Ziel der Entwicklung

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Gesamtanlage

Kurzfasern, textile Halbzeuge und Faser-Kunststoff-Verbunde (FKV) entstehen durch die Verarbeitung von Rovings. Die Rovings sind auf Spulen aufgewickelt und somit in ihrer Länge begrenzt, wodurch die Verarbeitungsprozesse beim Aufbrauchen der Rovingspule unterbrochen werden müssen. Unterbrechungen im Herstellungsprozess haben einen negativen Einfluss auf die lokalen Materialeigenschaften, erhöhen die Produktionszeit und es wird Energie verbraucht ohne zu produzieren. Durch diese drei Einflussfaktoren erhöhen sich die Produktionskosten für die hergestellten FKV-Erzeugnisse. Diese drei Einflussfaktoren sollen mit Hilfe des im Rahmen dieses Projektes entwickelten automatischen Roving-Wechsel-Systems (ARWeS) vermieden beziehungsweise beseitigt werden. Gleichzeitig soll durch das automatische Roving-Wechsel-Sytem die Produktionsleistung der Anlage erhöht werden und dadurch sollen wiederum die Produktionskosten für die FKV-Erzeugnisse sinken.
Des Weiteren soll das neuen Roving-Wechsel-Systems (ARWeS) es ermöglichen das richtige Material am richtigen Ort im FKV-Halbzeug einzusetzen. Das automatisierte Roving-Wechsel-System (ARWeS) soll dabei während des kontinuierlichen Produktionsprozesses eines FKV-Halbzeuges Abschnitte des FKV-Halbzeuges durch ein anderes Rovingmaterial ersetzen. So kann ein FKV-Halbzeug (DU-Flächengebilde), das hauptsächlich aus Carbonfaserrovings besteht, in Abschnitten durch Glasfaserrovings ersetzt werden. Dadurch können die preisintensiven und mechanisch belastbareren Carbonfaserrovings gezielt im späteren FKV-Halbzeug beziehungsweise FKV-Bauteil eingesetzt werden. Die Carbonfaserrovings liegen dann nur dort im Halbzeug oder Bauteil vor, wo die mechanische Beanspruchung es erfordert. In den weniger mechanisch beanspruchten Bereichen des Halbzeugs bzw. des Bauteils sind dann die Glasfaserrovings angeordnet. Auf diese Weise können durch das automatische Roving-Wechsel-System (ARWeS) aktiv Materialkosten in der Herstellung von FKV-Halbzeugen bzw. FKV-Bauteilen gespart werden.
Somit kann zusammenfassend gesagt werden, dass mit Hilfe des automatischen Roving-Wechsel-Systems Produktionsunterbrechungen in der FKV-Herstellung beseitigt werden können und FKV-Halbzeuge beziehungsweise FKV-Bauteile mit unterschiedlichen Rovingmaterialien, welche entsprechend der mechanischen Beanspruchung gewählt werden, hergestellt werden können.

Vorteile und Lösungen

Das Ziel dieses Projekts war die Entwicklung und Bau eines Versuchsstandes, der einen automatischen Rovingwechsel von sechs Rovings in einer Ebene ermöglicht. Der Eingriff des Menschen in den Rovingwechselprozess sollte sich dabei so gering wie möglich gestalten. Dabei sollte der Versuchsstand alle gängigen Rovings anbinden können.
Zur Erreichung des gesteckten Ziels wurde zunächst eine Literatur- und Patentrecherche zu Verbindungstechnologien durchgeführt. Aufbauend auf diesen Recherchen konnte eine geeignete Verbindungstechnologie für den automatischen Rovingwechsel ermittelt werden. Diese Verbindungstechnologie war das pneumatische Spleißen. Anhand dieser Technologie konnten Anforderungen für das automatische Roving-Wechsel-System (ARWeS) aufgestellt werden.
Anhand dieser Anforderungen und unter Beachtung der Verbindungstechnologie konnte in Zusammenarbeit mit der Heberlein AG ein vollkommen neuartiges Konzept einer Spleißereinheit für Rovings entwickelt werden. Parallel dazu konnte ein neuartiges Anlagenkonzept für den automatischen Rovingwechsel von sechs Rovings in einer Ebene entwickelt werden.
Das Konzept der Spleißereinheit wurde im Rahmen dieses Projektes gebaut und erprobt. Mit dieser neuartigen Spleißereinheit ist es möglich, die unterschiedlichsten Rovingmaterialien zu spleißen. Diese Einheit ist flexibel konfigurierbar und kann gut auf das Spleißen von verschiedene Rovingmaterialien angepasst werden. Des Weiteren ist noch hervorzuheben, dass die Rovings parallel in die Einheit eingelegt werden können. Dies macht diese Spleißereinheit insbesondere für die Automatisierung interessant, da das parallele Einlegen der Rovings die Automatisierung des Wechselprozesses erheblich vereinfacht. Außerdem können mit parallel eingelegten Rovings festere Spleißverbindungen erreicht werden als bei gekreuzt eingelegten Rovings. Dies haben Versuche der Heberlein AG gezeigt.
Das neuartige Anlagenkonzept für den Rovingwechsel wurde im Rahmen dieses Projektes konstruiert und gebaut. In diesem gebauten Anlagenkonzept (ARWeS-Versuchstand) wird auch die neue Spleißereinheit eingesetzt und bildet darin ein zentrales Element. Es sind sechs der Spleißereinheiten in dem ARWeS-Versuchsstand verbaut und bilden darin eine Spleißereleiste. Das neuartige Konzept ermöglicht einen automatischen Wechsel von sechs Rovings in einer Ebene ohne die Produktion zu unterbrechen. Die Produktion der Anlage muss lediglich für den Wechselvorgang verlangsamt werden. Dadurch können mehr FKV-Halbzeuge in der gleichen Zeit auf der Produktionsanlage erzeugt werden. Durch das größere Angebot werden die Kosten für FKV-Halbzeuge gesenkt und es können günstigere FKV-Bauteile hergestellt werden.
Weiterhin wurden Spleißversuche an einem Galsfaser- und einem Basaltfaserrovingtyp zur Validierung des ARWeS-Versuchsstandes sowie der neu entwickelten Spleißereinheit durchgeführt. Dazu wurden bei den Versuchen die Auswirkungen auf die Festigkeit der Spleißverbindungen der zwei Betriebszustände des Versuchsstandes, verschiedene Spleißdrücke und verschiedene Rovingzugkräfte untersucht. Die beiden Betriebszustände gestalten sich in der Weise, dass im ersten Betriebszustand die Spleißerdüsen alle gleichzeitig und im zweiten Betriebszustand die Spleißerdüsen der Spleißereinheiten kaskadenweise angesteuert werden. Die untersuchten Spleißdrücke bewegten sich zwischen vier und sechs Bar. Die untersuchten Rovingzugkräfte reichten von 200cN bis 800cN. Die bei diesen Parametern auf dem Versuchsstand hergestellten Spleißverbindungen wurden im Nachgang einer hauseigenen Garnzugprüfmaschine geprüft.
Diese Ergebnisse haben gezeigt, dass die Spleißverbindungen die bei der gleichzeitigen Ansteuerung der Spleißerdüsen hergestellt wurden, eine wesentlich geringere Festigkeit aufwiesen als die Verbindungen bei der kaskadenweisen Ansteuerung. Des Weiteren war der Luftverbrauch der Einheiten bei der gleichzeitigen Ansteuerung bereits bei 4bar so groß, dass der vorgesehene Tank nicht ausreichte. Daher wurde der Betriebszustand der gelichzeitigen Ansteuerung aller Spleißerdüsen nicht weiter verfolgt und alle weiteren Versuche wurden bei dem kaskadenweisen Betriebszustand durchgeführt. Bei diesen Versuchen hat sich gezeigt, dass der Spleißdruck einen wesentlich höheren Einfluss auf die Festigkeit der Spleißverbindung besitzt als die Rovingzugkraft. Der Einfluss gestaltet sich dahingehend, dass mit einem höheren Spleißdruck im Mittel auch eine größere Festigkeit der Spleißverbindung erreicht wird.
Des Weiteren wurden im Rahmen des Projektes Messungen zum Luftverbrauch der Spleißereinheiten druchgeführt. Dieser Verbrauch ist im Wesentlichen für den Bau zukünftiger Anlagen mit dem ARWeS-Prinzip wichtig.
Abschließend ist anzumerken, dass im Rahmen dieses Projektes ein Versuchsstand entwickelt wurde, der zuverlässig Spleißverbindungen an verschiedenen Rovingmaterialien herstellen kann.

Zielgruppe und Zielmarkt

Der ARWeS-Versuchsstand kann in allen Bereichen der rovingverarbeitenden Industrie und in den Industrien der FKV-Herstellung eingesetzt werden, da in diesen Industriezweigen die Rovings immer als Spulen vorliegen. Das heißt, die Anwendungsmöglichkeiten des Roving-Wechsel-Systems sind sehr vielseitig. Des Weiteren sind die wirtschaftliche Bedeutung sowie das wirtschaftliche Potenzial des automatischen Roving-Wechsel-Systems sehr groß, da kein vergleichbares System zurzeit auf dem Markt existiert. Somit ist für dieses System ein breiter Einsatz auf dem Binnenmarkt, dem europaweiten Markt und auch dem globalen Markt abzusehen, denn die FKV-Herstellung findet global statt.
Der Anwender profitiert durch den Einsatz des automatischen Roving-Wechsel-Systems von der vollständigen Beseitigung von Unterbrechungen an der Produktionsanlage. Der Anwender muss nur eine Verlangsamung der Produktionsanlage während des Rovingwechselprozesses in Kauf nehmen. Dadurch können vom Anwender Kosten bei der Produktion gespart und gleichzeitig die Leistung der Produktionsanlage immens gesteigert werden. Somit können die hergestellten FKV-Halbzeuge beziehungsweise FKV-Bauteile zu einem konkurrenzfähigeren Preis auf dem Markt als bisher angeboten werden.
Der breite Transfer der FuE-Ergebnisse in Anwenderunternehmen erfolgt durch die Vorstellung der Ergebnisse auf den branchenüblichen Messen (JEC, Techtextil, ITHEC, Composite Europe), Tagungen (Chemnitzer Textiltechniktagung), durch den Internetauftritt der Cetex Institut gGmbH, durch Publikationen in einschlägigen Fachzeitschriften und durch Flyer. Der gezielte Transfer der Ergebnisse dieses Projektes in Anwenderunternehmen erfolgt durch direkte Kundengespräche und durch die Bearbeitung von Folgeprojekten in Zusammenarbeit mit dem Anwenderunternehmen, welche auf diesem Projekt aufbauen.
Die Cetex Institut gGmbH und die Heberlein AG haben ein gemeinsames Patent auf das automatische Roving-Wechsel-System (ARWeS) und die neu entwickelte Spleißereinheit angemeldet. Die Anmeldung erfolgte von der Cetex Institut gGmbH in Deutschland und von der Heberlein AG in der Schweiz. Somit ist die Voraussetzung für den Verkauf von Lizenzen durch die Cetex Institut gGmbH und die Heberlein AG in den beiden genannten Ländern geschaffen worden. Durch die Patentanmeldung werden zudem die Marktpräsenz und die Wettbewerbsfähigkeit der Cetex als Forschungsinstitut gesteigert. Das gleiche gilt für die Heberlein AG.
Des Weiteren kann die Cetex Institut gGmbH durch den ARWeS-Versuchsstand Dienstleistungen in Bezug auf Spleißversuche mit Rovingmaterial des Kunden anbieten. Dadurch kann zum einen ein wirtschaftlicher Effekt durch die Spleißversuche erzielt werden und zum anderen kann dadurch auch das Interesse der Kunden für das automatische Roving-Wechsel-System geweckt werden. Das wiederum in die Beauftragung des Kunden zur Integration des automatischen Roving-Wechsel-Systems in eine bestehende Produktionsanlage münden kann. Des Weiteren kann auch die Entwicklung einer vollständig neuen Produktionsanlage vom Kunden beauftragt werden. Die Kompetenz zur Bearbeitung solcher Aufträge besitzt die Cetex Institut gGmbH.
Aufgrund dessen, das der ARWeS-Versuchsstand sowie die Spleißereinheit eine vollständige Neuentwicklung sind, gibt es zurzeit keine weiteren Anwendungsbeispiele.