möglicher Flexibilität in der Produktion bei gleichzeitigem Schutz der Waren vor Kontaminationen. Vor allem die Möglichkeit, den Megatrend Individualisierung der Ernährung durch das Einbringen von Geschmacks-, Farb- und Nutzkomponenten kurzfristig bedienen zu können, wird den Anwendern einen großen Vorteil auf dem Absatzmarkt verschaffen. Die Technologie zur Durchführung einer innovativen lakefreien milchsauren Fermentation kann für die Marktsegmente Obst- und gemüseverarbeitende Industrie, zum Beispiel Hersteller Feinsaurer Gemüse, Sauerkonserven und Feinkosterzeugnisse, Gemeinschaftsverpflegung und Gastronomie zum Beispiel Großküchen, Mensen, Kantinen, Catering und Partyservice und den Lebensmitteleinzelhandel zum Beispiel Frischetheke, Feinkostläden, Markthalle, Direktlieferanten auf Bestellung, adaptiert werden. Umsetzbar ist die Produktion sowohl von Großpackungen als auch geringster Verpackungsgrößen.