Ziel der Entwicklung

Logo: Pilot-Biogasanlage (2 Kubikmeter); © DBI-GTI
Pilot-Biogasanlage (2 Kubikmeter); © DBI-GTI

Bei klassischen, fermentativ erzeugten Biogasen bestimmt insbesondere der Methangehalt die brenntechnischen Eigenschaften und somit auch die resultierende Verwendung des Gases.
Projektidee und Ziel des zweijährigen Forschungsvorhabens "Entwicklung einer mehrstufigen Biogasanlage zur getrennten Erzeugung von Bio-Wasserstoff und Biogas (MehrH2)" war es, das konventionelle Konzept der Biogaserzeugung zu erweitern, um neben methanreichen auch wasserstoffreiche Biogase zu erzeugen und so neue energetische oder stoffliche Verwertungs- sowie Nutzungspfade, zum Beispiel in hocheffizienten Brennstoffzellen, zu ermöglichen. Im Projekt wurde hierfür die Hydrolysestufe (Hydrolyse und Acidogenese) hinsichtlich der Wasserstoffproduktion weiterentwickelt und die einzustellenden Prozessparameter optimiert. Im Ergebnis konnte gezeigt werden, dass eine biologische Wasserstofferzeugung in der Hydrolysestufe im Labor- sowie im kleintechnischen Zwei-Kubikmeter-Maßstab sowohl in Batch- als auch in kontinuierlichen Langzeitversuchen möglich ist.
Durch eine intelligente Kombination von optimierten Prozessparametern, Rezirkulation der Gärsubstrate und Unterdrückung der methanogenen Mikroorganismen in der Hydrolysestufe konnte eine stabile, kontinuierliche Wasserstoffproduktion erreicht werden. Der so entwickelte, innovative Gesamtprozess wurde zudem über einen Zeitraum von sechs Monaten in der kleintechnischen Zwei-Kubikmeter-Verusuchsanlage ausführlich untersucht und unter verschiedenen Bedingungen getestet.

Vorteile und Lösungen

In der Hydrolysestufe erfolgte eine kontinuierliche Produktion von wasserstoffhaltigem Biogas und in der anschließenden Methanstufe die Erzeugung von methanhaltigem Biogas. Dabei wurden stabile H2-Gehalte bis 30 Vol.-% erreicht. Die Wasserstoffausbeute betrug > 100 dm³ pro kg (oTS) und die Methanausbeute > 200 dm³ pro kg (oTS). Zudem konnten in der Methanstufe stabile Methangehalte von deutlich mehr als 60 Vol.-% erzielt werden. Hinsichtlich der praxisnahen Anwendung des entwickelten Verfahrens ist dabei hervorzuheben, dass der Prozess auf technisch und ökonomisch aufwendige Spezifikationen, wie Reinkulturen, Steriltechnik, komplett verzichtet.
Wasserstoffhaltige Gase aus Biogasanlagen können sowohl energetisch (Strom- und Wärmeerzeugung, Mobilität) als auch stofflich genutzt werden. Die energetische Nutzung kann dabei sowohl am Ort der Erzeugung (Biogasanlage) als auch anderenorts erfolgen. Sollte das Biogas an der Biogasanlage genutzt werden, so sind vorrangig zwei Anlagentypen für eine energetische Wandlung interessant. In einem ersten Falle sind dies Brennstoffzellen, welche auch bei niedrigeren Leistungsklassen hohe elektrische Wirkungsgrade erreichen. Anders als Erdgas oder methanreiches Biogas ist zudem das wasserstoffhaltige Biogas nicht einer aufwendigen Reformierung (chemische H2-Erzeugung) zu unterziehen, sondern kann nach einer geringen Aufreinigung direkt verstromt werden.
In einem zweiten Falle kann das wasserstoffhaltige Biogas in einer motorischen Anwendung zur Strom und Wärmeerzeugung genutzt werden. Die dabei erzielbaren elektrischen Wirkungsgrade sind zwar geringer als bei Brennstoffzellen, jedoch ist die Anfälligkeit hinsichtlich Störstoffen deutlich niedriger. Eine Beimischung von Wasserstoff verändert die Eigenschaften von Methan. Die Verbrennungsgeschwindigkeit des Methan-Wasserstoffgemisches ist erhöht und somit wird der Wirkungsgrad verbessert. Dies ist vor allem bei der Strom- und Wärmegewinnung mit stationären Motoren ein entscheidender Vorteil.
In Bezug auf die stoffliche Nutzung sind die produzierten Mengen an wasserstoffhaltigem Biogas in Abhängigkeit der Anlagendimension für eine groß-industrielle Nutzung nur bedingt geeignet. Zum einen werden je nach Prozess spezifische Bedingungen an die Reinheit des Wasserstoffs gestellt. Zum anderen ist eine konstant hohe Menge an Wasserstoff je nach Prozess zu gewährleisten. Diese Bedingungen deuten darauf hin, dass lediglich die Zumischung des wasserstoffhaltigen Biogases in einen fossilen Wasserstoffstrom einen alternativen Nutzungspfad darstellt. Für Nischenanwendungen kann das wasserstoffhaltige Biogas aufbereitet werden, sodass es in Form von reinem Wasserstoff oder reinem Kohlendioxid zur Verfügung steht.
Als Kunden des entwickelten Verfahrens können demzufolge sowohl Produzenten von Biogas, sprich Biogasanlagenbetreiber, als auch Nutzer von Wasserstoff gesehen werden. Biogasanlagenbetreiber stellen ihre Vertriebsbasis unabhängig von der EEG-Vergütung auf eine breitere Basis, die Anwender des Bio-Wasserstoffes machen sich unabhängiger von fossilen Ausgangstoffen, wie beispielsweise Erdgas für die Dampfreformierung.

Zielgruppe und Zielmarkt

Das Gesamtkonzept der biologischen Wasserstoffproduktion mithilfe eines zweistufigen Prozesses, welches im Antrag fixiert wurde, hat sich als geeignet erwiesen. Die benötigten erhöhten Temperaturen der Hydrolyse- und Versäuerungsstufe bedingen ein integriertes Wärmekonzept. Dafür kann die Abwärme des zumeist an der Biogas-anlage installierten BHKWs verwendet werden, da das Temperaturniveau dafür ausreichend erscheint. Es wurde gezeigt, dass das wasserstoffhaltige Biogas für die energetische oder stoffliche Verwertung Anwendung finden kann.
Aus technischer Sicht ist die Erzeugung von biogenem Wasserstoff mithilfe der untersuchten Verfahrensvariante daher eine sinnvolle Alternative zur Produktion von regenerativem Elektrolyse-Wasserstoff, welcher im sogenannten Power-to-Gas-Verfahren bevorzugt wird. Der dabei eingesetzte Strom zum Betrieb der Elektrolyseeinheit wird bevorzugt aus fluktuierenden, regenerativen Quellen gewonnen.
Die Kosten für eine Wasserstoffbereitstellung können zur Abschätzung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses herangezogen werden Die erzielten Ergebnisse, zur getrennten Erzeugung wasserstoff- und methanhaltiger Biogase, haben gezeigt, dass insbesondere überwiegend kohlenhydrathaltige Substrate für eine Produktion von Wasserstoff geeignet sind. Daher kommen beispielsweise Maissilage, Weintrester, Kartoffelschalen, Melasse oder Speisereste in Frage. In Abhängigkeit der Substratpreise sind daher auch unterschiedliche Preise in Bezug auf die Wasserstoffproduktion zu erwarten. Unter Berücksichtigung der Novellierung des EEG 2014 ist eine Verwendung von Reststoffen sinnvoll.
Die Ergebnisse und Erkenntnisse des Forschungsvorhabens "MehrH2" können für nachfolgende FuE-Tätigkeiten hervorragend genutzt werden und fließen beispielsweise in die Weiterentwicklung des Verfahrens zur Produktion höherer Wasserstoffanteile im Bio-Wasserstoff als auch im Rahmen der BMBF Zwanzig20-Initiative HYPOS – Hydrogen Power Storage & Solutions East Germany ein.