Ziel der Entwicklung

Logo: CAD-Modell des neuen Arraysystems mit gewichtsreduziertem Gehäuse, © Sören Hesse, GFaI e.V.
CAD-Modell des neuen Arraysystems mit gewichtsreduziertem Gehäuse, © Sören Hesse, GFaI e.V.

Zielstellung des Projektes ArLeOr war die Entwicklung eines neuartigen, mobilen und handführbaren arraybasierten Kartierungssystems auf Basis moderner MEMS-Technologien, das eine obere Nutzsignalfrequenz von etwa 80 kHz aufweist. Ausgangspunkt dieser Entwicklungen bildete das beim Antragsteller entwickelte, handführbare Mikado-System, das aber bislang nur den Hörbereich bis zirka 20 kHz abdeckte. Für das Erreichen dieses Vorhabenszieles mussten zwei wichtige Teilaufgaben gelöset werden. Erstens war es notwendig, eine völlig neue und auf (im Verhältnis zu bewährter PC-Technik) relativ ressourcenschwachen Mobilgeräten wie Tablet-Rechnern gut einsetzbare Softwarearchitektur und Softwarebasis für das akustische Kartierungssystem zu schaffen. Diese Software sollte die Einbindung komplexer, erweiterter Arraysignalverarbeitungsmethoden erlauben und gleichzeitig durch Endanwender einfach bedienbar bleiben. Zweitens war auf der Geräteseite eine prototypische Arraylösung als Embedded-System mit für den unteren Ultraschallbereich geeigneten MEMS-Sensoren, integrierter Signalerfassung, Stromversorgung und Display-/Bedieneinheit zu entwickeln, auf der diese Software einsetzbar ist. Zwingend erforderlich war es hier, die bislang für digitale MEMS-Mikrofone verwendete Abtastrate von 48 kHz auf 192 kHz zu erhöhen, um den unteren Luftultraschallbereich (zwischen 20 kHz und zirka 80 kHz) sicher erfassen zu können. Weitere wichtige technologische Ziele waren die Realisierung eines Gerätegewichtes von unter 2,5 kg und die Reduzierung der Fertigungskosten durch eine Neukonstruktion des Gehäuses.

Vorteile und Lösungen

Die Lösung der Aufgabe erfolgte mehrstufig in enger Kooperation aller beteiligten Entwickler aus den Bereichen der Elektronik, mechanischen Konstruktion und der Software-/Firmwareentwicklung. Zu Beginn standen umfassende Recherchen und messtechnische Untersuchungen zur geeigneten MEMS-Sensorik. Es wurden digitale MEMS-Mikrofone bewertet und ausgewählt, die sowohl den klassischen Hörbereich als auch den unteren Luftultraschallbereich (bis zirka 60 bis 80 kHz) abdecken. Es wurden ein Arraydurchmesser von 30 cm und eine Mikrofonanzahl von 96 Kanälen festgelegt. Für diese Designparameter wurde eine völlig neue Arrayplatine entwickelt, die auch die benötigten Signalwandler- und Konverterbausteine für die von den Digitalmikrofonen gelieferten Bitdatenströme enthält (siehe Bild 2). Es wurden sehr umfangreiche FPGA-Entwicklungen und Firmwarearbeiten geleistet, um hardwaregestützt die erhöhte Abtastrate von 192 kHz für die hohe Kanalzahl zu ermöglichen.
Die algorithmisch sehr anspruchsvollen Software-Entwicklungen und Arbeiten zu erweiterten Beamforming-Algorithmen bildeten einen wichtigen wissenschaftlichen Kern des Projekts. Hier wurden Softwaremodule für das Datenstreaming und die Firmwareanbindung, neue adaptive und echtzeitfähige Beamforming-Algorithmen für die gewählte Mobilplattform (Tablet-Rechner), Werkzeuge zur Ergebnisvisualisierung der zeitlichen und spektralen Daten und der akustischen Karten sowie die benötigten Erweiterungen der Software für Ultraschallanwendungen und zur Datenaufzeichnung und Archivierung entwickelt. Bei der Gestaltung der Bedienoberfläche für das Mobilsystem wurde auf eine gute Ergonomie und eine verschlankte Auslegung der Software mit den grundlegenden Funktionen für einfache Messungen und Auswertungen (vordefinierte Layouts) geachtet. In einer weiteren Phase erfolgte die Neukonstruktion eines gewichts- und fertigungsoptimierten Gerätegehäuses. Es gelang, das Gesamtgewicht des Mobilsystems gegenüber dem Stand zu Projektstart um etwa ein kg auf zirka 2,4 kg (inklusive Akkumulator) zu reduzieren. Ein Ausschnitt aus dem CAD-Modell des neuen Gehäuses wird im Bild eins gezeigt.
Vorteile des neuen Arraysystems für Endanwender liegen einerseits in einer leichteren Handhabung, geringerer Ermüdung bei der Handführung beim akustischen (und optischen) Abscannen von Objekten sowie in einer einfacheren und ergonomischeren Bedienerführung der Software. Der wesentliche Mehrwert des neuen Systems ist jedoch durch die erhöhte Abtastrate von 192 kHz gegeben. Damit wird der angestrebte obere Nutzsignalfrequenzbereich von zirka 60 kHz bis 80 kHz sicher abgedeckt. Das neue Arraysystem wird somit sehr flexibel sowohl als klassische akustische Kamera im Hörbereich einsetzbar sein, es gestattet nun aber auch die Detektion von Ultraschallsignalen, wie sie in vielen technischen Bereichen zum Beispiel Leckagen technischer Gase, Dichtheitsprüfung in Fahrzeuginnenräumen, Fehlerdetektion elektronischer Komponenten) von großem Interesse sind. Weitere Zielgruppen und Anwendungsmöglichkeiten werden im nachstehenden Abschnitt dargelegt.

Zielgruppe und Zielmarkt

Hinsichtlich der Zielgruppen und Zielmärkte wird das System durch den erweiterten Frequenzbereich eine Verbreiterung der Applikationsmöglichkeiten akustischer Kartierungstechniken gestatten. Als eine wichtige Anwendung ist die örtliche Detektion von energetischen Undichtheiten an Gebäuden (Fassaden, Türen, Fenster) zu nennen. Dieser Anwendung kommt insbesondere unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit und CO2-Reduktion besondere Bedeutung zu. Hier gibt es Planungen für Folgeprojekte, wobei die Akustische Kamera in der Regel in Kombination und als Ergänzung zu etablierten Methoden (Blower-Door-Tests, IR-Thermografie) eingesetzt wird. In Ergänzung hierzu ist auch der Einsatz zur akustischen Leckagedetektion im Bereich der allgemeinen Bauakustik bei hoher Ortungsschärfe (Durchschallungsmessungen) möglich. Das System ist ferner für die akustische Analyse von Maschinen und Anlagen im höherfrequenten Bereich bei hoher Robustheit gegenüber Störgeräuschen geeignet. Eine weitere wichtige Anwendung ist die o. g. akustische Dichtheitsprüfung im Kfz-Bereich zum Beispiel Tür- und Fensterdichtungen, diese ist relevant für die gesamte Automobil- und Zulieferindustrie. Auch in diesen Zielmärkten werden sich künftig durch den zunehmenden Einsatz von Hybrid- und Elektroantrieben, die das Klangspektrum gegenüber klassischen Verbrennungsantrieben völlig verändern und ebenfalls eine vertiefte Analyse höherfrequenter Spektralanteile erfordern, noch weitere Anwendungsfelder erschließen lassen.