Ziel der Entwicklung

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Versuchsplattform Akustische Levitation mit Detailansichten

Die zunehmende Digitalisierung, mit dem Ziel selbststeuernder Produktionsstandorte und dem Megatrend des Internet of Things führen zu einer zunehmenden Miniaturisierung und Fortentwicklung der Mikroelektronik und Sensortechnik. Die steigende Nutzung von Sensoren in Bereichen wie Consumer-Elektronik, Unterhaltungstechnik und den allgegenwärtigen Smartphones, Smartwatches, Laptops, Tablets, digitalen Kameras, Navigationssystemen verstärkt den Trend zusätzlich. Die immer kleiner werdenden Baugruppen, Sensoren etc. führen vorhandene Handhabungsverfahren und Maschinen aufgrund der Bauteilgröße und Empfindlichkeit immer öfter an ihre Einsatzgrenzen, so dass alternative Handhabungsverfahren entwickelt werden müssen. Die akustische Levitation, ein Verfahren, das Schallwellenfelder im nicht hörbaren Frequenzspektrum nutzt, um Kräfte auf Objekte, üblicherweise in Größenordnungen kleiner als der typischen Schallwellenlänge (z. Bsp. 40 kHz = 8,7 mm) auszuüben, ist nach Überzeugung des ITW e. V. Chemnitz eine vielversprechende Handhabungstechnologie, die in den vergangenen Jahren einen erheblichen Entwicklungsschub erfahren hat. Mit dem vorliegenden Vorlaufforschungsprojekt beabsichtigte der ITW e. V. Chemnitz die Entwicklung und den Aufbau einer Versuchsplattform zur Evaluierung der akustischen Levitation für die Handhabung von Kleinstbauteilen, wie sie in der Sensortechnik, Mikrosystemtechnik oft zum Einsatz kommen. Die Projektziele waren im Einzelnen Aufbau eines reflektorlosen akustischen Levitators aus kommerziell verfügbaren wirtschaftlichen Ultraschall-Transducern, Identifizierung geeigneter geometrischer Konfigurationen der Ultraschall-Transducer, Design, Planung und Umsetzung der nötigen Leistungselektronik sowie Messtechnik, software- und hardwareseitige Entwicklung, Planung und Umsetzung der Regelungselektronik für die Einzelansteuerung der Quellen und Regelbarkeit von Phase und Leistung Positioniergenauigkeit 50µm, Schwankungsbreite 10µm, montierbar an Industrierobotern, Positioniermechanik.

Vorteile und Lösungen

Zur Entwicklung der Versuchsplattform wurde zunächst ein multiphysikalisches Modell der akustischen Levitation abgeleitet, entwickelt und in COMSOL Multiphysics implementiert. Mit diesem wurde eine modellbasierte Designstudie durchgeführt, in deren Ergebnis eine Versuchsplattform auf Basis von Phased-Arrays mit 256 einzelnen Ultraschalltransducern (40 kHz) je Array entwickelt wurde (Bild 2). Phased-Arrays sind aus der Funk- Respektive Antennentechnik bekannt. Hier wurde die Technik auf die Ultraschallerzeugung übertragen und erlaubt die phasen- und amplitudenvariable Einzelansteuerung der Ultraschalltransducer zur Generierung von Ultraschallfeldern variabler Amplitude und Form. Die Einzelansteuerung erfolgt über einen FPGA und eine in-house entwickelte Steuerungssoftware, die sowohl das Abfahren vorprogrammierter Trajektorien, als auch eine manuelle Bahnsteuerung erlaubt. Das im Projekt entwickelte Modell lässt sich außerdem für theoretische Untersuchungen der Feldformung, Feldformoptimierung, Modellierung der Bauteilkinematik einsetzen. In diesem Zusammenhang wurde die Bauteilkinematik in 2D-Geometrien mit dem Ziel der Ableitung von Steuerungsalgorithmen für die Einflussparameter (Phase, Amplitude) umfassend untersucht. Beispielhaft ist die Kinematik eines hexaedrischen Bauteils in Bild 1 dargestellt. Mit der Ultraschallversuchsplattform (Bild 3) wurden in experimentellen Untersuchungen Kleinsteile, sowohl statisch als auch dynamisch levitiert und technische Betriebsgrenzen des Aufbaus ermittelt. In der aktuellen Konfiguration sind Positionsgenauigkeiten zwischen 50 und 100 µm erreichbar. Nach Einschätzung des Zuwendungsempfängers ist mit einer Positionssteuerung bei Verwendung einer schnellen optischen Positionsmessung die Positions- und Lagestabilisierung weiter verbesserbar, wenn die verwendeten Steuerungsalgorithmen beispielsweise durch modellbasierte Regelung optimiert werden und entsprechend schnelle PC-Hardware verfügbar ist, um das Optimalregelungsproblem in Echtzeit zu lösen. Wesentliche Vorteile der Implementierung der akustischen Levitation als Handhabungstechnik im Vergleich zu konventionellen Handhabungsmaschinen sind praktisch wartungsfrei im Vergleich zu konventionellen Handhabungssystemen, keine bewegten Apparateteile und dadurch keine maschinenbedingten Kontaminationen (Abrieb, Staub), verminderte Reinigungsintervalle, Einsparung von Reinigungsanlagen, keine Druckluft- respektive Vakuumerzeugung, Nutzung in allen Gasatmosphären (auch Schutzgas, außer Vakuum), signifikant verringertes Risiko von Partikelfreisetzungen (Abrieb, Staub), keine Verschleppung von Verunreinigungen durch sekundäre Gasströmungen zum Beispiel in Reinräumen, dadurch deutlich reduziertes Kontaminationsrisiko, kein Einbringen von mechanischen Spannungen in Bauteile, damit geringeres Risiko von Bauteilbeschädigungen bei formlabilen und empfindlichen Bauteilen und Werkstücken niedrige Betriebskosten durch Wegfall von Betriebsmedien, geringe Energiekosten
Vergleichsweise niedrige Lebenszykluskosten, reduzierter Footprint und damit Flächenverbrauch in der Fertigungsumgebung, montierbar auf Industrieroboter.

Zielgruppe und Zielmarkt

Zielunternehmen und -märkte finden sich vor allem bei Herstellern und Anwendern von Handhabungsmaschinen zur berührungslosen Manipulation und zum berührungslosen Transport empfindlicher Bauteile, wie beispielsweise Mikrosystemtechnik, MEMS-Herstellung, Fertigung von Mikroelektronik, Sensorherstellung. Hersteller und Anwender in der Roboter- und Automatisierungstechnik. Entsprechende Entwicklungen vorausgesetzt, sind außerdem Anwendungen in folgenden Bereichen realisierbar: chemische Reaktionstechnik und Analytik, Materialcharakterisierung, Probehalterung für nicht-invasive optische, spektrometrische, Messmethoden, Probenhalterung für 3D-Scan-Anwendungen (Digitalisierung), Unterhaltungstechnik mit virtuellen Displays, Medizintechnik: Lab-on-a-Chip, Sensortechnik, Smart-Textile-Anwendungen, Handhabung/Mischung empfindlicher Wirkstoffe in der Pharmazietechnik, 3D-Druck: Druck mit Hochtemperaturmaterialien und komplexer Strukturen unter Voraussetzung hoher Positions- und Lagegenauigkeit.