Ziel der Entwicklung

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Modell und Synthesereaktor für chemische Reaktionen, (C) IDM e.V.

Die Verfügbarkeit einer großen Vielfalt hochwertiger Nahrungsmittel erfordert gleichzeitig die Entwicklung leistungsfähiger Analysemethoden und Referenzstandards für die Kontrolle der Qualitätseigenschaften der Produkte und zur Früherkennung von Gefährdungspotenzialen für den Verbraucher. Mykotoxine sind natürliche, sekundäre Stoffwechselprodukte von Schimmelpilzen, die in pflanzlichen Rohstoffen von Lebensmitteln und in Futtermitteln je nach Lagerung und klimatischen Bedingungen entstehen und als Primär- oder Sekundärkontaminanten sowie durch Eintrag aus Rohstoffen tierischer Herkunft in die Nahrungskette gelangen. Mykotoxine kommen in Getreide und Getreideerzeugnissen, Brot, Teigwaren, Mais, Nüssen, Trockenfrüchten, Obst, Milchprodukten, Fleisch und Getränken vor. Mehrere Mykotoxine zeigen bei Mensch und Tier toxische Wirkungen, die bei chronischer Exposition schwere Erkrankungen auslösen. Zum Verbraucherschutz sind für die Belastung von Lebensmitteln Grenzwerte von wenigen Mikrogramm dieser Mykotoxine pro Kilogramm beziehungsweise Liter Produkt vorgeschrieben, für Kinder- und Babynahrung gelten deutlich niedrigere Grenzwerte, um gesundheitliche Beeinträchtigungen weitgehend auszuschließen. Die analytische Bestimmung von Mykotoxinen in Lebensmitteln erfordert eine aufwändige Vorbereitung der zu untersuchenden Probe, weil Kontaminanten inhomogen in der Matrix verteilt sind. Das auf Mykotoxingehalt zu prüfende Material wird durch Extraktion gewonnen, angereichert und gereinigt, bevor durch Gas- oder Hochdruck Flüssigkeits Chromatographie mit optischer Detektion oder Massenspektrometrie Kopplung die Identifizierung und Quantifizierung definierter Schimmelpilzgifte erfolgt. Citrinin, Ochratoxin A und Alternariol werden in Lebensmitteln häufig als Kontaminanten beobachtet. Die nahrungsbedingte Aufnahme von Mykotoxinen muss soweit minimiert werden, dass die Exposition keine Gefahren für die menschliche Gesundheit befürchten lässt. Deshalb ist die ständige Expositionskontrolle der Bevölkerung von großer Bedeutung. Auf der Basis bislang vorliegender Ergebnisse betont die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit die dringende Notwendigkeit der Entwicklung geeigneter Referenzverbindungen für die zuverlässige Bestimmung der Mykotoxinbelastung der Allgemeinbevölkerung und die Erhebung toxikologischer Daten zur genauen Abschätzung möglicher Gesundheitsgefahren. Ein leistungsfähiges Verfahren zur Bestimmung der inneren Belastung des Menschen mit exogenen Stoffen ist das Human Biomonitoring. In menschlichen Körperflüssigkeiten und Haar- oder Nagelproben werden durch authentische Referenzsubstanzen mit hochempfindlichen analytischen Methoden Abbauprodukte allgegenwärtiger körperfremder Stoffe aus Gegenständen des täglichen Bedarfs und der Umwelt identifiziert, wobei durch stabil isotopenmarkierte Standards die Konzentrationsbestimmung im Nanogramm-Bereich erfolgt. Ein Ziel besteht darin, festzustellen, welche Auswirkung die chronische Belastung mit nicht akut toxisch wirksamen Mengen exogener Stoffe auf die Gesundheit des Menschen und seiner direkten Nachkommen hat. Die Ergebnisse liefern Hinweise auf den Grad der Exposition, wodurch sich für den Gesetzgeber möglicher Handlungsbedarf ableitet zum Beispiel Ermittlung potenzieller Gesundheitsgefahren, Festlegung von Toleranzwerten, Schutzmaßnahmen bei der Herstellung und Handhabung von Produkten mit der detektierten Substanz oder Bannung bestimmter exogener Stoffe in Produkten für Kinder. Folgen ergeben sich auch für Produktentwickler, die den Anteil des detektierten Stoffes in Produkten möglicherweise zu erniedrigen oder toxikologisch weniger bedenkliche Ersatzstoffe zu entwickeln haben. Der Einsatz des Human Biomonitoring zur Bestimmung der Mykotoxinbelastung in Deutschland wird von den Aufsichtsbehörden im Rahmen des vorbeugenden Gesundheitsschutzes angestrebt, momentan sind entsprechende Untersuchungen aber noch weitgehend auf die medizinische Forschung beschränk. Ein wesentlicher Grund ist die mangelnde Verfügbarkeit kostengünstiger, stabil isotopenmarkierter Standards von Mykotoxinen und deren Hauptmetaboliten. Von einigen wenigen Mykotoxinen und Derivaten sind vollständig 13C-markierte Standards kommerziell verfügbar. Diese Referenzverbindungen werden mit großem Aufwand erzeugt, identifiziert, isoliert und gereinigt. Deshalb sind die Produkte sehr teuer. Der Preis für eine 1 Milliliter-Lösung mit zehn Mikrogramm eines vollständig 13C-markierten Mykotoxin-Standards liegt im vierstelligen Eurobereich. Projektziel war somit die Entwicklung neuer, bisher nicht verfügbarer 13C2-markierter Referenzverbindungen von Citrinin, Ochratoxin A und Alternariol zum Einsatz bei der Lebensmittel- und Futtermittelkontrolle beim Test auf Schimmelpilzgifte sowie 13C2-markierter Referenzsubstanzen der Hauptmetabolite Dihydrocitrinon und Ochratoxin sowie von Alternariol Monomethyl Ether als Derivat von Alternariol für das Human Biomonitoring zur Bestimmung der Mykotoxinbelastung.

Vorteile und Lösungen

Für Citrinin, Ochratoxin A und Alternariol, die Hauptmetaboliten Dihydrocitrinon und Ochratoxin und Alternariol Monomethyl Ether als Derivat von Alternariol existieren Aufbaustrategien der chemischen Synthese, die eine Vielzahl von Umwandlungsschritten erfordern und zur kosteneffektiven Darstellung neuer 13C2-markierter Referenzsubstanzen nicht geeignet sind. Es wurden neue, leistungsfähige Synthesen erarbeitet, welche 13C2-Referenzverbindungen der betreffenden Mykotoxine und von deren Hauptmetaboliten beziehungsweise des Derivates in relativ wenigen Aufbauschritten zugänglich machen. Für die einzelnen Umwandlungsreaktionen wurden bei hohem chemischem Umsatz gute bis sehr gute Ausbeuten erzielt. Die innovativen Synthesen beginnen bei einfachen Edukten, benötigen vergleichsweise wenige Zwischenstufen und setzen kostengünstige 13C-Substrate ein, die anstelle teurer kommerzieller Produkte in Eigensynthese entwickelt wurden. Die neuen Darstellungsverfahren sparen gegenüber bekannten Aufbaustrategien Reaktionsschritte ein und gestalten sich auch durch Ausbeuteerhöhung kostengünstiger, wobei zum Aufbau jeder neuen 13C2-Referenzverbindung nur sieben bis zehn Syntheseschritte notwendig sind. Weitere Vorteile der neuen Aufbauprinzipien bestehen darin, dass die Markierungen erst gegen Ende der Synthesesequenz eingeführt werden und das markierte Mykotoxin direkt in den markierten Metaboliten umwandelbar ist oder beide markierte Standards im gleichen Umwandlungsschritt nebeneinander entstehen. Zur Entwicklung der neuen Syntheseverfahren wurden für jede einzelne, durchzuführende Umwandlungsreaktion geeignete Umsetzungsbedingungen hinsichtlich Lösungsmittel, Temperatur und Reaktionszeit ermittelt, damit die gewünschte Zielverbindung in möglichst hoher Ausbeute ohne Bildung von Nebenprodukten resultiert. Für jede Reaktion wurden geeignete Methoden der Aufarbeitung, Produktisolierung und Reinigung durch präparative Säulenchromatographie, Destillation oder Umkristallisation entwickelt. Die Identifizierung der Zielstrukturen erfolgte anhand von Methoden der IR , 1H und 13C nuclear magnetic resonance Spektroskopie. 13C-Zwischenstufen und isotopenmarkierte Produkte wurden gesondert durch 13C-nuclear magnetic resonance charakterisiert, um den Anreicherungsgrad und die 13C-Position im Molekül anhand erhöhter Signalintensität und durch das Auftreten zusätzlicher Kopplungen nachzuweisen. Entwicklungsarbeiten zur Ermittlung geeigneter Reaktionsbedingungen wurden im 0,5 Maßstab durchgeführt. Die erarbeiteten bestmöglichen Umsetzungsbedingungen wurden mit nativen Molekülen auf den fünf bis zehn Maßstab übertragen, damit nicht markierte Zwischenstufen für weitere Untersuchungen in ausreichender Menge verfügbar waren. Anhand der mit nativen Verbindungen erarbeiteten Umsetzungsbedingungen konnten neue 13C2-Referenzverbindungen im zwei Maßstab dargestellt werden.

Zielgruppe und Zielmarkt

Stabil isotopenmarkierte Referenzsubstanzen finden neben dem Einsatz im Human Biomonitoring exogener Stoffe weitere Anwendung in der Medizin, zur Identifizierung der Authentizität und Herkunft von Lebensmittelprodukten und zur Erforschung von Düngeprozessen in der Landwirtschaft. 13C-markierte Arzneistoffe werden in der medizinischen Forschung für pharmakokinetische Studien und zur Aufklärung des Metabolismus eingesetzt. Die Gabe 13C-markierter Medikamente dient über die Ausscheidungsgeschwindigkeit von 13CO2 in der Ausatemluft zur Prüfung der Funktionsfähigkeit von Leber, Dünndarm und Bauchspeicheldrüse. Die Erhöhung der 13CO2-Konzentration in der Ausatemluft nach Aufnahme von 13C-Harnstoff ist ein eindeutiger Nachweis für Helicobacter pylori in der Magenschleimhaut. Das Volumen des Weltmarktes stabil isotopenmarkierter Referenzverbindungen betrug 2017 etwa 255 Millionen USD, wobei auf Grund jährlicher Wachstumsraten von drei Prozent für das Jahr 2025 Umsätze von über 320 Millionen USD prognostiziert werden. Entscheidende Triebkräfte für die Marktausdehnung sind zunehmende Forschungsaktivitäten der Pharma- und Biotechnologie- industrie in der Proteomik zur Entwicklung von Krebsmedikamenten. Infolge steigender Lebenserwartung des Menschen besteht ein enormer Bedarf an neuen Wirk- und Arzneistoffen, die auch im Alter eine hohe Lebensqualität gewährleisten. Die gegenwärtige Wettbewerbssituation ist von der starken Tendenz zur Preisreduktion für stabil isotopenmarkierte Referenzverbindungen geprägt, weil diese Standards im Vergleich zu den korrespondierenden nativen Substanzen in der Regel einen um ein Vielfaches höheren Kostenfaktor ausmachen. Weltweit wird derzeit versucht, durch Vergünstigung der Einkaufskonditionen für Edukte und Optimierung der Darstellungsverfahren die Herstellungskosten von stabil isotopenmarkierten Referenzsubstanzen zu erniedrigen. Anhand der Preissenkung wird durch Einwerbung weiterer Kunden eine zusätzliche Umsatzsteigerung erwartet. Dieser Tendenz kommt der Herstellungsansatz für 13C2-markierte Referenzverbindungen ausgewählter Mykotoxine deutlich entgegen. Für die direkte Einführung der entwickelten 13C2- Referenzverbindungen auf dem Markt kommen weltweit führende Hersteller isotopenmarkierter Standards als Transferunternehmen in Frage. Den Endkundenmarkt der zu erarbeitenden 13C2-Referenzsubstanzen ausgewählter Mykotoxine bilden Unternehmen und Einrichtungen in den Segmenten Lebensmittelherstellung, Lebens- und Futtermittelkontrolle, Gesundheitsvorsorge und medizinisch-toxikologische Forschung. Als mögliche Abnehmer neuer 13C2-Standards von Citrinin, Ochratoxin A und Alternariol kommen Lebensmittelhersteller in Betracht, die zur Wareneingangskontrolle die Belastung eingekaufter Rohstoffe mit den betreffenden Mykotoxinen eindeutig quantifizieren müssen. Weitere potenzielle Käufer der Standards sind Unternehmen und Dienstleistungslabore, die im Auftrag der Gesundheitsämter Messungen der Mykotoxinbelastung der im Einzelhandel angebotenen Lebensmittel durchführen, um das Gefährdungspotenzial für den Verbraucher zu ermitteln. Als mögliche Abnehmer neuer 13C2-Standards von Dihydrocitrinon, Ochratoxin und Alternariol Monomethyl Ether kommen weltweit Dienstleistungslabore und Unternehmen in Frage, die im Auftrag nationaler Gesundheitsbehörden Human Biomonitoring zur Kontrolle der Mykotoxinbelastung der Allgemeinbevölkerung einsetzen. Das Human Biomonitoring ist in vielen europäischen Ländern etabliert, ebenso in Brasilien, Kanada, Mexiko, USA, China, Japan, Saudi-Arabien, Südkorea, Taiwan und Australien. Weitere potenzielle Käufer sind weltweit medizinisch-toxikologische Forschungseinrichtungen, die bei Risikogruppen zur Ermittlung der Ursachen der Mykotoxinbelastung Human Biomonitoring durchführen. Neben weltweit führenden Herstellern stabil isotopenmarkierter Referenzverbindungen gibt es in Deutschland verschiedene Anbieter markierter Standards, die in der Mehrzahl unabhängig von den internationalen Marktführern agieren. Diese Unternehmen wurden schon während der Projektlaufzeit über Ergebnisse der Entwicklungsarbeiten informiert. Es wurden Proben der neuen 13C2-Referenzsubstanzen Unternehmen der Lebensmittel- und Futtermittelindustrie zur Anwendungsprüfung bei der Rohstoffeingangskontrolle überreicht. Proben der 13C2-Referenzverbindungen wurden auch Unternehmen und Dienstleistern verfügbar gemacht, die besondere Kompetenz für die Analytik von Mykotoxinen in Lebensmitteln und Futtermitteln besitzen. Auf Grund der durch die Projektbearbeitung erweiterten Kompetenz in der Entwicklung stabil isotopenmarkierter Referenzverbindungen wird angestrebt, von forschenden Arzneimittelherstellern Forschung und Entwicklungsaufträge zur Synthese 13C-markierter Wirkstoffe einzuwerben.