Ziel der Entwicklung

Logo: Logo des Digitalen Betriebsberaters, © Versuchs- und Lehranstalt für Brauerei in Berlin (VLB) e.V.
Logo des Digitalen Betriebsberaters, © Versuchs- und Lehranstalt für Brauerei in Berlin (VLB) e.V.

Das Hauptziel des Projekts lag darin, ein digitales Tool zu entwickeln, dass die Produktions-, Abfüll- und Energieversorgungsbereiche der Getränkeindustrie mit maßgeschneiderten und detaillierten Handlungsempfehlungen unter Berücksichtigung des Stands der Technik versorgt. Dieses Tool sollte dem Anwender bei der Einsparung von Energie, Wasser und Betriebsstoffen im gesamten Betrieb, durch gezielte Maßnahmen, helfen. Die Optimierungsmaßnahmen sollen ohne oder mit nur kleinen Investitionen aber mit größerem Sparpotential durchführbar sein.

Vorteile und Lösungen

Zum ersten Mal konnte ein digitaler Betriebsberater entwickelt werden, der nicht nur Benchmarks sammelt, sondern strukturiert und gezielt zu Anlagen und Prozessen Optimierungsvorschläge generiert. Zuvor waren diese Informationen den Produktionsbetrieben nicht zugänglich oder in nicht aufbereiteter und gesammelter Form verfügbar. Der Vorteil dieses Tools liegt darin, dass mögliche und oft übersehene Einsparpotentiale konzentriert und einfach erklärt zur Verfügung gestellt werden. Der digitale Betriebsberater ist einfach zu bedienen und soll - Auf Knopfdruck - zu bestimmten Problemstellungen in der Brauindustrie und Getränkeindustrie Fallbeispiele, Optimierungsmöglichkeiten und Berechnungen aufzeigen. Für den angewählten Prozess werden in Abhängigkeit von Betriebsdaten unterschiedliche Optimierungsansätze vorgeschlagen. Die zur Verfügung gestellten Maßnahmen und Kennzahlen basieren auf der mehrjährigen Beratungs- und Forschungstätigkeit der Versuchs- und Lehranstalt für Brauerei in Berlin und zeichnen sich daher durch eine hohe Praxisrelevanz aus. Das Besondere am Tool ist, dass die Maßnahmen ohne oder mit nur kleinen Investitionen durchführbar sind. In der Praxis werden Optimierungen oft nicht vorgenommen, weil die Investition sich nicht innerhalb von ein oder zwei Jahren rechnet. Diese übliche Forderung nach kurzen Amortisierungszeiten wird damit umgangen.

Zielgruppe und Zielmarkt

Eine Erweiterung auf Unternehmen in anderen Bereichen der Getränkebranche ist mittelfristig angestrebt. Der Wettbewerbsdruck innerhalb der Brauereiindustrie ist hoch. Die Anzahl der Braustätten steigt zwar, jedoch sind der Pro-Kopf-Verbrauch und der Jahresbierausstoß rückläufig. Der Bierkonsum in Deutschland sinkt kontinuierlich - ein Trend, der seit den 1980er Jahre anhält. Trotzdem ist der nationale Biermarkt nach wie vor mit einem Jahresumsatz von 8.347 Millionen EURO riesig. Im europäischen Vergleich wird nur in Tschechien und Österreich pro Kopf noch mehr Bier getrunken. Die wachsende Anzahl an Braustätten in Deutschland bei gleichzeitig sinkendem Absatz ist ein Ergebnis der sich global und auch in Deutschland entwickelnden Craftbeerszene, wodurch vermehrt Großbrauereien Teile des Absatzes an kleine Brauereien abgeben. Diese Entwicklung wird aber auch durch soziokulturelle und demografische Veränderungen wie alternde Gesellschaft und der Wandel der Berufs- und Freizeitwelt bestimmt. Auch der wachsende Gesundheits- und Wellnesstrend hat zu Verschiebungen und/oder Substituierungen im Getränkekonsum geführt: So ist in den letzten Jahren der Konsum von alkoholfreien Getränken, aber auch der Konsum von Wein, angestiegen. Die Brauwirtschaft hat auf das veränderte Konsumverhalten mit einem veränderten Produktangebot reagiert. Die Brauereien versuchen mit immer neuen Biermischgetränken sowie alkoholfreiem Bier, den Absatz beziehungsweise ihre Wettbewerbsposition zu verbessern. Im Zeitraum 1960 bis 1995 verzeichnete die deutsche Brauwirtschafft beachtliche Zuwachsraten von teilweise über 30 Prozent. Dieses Wachstum hat sich allerdings seit 1995 erheblich abgeschwächt. Auch die Entwicklung der Exportraten lässt nicht erwarten, dass der Konsumrückgang im Inland kompensiert werden kann. Durch diesen rückläufigen Konsum und die starke Position des Einzelhandels herrscht ein Verdrängungswettbewerb auf dem Markt für Bierprodukte, der zu einem starken Preis- und Konkurrenzdruck geführt hat. Der 2020 registrierte Bierkonsumeinbruch und der damit verbundene Umsatzrückgang auf 7.612 Millionen EURO sind nicht repräsentativ für die eigentliche Marktentwicklung. Aufgrund der global grassierenden Coronapandemie ist das öffentliche Leben bis heute weitreichenden Einschränkungen unterworfen, wodurch auch weniger Bier in Restaurants, Kneipen, Konzert- und Veranstaltungshäusern und Fußballstadien getrunken wird. Die Marktentwicklung und die ungewisse Entwicklung der Pandemiesituation ist eine Herausforderung für die gesamte Brauindustrie. Eine Senkung der Verbrauchs- und Produktionskosten ist ein Beitrag zum Überleben der Brauereien und zur Sicherung der ohnehin geringen Gewinnmargen. Vor der Coronapandemie befand sich, im Gegensatz zum deutschen Biermarkt, der Weltbiermarkt in einem langfristigen Expansionsprozess. Das durch die Pandemie eingeschränkte öffentliche Leben mit seinen negativen Auswirkungen auf den Bierkonsum betrifft auch den internationalen Markt. Unter normalen Bedingungen erwirtschaften die internationalen Konzerne auf den weltweiten Wachstumsmärkten enorme Renditen, während die deutschen Brauereien auf dem schrumpfenden Heimatmarkt deutlich weniger Geld verdienen. Die Überkapazitäten und der enorme Preiswettbewerb im Inland sorgen dafür, dass die Renditen in der Regel im unteren einstelligen Prozentbereich liegen. Generell gilt auch für die Brauwirtschaft: Je schwächer die Konzentration der Marktanteile ist, desto niedriger gestaltet sich die durchschnittliche Rentabilität der Branche. Es stellt sich die Frage, ob der in der Vergangenheit relativ wenig forcierte Export zukünftig in steigendem Maße zur Auslastung der Kapazitäten deutscher Brauereistandorte und zur Stärkung der Wettbewerbssituation deutscher Brauereien beitragen kann. Gegenwärtig werden etwa 14 Prozent des in Deutschland hergestellten Bieres exportiert. Der Hauptgrund für das geringe Engagement deutscher Brauereien im Ausland wird darin gesehen, dass die breite Masse der Brauereien zu lange mit sich selbst und dem deutschen Markt beschäftigt war. Die Größe des eigenen Marktes hat dazu geführt, dass sich der Großteil der Brauereien nicht international aufgestellt hat, von wenigen Ausnahmen abgesehen. Brauereien beziehungsweise Braukonzerne, die heute international eine Rolle spielen, hatten schon in den 1960er und 1970er Jahren hohe Marktanteile in relativ kleinen Heimatmärkten, wie den Niederlanden, Belgien oder Dänemark, und waren früh gezwungen zu expandieren, wodurch auch im Heimatmarkt Beschäftigung gesichert werden konnten. Bei den heute weltweit größten Konzernen sind die Gegebenheiten relativ ähnlich gewesen. Weil ein Wachstum in den Binnenmärkten nicht mehr möglich war, haben sie sich nach neuen Feldern umgesehen und weltweit Brauereien gekauft. In Deutschland war und ist unter den Brauereien jedoch eine andere Mentalität verbreitet. Es wurde sehr auf den Heimatmarkt geachtet, der bis Mitte der 1970er Jahre auch kontinuierlich anstieg.