Ziel der Entwicklung

Logo: Vereinzelter TREX-Sensor mit einer Dicke von 70 Mikrometer. Bei dieser Dicke wird das Silizium derart elastisch, dass eine reversible Biegung möglich ist. © CiS Forschungsinstitut für Mikrosensorik GmbH
Vereinzelter TREX-Sensor mit einer Dicke von 70 Mikrometer. Bei dieser Dicke wird das Silizium derart elastisch, dass eine reversible Biegung möglich ist. © CiS Forschungsinstitut für Mikrosensorik GmbH

In diversen Forschungsgebieten wie der Hochenergie-, Schwerionen- und Astrophysik sowie bei medizinischen bildgebenden Verfahren müssen größere Flächen mit strahlungssensitiven Detektoren bestückt werden. Besonders in der erwähnten Hochenergiephysik (HEP) steigt in diesem Zusammenhang zurzeit und in Zukunft der Bedarf an immer größeren Flächen an Siliziumbasierten Detektoren.
Da die Detektorsysteme in Experimenten und medizinischen Anwendungen Beschränkungen in Größe und in Form unterliegen, ist es unumgänglich, die Flächen aus mehreren Detektormodulen zusammenzusetzen. Für die weiterführende Montage der Detektormodule kann es einen erheblichen Vorteil darstellen, wenn diese eine möglichst große Fläche aufweisen. Mit größeren Detektoren (Größenordnung bei 15 bis 100 Quadratzentimeter) ergeben sich Vorteile während der Montage bei der manuellen und automatischen Handhabung, wodurch sowohl Kosten als auch Zeit eingespart werden können.
Neben der Sensorfläche ist die Sensordicke ein weiterer wichtiger Parameter. Bei kleinerer Sensordicke weisen planare Silizium-Sensoren entscheidende Vorteile auf. Sie brauchen einerseits nur bei geringerer Spannung betrieben werden, was sich positiv auf die Ausbeute auswirken kann. Zum anderen detektieren hochbestrahlte Sensoren mit Dicken von 100…150 Mikrometer mehr Ladung, was sich positiv auf die Effizienz und die Strahlenhärte auswirkt.
In der Schwerionen-Physik hat dies zudem weitere entscheidende Vorteile: Einerseits können damit Teilchen mit noch geringerer Energie identifiziert werden und andererseits ist der Energieverlust der Teilchen generell geringer. Dies bedeutet eine bessere Energieauflösung, welche in diesen Experimenten eine bestimmende Größe darstellt.
Benötigt man bei Sensoren für die Schwerionen-Physik noch zusätzlich eine Ortsauflösung, ist es unumgänglich, dass doppelseitige Streifensensoren zum Einsatz kommen: Ein einseitiger Pixelsensor könnte zwar mit kleinerer Pixelgröße eine noch bessere Ortsauflösung liefern, allerdings entfällt die Option, da dieser über einen Auslese-Chip ausgelesen werden müsste, welcher sich – verbunden mittels Flip-Chip-Bonding – über der aktiven Fläche des Sensors befinden müsste. Dies ist für das Experiment nicht zulässig, da die Totzone im Strahlengang auf ein Minimum beschränkt werden muss. Von daher dürfen die Auslese-Chips nur am Rande der Sensoren platziert werden, wodurch sich eine Beschränkung auf Streifensensoren ergibt. Um eine zweidimensionale Ortsauflösung zu erhalten, müssen die Streifen auf beiden Seiten vorhanden sein.
Die Anforderung, möglichst große und möglichst dünne, doppelseitige Sensoren zu produzieren, ist sehr hoch. Da die Substrate der Sensoren das aktive Material darstellen und nicht nur ein Träger wie bei CMOS-Prozessen, muss die Rückseite ebenfalls immer wieder während des Prozesses bearbeitet werden. Somit wäre das Verwenden von Handling-Wafern nicht praktikabel.

Vorteile und Lösungen

Im Rahmen dieses Projektes wurden doppelseitige, großflächige, gedünnte Strahlungsdetektoren (Double-Sided Large Area Thinned Radiation Detectors) produziert, deren aktiver Bereich auf eine Dicke von bis zu 70 Mikrometer abgedünnt ist. Es wurden dazu die Methoden des nasschemischen Kavitäten-Ätzens und der nicht-planaren Fotolithographie weiterentwickelt.
Dadurch konnten die wesentlichen Anforderungen an die Sensoren für den Einsatz in Schwerionen-Physik-Experimenten erfüllt werden. Mit dieser Technologie ist es möglich, überhaupt doppelseitige Streifensensoren mit Dicken von 150…70 Mikrometer und Flächen bis zu 40 Quadratzentimeter herzustellen.
Wie auch bei den zuvor entwickelten einseitigen, großflächig gedünnten Strahlungsdetektoren können zwischen den Sensoren sowie am Wafer-Rand dicke Rahmen stehen bleiben, welche bis zum letzten Schritt des Vereinzelns für eine ausreichende Stabilität der Wafer sorgen.

Zielgruppe und Zielmarkt

Derartige komplexe, abgedünnte, doppelseitige Strahlungsdetektoren finden in vielen Bereichen der Grundlagenforschung und der bildgebenden Verfahren Anwendung. Im Bereich der Schwerionenphysik sind die Experimente der im Bau befindlichen FAIR-Beschleunigeranlage am GSI zu erwähnen sowie das TREX-Experiment am ISOLDE-Komplex am CERN und das N4DP-Experiment am FRM-II der TUM. Darüber hinaus gibt es weitere Experimente, beispielsweise das FAZIA in Italien, welches ebenfalls Interesse an großflächig gedünnten Strahlungsdetektoren bekundet hat. Im Bereich der Hochenergiephysik sind zu nennen die laufenden und zukünftigen Experimente am LHC am CERN.
In der Medizintechnik können derartige Detektoren ebenfalls zum Einsatz kommen. Beispiele sind MRT, PET, CT oder Compton-Kameras.