Ziel der Entwicklung

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Messung der elektrischen Leitfähigkeit an einer Folie mit dem Highresta

Aufgrund der besonderen Eigenschaften intrinsisch leitfähiger Polymere (ICP) weisen diese in stark wachsenden technologischen Bereichen wie zum Beispiel der Fertigung von OLEDS, Solarzellen, organischen Transistoren, thermoelektrischen Generatoren, Batterien, Superkondensatoren und Sensoren ein hohes Anwendungspotential auf. Im Gegensatz zu extrinsisch leitfähigen auf Carbonbasis beruhenden Polymermaterialien, weisen die ICP eine sehr hohe spezifische Leitfähigkeit bei gleichzeitiger Transparenz auf. Ein handelsübliches und bereits umfangreich untersuchtes ICP ist Poly-(3,4-ethylendioxythiophen)-polystyrolsulfonat (PEDOT:PSS). PEDOT:PSS ist ein Interpolymerkomplex aus Poly-3,4-ethylendioxythiophen (PEDOT) und Polystyrensulfonsäure (PSS). Die elektrische Leitfähigkeit von PEDOT:PSS kann nach Herstellerangaben bis zu 850 S/cm erreichen. Darüber hinaus gibt es mehrere andere Publikationen, die belegen, dass eine Leitfähigkeit zwischen 3000 S/cm und 5000 S/cm erreicht werden kann. Diese Leitfähigkeiten sind erheblich höher als die Volumenleitfähigkeiten von Kohlenstoffnanopartikeln. Ein weiterer Vorteil von PEDOT:PSS für die Entwicklung innovativer Materialien ist, dass es als wässrige Dispersion am Markt verfügbar ist. Dadurch ist es mit Verarbeitungsverfahren wie beispielsweise Streichbeschichtung, Siebdruck, Flexodruck oder Tintenstrahldruck kompatibel. Der wesentliche Nachteil intrinsisch leitender Polymere ist deren Sprödigkeit, die auf die starre fünf- oder sechsgliedrige Ringstruktur zurückzuführen ist. Aus solchen Polymeren aufgebaute Schichten sind nicht stabil gegenüber mechanischen Belastungen wie Zug oder Biegung. Sie bilden Risse oder zerbrechen. Aus diesem Grund können die vorteilhaften Eigenschaften wie hohe Leitfähigkeit und Transluzenz der ICP nicht für Anwendungen genutzt werden, die ein hohes Maß an Flexibilität voraussetzen. Gelingt es, eine flexible Polymerschicht auf Basis von PEDOT:PSS zu entwickeln, wäre diese nicht nur hoch leitfähig, sondern auch transparent beziehungsweise individuell einfärbbar. Die Kombination aus Flexibilität, Transparenz und elektrischer Leitfähigkeit hat hohes Anwendungspotential.

Vorteile und Lösungen

Ziel des Projektes war es, die für viele Einsatzbereiche vorteilhafte hohe elektrische Leitfähigkeit und Transparenz des Polymersystems PEDOT:PSS mit der Flexibilität und Drapierfähigkeit von Polyurethan zu kombinieren. Um dies zu erreichen, sollten wässrige Dispersionen von PEDOT:PSS und Polyurethan in einer Weise kombiniert werden, dass flexible elektrisch hochleitfähige Polymerschichten resultieren, die eine hohe Transparenz aufweisen. Die Innovation beruht auf der Entwicklung einer neuartigen Polymerschicht aus Polyurethan und PEDOT:PSS, die
aus einer wasserbasierten Dispersion hergestellt werden kann, flexibel und elastisch ist,
eine individuelle Einstellung der elektrischen Leitfähigkeit zwischen 10-8-100 S/cm zulässt,
eine hohe Transparenz von >90 % aufweist und individuell farbig pigmentierbar ist. Die Herausforderung bestand in der Entwicklung einer homogenen wässrigen Dispersion, in der PEDOT:PSS und PU homogen verteilt vorliegt und die für den angestrebten Streichprozess geeignet ist. Es wurden anionisch stabilisierte wässrige Dispersionen beider Systeme favorisiert, da davon ausgegangen wurde, dass diese in unterschiedlichen Anteilen miteinander kompatibel sind und keine Entmischung auftritt. Vorteilhaft war die niedrige Viskosität der Dispersionen, wodurch ein üblicher Dispergiervorgang ausreicht, um die angestrebten Mischungsverhältnisse einzustellen. Aufwändige Verfahren wie Kalandrieren oder Ultraschallbehandlung, die für die Herstellung extrinsisch leitfähiger Systeme eingesetzt werden, waren nicht erforderlich. Die elektrische Leitfähigkeit von reinem PEDOT:PSS beträgt laut Literatur im Durchschnitt 850 S/cm, kann aber durch zusätzliche Nachbehandlungen auf bis zu 5000 S/cm gesteigert werden. Aufgrund dieser extrem hohen Leitfähigkeit wurde erwartet, dass mit Gehalten von 0,5-20 Prozent PEDOT:PSS anwendungsspezifisch eine definierte Leitfähigkeit zwischen 10-8 und 100 S/cm eingestellt werden kann. Der verbleibende hohe Gehalt an Polyurethan (99,5-80 Prozent) sollte die angestrebte hohe Flexibilität gewährleisten.

Zielgruppe und Zielmarkt

Die Funktionalisierung von flexiblen Polyurethanbeschichtungen mit PEDOT:PSS ermöglichte es, die vorteilhaften Eigenschaften des Polyurethans wie dauerhafte Flexibilität, Fluiddichtheit, mechanische Beständigkeit und Transparenz mit der hohen elektrischen Leitfähigkeit von PEDOT:PSS in einer Funktionsmatrix zu kombinieren. Durch die Integration der aus solchen PU/PEDOT:PSS-Dispersionen hergestellten dünnen, elektrisch leitfähigen Schichten in flexible Verbundwerkstoffe ergeben sich neue Innovationen, insbesondere für die Bereiche: Antistatische Verbundmaterialien, Beheizbare Verbundmaterialien, Sensorik für die Aufnahme und Weiterleitung elektrischer Impulse. In diesen drei Bereichen werden kurz- und mittelfristig die Zielmärkte gesehen. Ein wesentlicher Vorteil gegenüber extrinsisch leitfähigen Materialien auf Carbonbasis liegt darin, dass PEDOT:PSS eine deutlich geringere Eigenfärbung aufweist. Dadurch ist es möglich, transparente oder individuell eingefärbte leitfähige Schichten herzustellen. Diese können als äußere, optisch sichtbare Lage eingesetzt werden, beispielsweise als Antistatikausrüstung der Deckschicht in Textilverbunden wie Kunstleder oder Schutzkleidung. Die Wettbewerbssituation im Bereich der Antistatikausrüstung hat sich seit Antragstellung wenig verändert. Um Schäden durch elektrostatische Aufladung zu vermeiden, wird nach wie vor eine Vielzahl von Produkten in der kompakten Schicht zum Beispiel Deckschicht in Mehrlagenverbunden, oder oberflächlich (Lack) antistatisch ausgerüstet. Dazu zählen auch Leder und Kunstleder, persönliche Schutzausrüstung sowie Bodenbeläge. Für diese Produkte ist eine antistatische Lackausrüstung üblich. Bei Kunstledern und Bodenbelägen ist neben der Ausrüstung der Lackschicht auch die Ausrüstung der Deckschicht vorteilhaft. Dadurch wird die Antistatikwirkung verbessert und bleibt erhalten, auch wenn die Lackschicht durch den Gebrauch geschädigt ist. Bei diesen Anwendungen ist die Applikation von PU-Lacken sowie PU-Deckschichten üblich. Weitere Transferprojekte hinsichtlich der Anwendung von PU/PEDOT:PSS-Formulierungen für gedruckte Elektronik und für die Nutzung als erwärmbare Schichten sind in Planung.