Ziel der Entwicklung

Logo:  Abb. 1: ICP-Gerät mit Massenspektrometer und SingeCell-Messeinrichtung zur Bestimmung von Spurennährstoffen in bakteriellen Zellen (Copyright PFI).
Abb. 1: ICP-Gerät mit Massenspektrometer und SingeCell-Messeinrichtung zur Bestimmung von Spurennährstoffen in bakteriellen Zellen (Copyright PFI).

Der Einsatz von pulverförmigen und flüssigen Spurenelementmischungen in Biogasanlagen zur Steigerung der Produktivität und Erhöhung der Prozessstabilität ist seit mehreren Jahren Stand der Technik. Die prinzipielle Wirksamkeit des Spurenelementeinsatzes, insbesondere im Hinblick die Steigerung der Aktivität der methanogenen Bakterien, konnte in verschiedenen Forschungsprojekten gezeigt werden und hat sich in der Praxis grundsätzlich bewährt. Allerdings basieren Mischung (d.h. welche Spurenelemente in welchem Verhältnis) und Einsatzmenge nach wie vor auf einer beschränkten Datenbasis. In der Regel werden lediglich die Gesamtgehalte ausgewählter Mikronährstoffe messtechnisch erfasst oder es werden direkt Standartmischungen ohne Berücksichtigung anlagenspezifischer Spurenelementgehalte eingesetzt. Da die bedarfsgerechte Spurenelementversorgung für einen nachhaltig stabilen Anlagenbetrieb von enormer Bedeutung ist, bestand in mehrerlei Hinsicht verstärkter F&E-Bedarf. Entscheidend für eine stabile Prozessbiologie sind nicht die oben genannten Gesamtgehalte der Mikronährstoffe, sondern vielmehr die biologisch verfügbaren Konzentrationen. Aufgrund der kontinuierlichen Schwefelwasserstoffproduktion im Biogasfermenter werden bestimmte Metallionen, vor allem Nickel und Cobalt, die eine sehr wichtige Funktion als Mikronährstoffe haben, regelmäßig gefällt und liegen somit als nicht bioverfügbare Sulfidverbindungen vor. Je nach Fütterungssubstanzen, Eisengehalten und anderen anlagenspezifischen Parametern machen die bioverfügbaren Mikronährstoffgehalte häufig nur einen Bruchteil der Gesamtgehalte aus. Eine adäquate Messung dieser Fraktionen erfordert zunächst eine hochsensitive Messung von aufbereiteten Fermentersubstrat mittels ICP-MS (Induktiv gekoppeltes Plasma mit Massenspektrometer). Diese Daten sollten in einen zweiten Schritt mit Single Cell ICP-MS Analysen von direkt aus dem Fermenter gewonnenen Anreicherungskulturen abgeglichen werden. Durch den Vergleich unterschiedlicher Fermentertypen, bezüglich Fütterung und Verfahrenstechnik, sollte eine Kategorisierung erfolgen, um auf dieser Grundlage eine optimale anlagenspezifische Spurenelement-Bedarfsermittlung entwickeln zu können. Hierbei sollten insbesondere auch Anlagen berücksichtigt werden, welche überwiegend faser- und / oder stickstoffreiche Fütterungssubstrate einsetzten. Hintergrund ist, dass aufgrund der geänderten Rahmenbedingungen EEG Anlagen, die überwiegend mit Mais betrieben werden, zunehmend an Bedeutung verlieren. Dafür werden alternative Substrate und Reststoffe wie Mist, Gras, Stroh und Geflügelkot mittelfristig im Zentrum der landwirtschaftlichen Biogasproduktion stehen. Da die aktuellen Erkenntnisse zur Bedeutung der Spurenelemente für den Biogasprozess überwiegend auf einen Anlagenbetrieb mit hohen Maisanteil basieren, bestand insbesondere in diesem Bereich ein erhöhter F&E- Bedarf. So erfordert der Einsatz faserreicher Substrate eine erhöhte Aktivität hydrolytischer Bakterien und eine hieraus resultierende veränderte Zusammensetzung der mikrobiellen Gemeinschaft. Auch der Einsatz sehr stickstoffreicher Substrate, zum Beispiel Hühnertrockenkot, hat einen deutlichen Einfluss auf die mikrobielle Diversität. Die resultierenden Konsequenzen für eine optimale Nährstoffversorgung waren bislang jedoch nicht bekannt. Hierzu sollten ICP-MS, Single Cell ICP-MS Analysen von hydrolytischen und methanogenen Bakterien mit molekularbiologischen Diversitätsanalysen und chemisch-physikalischen Analysen abgeglichen werden. Auf der Grundlage der Datenanalyse und der oben genannten Kategorisierung sollte mittels ICP-MS Analyse von vorbehandelten Fermentersubstrat eine anlagenspezifische Bestimmung von Gehalt und Bedarf an bioverfügbaren Mikronährstoffen erfolgen. Ein wesentlicher technischer Zielparameter waren matrixunabhängige Bestimmungsgrenzen für die Elemente Cobalt, Molybdän, Nickel und Selen von < 1 µg/l , bezogen auf gelöste Konzentrationen im Fermenter. Weiterhin sollte eine reproduzierbare prozentuale Bioverfügbarkeit der Einzelelemente im Verhältnis zu den Gesamtgehalten zu ermittelt und somit konkrete Bedarfsmengen für eine Zugabe von Spurenelementen abgeleitet werden.

Vorteile und Lösungen

Mittels definierter Konzentrationsbereiche bei den Parametern Glühverlust, Ammonium-Konzentration und den Gehalten ausgewählter Spurenelemente (Co, Mb, Ni) und Nährstoffe (Cu, Zn, P und S) konnten drei Fermentertypen festgelegt werden. Im Anschluss wurden stabile Anreicherungskulturen methanogener Bakterien aus den verschiedenen Fermentertypen gewonnen. Auf der Basis molekularbasierter Diversitätsanalysen konnte nachgewiesen werden, dass die identifizierten Spezies Repräsentanten relevanter Populationsgrößen in den untersuchten Fermentern darstellen. Darüber hinaus zeigte sich, dass die unterschiedlichen Fermenterkategorien auch deutliche Unterschiede in der Zusammensetzung der Populationen methanogener Bakterien aufweisen. Im Anschluss erfolgte die Validierung und Optimierung der Messtechnik zur Ermittlung der Konzentrationen ausgewählter Elemente in den Zellen methanogener Bakterien. In der folgenden Projektphase wurden die Effekte einzelner Spurenelemente auf das Wachstum und die Aktivität ausgewählter Kulturen untersucht. Dabei konnte nachgewiesen werden, dass der Einsatz einer optimierten Spurenelementmischung beim Testorganismus Methanobacterium Formicicum zu einem deutlich beschleunigten Wachstum beiträgt. So konnte im Vergleich zum Kontrollansatz eine Verkürzung der Verdopplungszeit von 6,5 auf ca. 1,5 h ermittelt werden. Bei gewachsenen Kulturen sind die Effekte eine Spurenelementzugabe auf die Produktivität zwar geringer beziehungsweise nicht signifikant. Allerdings belegen die Ergebnisse auf experimenteller Ebene den direkten Einfluss von bestimmten Spurenelementen auf die Aktivität von in Biogasanlagen aktiven Mikroorganismen. Anhand umfangreicher Messungen von intra- und extrazellulären Konzentrationen ausgewählter Spurenelemente konnten für Eisen, Nickel und Cobalt Mindest- und Zielkonzentrationen abgeleitet werden. Diese liegen für Nickel und Cobalt im Bereich von fünf bis 15 Attogramm pro Zelle und für Eisen bei zirka 30 – 40 Attogramm. Zur Messung intrazellulärer Elementgehalte in Fermenterproben konnte ein standardisiertes Verfahren entwickelt werden. Die Übertragbarkeit von den ermittelten Zellgehalten auf die gelösten Konzentrationen in Fermenterproben ist zwar nur in höheren Konzentrationsbereichen eindeutig gegeben. Dennoch konnten in der Praxis nutzbare Ziel- und Bedarfskonzentrationen für gelöste bioverfügbare Spurenelemente ermittelt werden. Dies betrifft insbesondere die Elemente Nickel, Cobalt und Molybdän. In Bezug auf die Einflussfaktoren, welche die Bioverfügbarkeit der genannten relevanten Spurenelemente beeinflussen konnte als wichtige Einflussfaktoren der Eisengehalt sowie der Ammoniumgehalt bestimmt werden. Damit lassen die Bedarfskonzentrationen in Abhängigkeit von weiteren Anlagenparametern weiter spezifizieren. Insgesamt konnten im Rahmen des Projektes wichtige neue Erkenntnisse zum Spurenelementbedarf von methanogenen Bakterien gewonnen werden sowie die Grundlagen für neue Messmethoden zur Ermittlung der Bedarfskonzentrationen in Biogas-Fermentern gelegt werden.

Zielgruppe und Zielmarkt

Zentrale Zielgruppe der entwickelten Messtechnologie sind die Betreiber von landwirtschaftlichen Biogasanlagen sowie Abfallvergärungsanlagen. Durch das optimierte Messverfahren kann der konkrete anlagenspezifische Bedarf an prozessrelevanten Mikronähstoffen ermittelt und dadurch die Prozesssteuerung der Biogasanlagen wesentlich verbessert werden. Insbesondere können Additive zielgerichtet eingesetzt werden und somit die Prozessstabilität erhöht und gleichzeitig die Kosten für Zusatzstoffe gesenkt werden. Darüber können Anlagenbauer und Technologieanbieter sowie Beratungsunternehmen der Biogasbranche in Kooperation mit dem PFI das Verfahren nutzten, um Ihren Kunden ein erweitertes Serviceangebot und neue analytische Dienstleistungen anzubieten. Einen weiteren wichtigen Nutzerkreis stellen die Entwickler und Hersteller von Biogas-Additiven dar. Die entsprechenden Unternehmen können Messtechnik nutzen, um einerseits Ihre Produkte zu optimieren und anderseits den Kunden maßgeschneiderte anlagenspezifische Angebote für den Spurenelementeinsatz zu machen. Für den Transfer der Ergebnisse nutzt das PFI seine eigenen Vertriebs- und Informationskanäle, unter Anderem direkte Ansprache potenzieller Nutzer, Webseite, Newsletter sowie Infoveranstaltungen und Workshops. Darüber hinaus verfügt das PFI über zahlreiche Kooperationspartner in der Biogasbranche, unter Anderem Anlagenbauer, Berater und Entwickler von Analyseverfahren sowie Anbieter von Biogas-Additiven, welche in den Transfer der Ergebnisse einbezogen werden. Die Entwicklung wird die Position des PFI als innovatives Forschungsinstitut mit den F&E Schwerpunkten Prozessbiologie und Prozesssteuerung von Biogasanlagen nachhaltig stärken. Mittelfristig ergibt sich hieraus erhebliches Potential die Dienstleistungs- und Serviceerlöse aus dem Biogassektor weiter deutlich zu steigern. Darüber hinaus erwarten wir zusätzliche positive wirtschaftliche Effekte bei unseren Partnerunternehmen. Ein Beispiel hierfür ist eine bereits angelaufene Kooperation mit einem Anbieter von Spurenelementlösungen. Hierbei ermittelt das PFI den Spurenelementbedarf anhand von Fermenterproben und das Partnerunternehmen produziert und liefert auf Grundlage der Ergebnisse anlagenspezifische und bedarfsgerechte Spurenelementlösungen. Unter der Einbindung eines weiteren Unternehmens konnte die Partnerschaft jüngst bereits auf den stark expansiven französischen Markt ausgeweitet werden.