Ziel der Entwicklung

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Variierende Riblet-Strukturen auf statischen und dynamischen Testpanels

Das sogenannte Fouling, was als unerwünschtes und zu Funktionsbeeinträchtigungen führendes Anwachsen von Mikro- und Makroorganismen an einer Oberfläche definiert wird, stellt eines der Kernprobleme der maritimen Technologie dar und hat zum Teil schwerwiegende ökologische als auch ökonomische Folgen. Ein Bewuchsschutz ist unter marinen Bedingungen somit unerlässlich. Die auf dem Markt vertretenden Beschichtungssysteme stützen sich dabei zu 95 Prozent auf biozidhaltigen und nur zu fünf Prozent auf biozidfreien Beschichtungen. Über den Verzehr von Fischen und Meeresfrüchten gelangen giftige Biozide jedoch auch in den Menschen, weshalb sich die Regularien für die Entwicklung und Nutzung biozidhaltiger Beschichtungen weltweit permanent verschärfen. Es ist zudem ungewiss, was in naher Zukunft mit entsprechend verschärften Regularien noch erlaubt sein wird. Die Entwicklung umweltverträglicher Antifouling-Lösungen rückt damit immer stärker in den Fokus der Wissenschaft und Technik. Ziel des Projektes war die Entwicklung eines innovativen, reproduzierbaren und prozesssicheren Verfahrens zur photonischen Funktionalisierung technischer Oberflächen im maritimen Bereich. Mittels ultrakurzer Laserpulse wurden dabei spezielle Mikrostrukturen hergestellt, welche durch ihre topografischen Eigenschaften eine physikalische Wirkung auf das Adhäsionsverhalten diverser Hard (zum Beispiel Seepocken und Muscheln) und Soft Fouler (zum Beispiel Algen, Schwämme oder Anemonen) haben.

Vorteile und Lösungen

Im Projekt wurde eine Vielzahl deterministischer Mikrostrukturen auf Basis scannerbasierter Ultrakurzpulslaserprozesse entwickelt und mikroskopisch charakterisiert. Hierfür kamen laserscanningmikroskopische und 3D-profilometrische Analyseverfahren als auch ein Benetzungsprüfstand zum Einsatz. Basierend auf Recherchen aktueller Veröffentlichungen sowie Gesprächen mit Experten auf dem Gebiet des maritimen Foulings wurden aus der Vielzahl existierender Fouling-Organismen die für den Nord- und Ostseeraum relevantesten Organismen herausgearbeitet und charakterisiert. Laut aktuellem Forschungsstand stellen die Oberflächenstruktur und -energie, sowie die Orientierung der Strukturen wichtige Einflüsse auf die Besiedlung von Fouling-Organismen dar. Besonders die Mikrotextur wird in der Literatur als ein Schlüsselelement angesehen, welches die Ansiedlung von wirbellosen Meerestieren beeinflusst. Anhand der darauf basierenden Erfordernisanalyse und unter Berücksichtigung der etablierten Kontaktpunkttheorie wurden versuchsrelevante Mikrostrukturen definiert und zahlreiche PVC-Probekörper für erste Freilandtests texturiert. In Anlehnung an die ASTM-Methode D 3623-78a und unter Einbeziehung verschiedener Positiv- und Negativreferenzen wurden die Probekörper dann am Norderneyer Strand für insgesamt zehn Tage ausgelagert.
Nach Auswertung dieser Freilandtests galt es, ausgewählte Mikrostrukturen auf größere Testpanels für statische sowie dynamische Feldversuche zu übertragen. Als Probekörper dienten PVC-Panels, welche zusätzlich mit einem handelsüblichen Korrosionsschutz beschichtet wurden, um anstatt reiner PVC-Flächen maritim relevante Oberflächenbedingungen zu simulieren. Als vielversprechendste Mikrostrukturen wurden Ribletmuster mit variierenden Aspektverhältnissen ausgewählt. Die mikrostrukturierten Testpanels wurden dann statisch als auch dynamisch in einem rotierenden Unterwasserprüfstand über insgesamt 160 Tage im Norderneyer Hafen ausgelagert und in mehreren Inspektionsintervallen auf ihren marinen Bewuchs analysiert. Die Ergebnisse der Freilandtests waren in Gegenüberstellung mit der Zielsetzung des Antrages als positiv zu bewerten. Es konnte ein reproduzierbares und prozesssicheres Verfahren zur photonischen Funktionalisierung technischer Oberflächen im maritimen Bereich entwickelt werden. Die untersuchten Riblet-Strukturen zeigten eine Antifouling-Wirkung, für die Marktreife müssen diese allerdings weiter skaliert als auch verbessert werden. Vor allem bei statischer und dynamischer Exposition mit geringen Geschwindigkeiten war es Makrofoulern möglich, sich ungehindert auf den strukturierten Flächen anzusiedeln und kontinuierlich anzuwachsen. Erst bei höheren Geschwindigkeiten (= 11,4 kn) war es den Makroorganismen erschwert, sich dauerhaft auf den Testoberflächen anzusiedeln. Die strukturierten Panels hatten zum Ende der Bewuchssaison etwa 75 Prozent Makrobewuchs zu verzeichnen, womit eine Verbesserung im Vergleich zur Negativreferenz nachgewiesen werden konnte. Für die Erfüllung der Voraussetzungen gemäß Guideline ECHA (2018) und des geplanten Umweltzeichens Blauer Engel in puncto Wirksamkeit, sind jedoch weitere Untersuchungen notwendig. Parallel zu den Feldversuchen erfolgten beschleunigte Korrosionsversuche unter den Bedingungen der Norm ASTM G 48 in einer Eisen(III)-Chlorid-Lösung, wofür identisch mikrostrukturierte Edelstahlproben untersucht wurden. Hier zeigte sich ein verstärktes Korrosionsverhalten der mikrostrukturierten Proben aufgrund der vergrößerten Oberfläche sowie Rauheit. Im Falle von UKP-Strukturen auf metallischen Bauteilen in korrosiven Medien sind daher zusätzliche Anpassungen im Bereich der Korrosionsschutzbeschichtungen notwendig.

Zielgruppe und Zielmarkt

Das Thema Biofouling adressiert neben Schiffen, Liegeplätzen und Offshore-Strukturen auch Wärmetauschersysteme, ozeanografische Messgeräte, Prozesswassersysteme wie in der Lebensmittel-, Pharma- und Automobilindustrie sowie Trink- und Kühlwassersysteme. Die im Projekt anvisierten industriellen Bereiche und Aufgabenstellungen für die Entwicklung der Verfahren sind weiterhin aktuell. Die im Rahmen des Vorhabens erzielten Ergebnisse konnten das rege Interesse mehrerer Unternehmen wecken. Auf relevanten Fachmessen wurden entsprechende Gespräche mit Reedereien, Werften sowie Offshore-Unternehmen geführt und die Ergebnisse des Projektes diskutiert. Dabei kam primär die Frage nach der Anwendbarkeit auf großflächigen Außenstrukturen auf. Hier gibt es nach wie vor einen hohen Bedarf an noch deutlich schnelleren sowie großflächigeren Systemen zur Steigerung der Wirtschaftlichkeit etwaiger Oberflächentexturierungen.