Ziel der Entwicklung

Logo: Durch Verrechnung vieler Mikrofonarraypositionen entlang eines Pfades im Raum kann ein stark vergrößertes, virtuelles Superarray erzeugt werden. © F. Knappe, GFaI e. V.
Durch Verrechnung vieler Mikrofonarraypositionen entlang eines Pfades im Raum kann ein stark vergrößertes, virtuelles Superarray erzeugt werden. © F. Knappe, GFaI e. V.

Ziel des Projektes ScanBeam war die Weiterentwicklung und Implementierung des sog. „Multi-Reference Continuous-Scan Beamforming“-Verfahrens (MRCSBF). Bei diesem Verfahren wird ein Array mit relativ geringer Anzahl von Mikrofonen während der Aufnahme bewegt, während gleichzeitig eine geringe Anzahl von ortsfesten Mikrofonen ein Referenzsignal aufzeichnen. Dadurch kann ein virtuelles „Superarray“ mit einer deutlich höheren Mikrofonzahl und -dichte sowie einer größeren räumlichen Ausdehnung als das eigentliche Messarray erzeugt werden. Die Nutzung dieses „Superarrays“ durch klassische (Standard-Beamforming) als auch erweiterte Algorithmen (CLEAN-SC, Power-Beamforming) versprach eine deutliche Verbesserung der Ortsauflösung und der Dynamik der resultierenden Schallkartierung, insbesondere im tieffrequenten Bereich. Beim aktuellen Stand der Technik gibt es bereits Systeme am Markt, die einen rotierenden Arm mit geringer Mikrofonanzahl als beweglichen Teil und wenige feststehende Mikrofone als Referenzsensoren nutzen. Vorteil dieser Systeme ist die hardwareseitig deutlich vereinfachte Datenaufzeichnungstechnik gegenüber vollausgebauten Hochkanal-Arraysystemen. Ein Nachteil besteht allerdings darin, dass die Armbewegung nur innerhalb eines räumlich eng begrenzten Arraydurchmessers stattfindet. Zwar kann so die virtuelle Mikrofondichte innerhalb dieser begrenzten Apertur stark erhöht werden, eine geometrische Vergrößerung des effektiven Arraydurchmessers selbst ist aber damit nicht möglich. Die akustische Kartierung tieffrequenter Signale erfordert deshalb nach wie vor geometrisch sehr große Arrayabmessungen im Meterbereich. Ziel unseres konkreten Vorhabens „ScanBeam“ war es nun, zu untersuchen, inwieweit sich der MRCSBF-Ansatz auch mittels kleiner, aber dafür im Raum frei handführbarer Mikrofonarrays umsetzen und so erweitern lässt, dass auch mit Arrays sehr kleiner geometrischer Ausdehnung eine deutlich verbesserte akustische Kartierung tieffrequenter Schallquellen erzielt werden kann. Hierfür waren spezielle Weiterentwicklungen insbesondere unserer 3D-Scanning- und Trackingalgorithmen erforderlich, um die Signale der nun auf beliebiger Trajektorie bewegten Mikrofone sowohl untereinander als auch in Relation zu den festen Referenzsensoren mit korrektem Phasenbezug zu verrechnen. Somit gingen die Zielstellungen dieses Projektes über den beherrschten Stand der Technik weit hinaus.

Vorteile und Lösungen

Zur Lösung der Problemstellung wurde auf eine bei der GFaI entwickelte, leistungsfähige 3D-Scanningtechnologie für Mikrofonarrays (DynaBeam) aufgesetzt. Diese steht sowohl für ein kleines kabelloses Arraysystem (Mikado) als auch für kabelgebundene Systeme (Miniring mit 32 und 48 Kanälen) zur Verfügung. Konzipiert wurde diese Lösung für die Realisierung eines synchronen akustischen und optischen 3D-Scans von Untersuchungsobjekten. Im Ergebnis wird automatisch ein geometrisches 3D-Modell des Objektes erstellt. Die dreidimensionale Schallkartierung beruht dabei auf der Ermittlung der Beamformingkarten aus den verschiedenen Positionen des Arrays und deren Projektion auf das 3D-Modell. Damit war das Problem mobiler, aber hier noch separater, realer Arrays, der Koordinatenbestimmung der Mikrofone und der zeitlichen Synchronisation grundlegend gelöst. Die 3D-Kartierung mittels DynaBeam beruht aber nach wie vor auf der Nutzung vieler, kleinerer Einzelarrays. Im Projekt erfolgte nun eine grundlegende Erweiterung dieser Methode, um nicht nur wie bisher einzelne akustische Karten der verschiedenen Positionen entlang der Trajektorie auf das erfasste 3D-Modell zu projizieren, sondern die Daten all dieser Positionen unter Berücksichtigung der festen Referenzsensoren zu einem virtuellen, sehr hochkanaligen und räumlich weit ausgedehnten „Superarray“ zu verrechnen. Hierfür wurde intern ein Ansatz mit einer stark erweiterten Kreuzspektralmatrix genutzt. Es wurden spezielle Verfahren entwickelt, um die resultierenden sehr großen Datenmengen zirka zehn GB für eine Messung, rechentechnisch noch handhabbar zu gestalten.
Das Prinzip des „Superarrays“ wird anschaulich im Bild eins für die 3D-Kartierung zweier Lautsprecherboxen gezeigt. Das Titelbild zeigt die Trajektorie (den händisch abgefahrenen Scanpfad) mit wenigen, ausgewählten Arraypositionen des kleinen Ringarrays. Bild eins zeigt, dass bei Verrechnung aller Arraypositionen tatsächlich ein extrem hochkanaliges und auch geometrisch weit ausgedehntes, virtuelles Superarray generiert wird. Praktische Experimente zur akustischen Kartierung wurden mit vier Lautsprechern in nur leicht gedämmter Büroumgebung durchgeführt. Als minimale Anzahl von benötigten festen Referenzmikrofonen ergab sich eine Größenordnung von etwa vier bis zwölf Sensoren. Ein wesentliches Projektresultat ist in den Bildern zwei und drei zu sehen. Gezeigt wird die 3D-Kartierung eines Rauschsignales von vier Boxen im 800-Hz-Terzband mittels bisherigem DynaBeam (Bild zwei), wo eine korrekte Erfassung aller vier Quellen nicht gelingt, gegenüber der neuen MRCSBF-Methode (Bild drei), die hier alle vier Quellen auch mit dem kleinen Ringarray mit nur 30 cm Durchmesser sauber trennen kann.

Zielgruppe und Zielmarkt

Durch die hier entwickelten Verfahren zum dynamischen Scannen bei gleichzeitiger Nutzung feststehender Referenzmikrofone ist die Möglichkeit gegeben, den effektiv wirksamen Arraydurchmesser virtuell erheblich zu vergrößern. So können auch tiefere Frequenzen im Bereich weniger hundert Hertz mit kleineren, handgeführten Arrays mit gutem akustischen Bildkontrast und mit stark verbesserter Quelltrennung kartiert werden. Zielmärkte liegen in allen Bereichen, in denen Anlagen, Maschinen und Geräte hinsichtlich Lärmreduzierung, Sounddesign und Fehlererkennung zu optimieren sind - grundsätzlich wird eine sehr weite Spanne industrieller Anwendungen und Branchen abgedeckt. Als wichtige Zielmärkte und Anwendungsfelder sind zu nennen: Der klassische Automobilsektor und die Zulieferindustrie, auch der gesamte Bereich der Motor- und Fahrzeugakustik. Die akustische Fehlerdetektion an Maschinen und Aggregaten mit relativ komplexer Tiefenstruktur (Verbrennungsmotore, Elektro- und Hybridantriebe, Getriebe), bei denen eine 3D-Kartierung sinnvoll ist. Der Einsatz akustischer Kameras zur Produktoptimierung und Lärmreduktion (Hersteller von Haushaltsgeräten, Werkzeugen, Energieanlagen, Turbinen, Pumpen, Lüftern u. v. a. lärmerzeugenden technischen Objekten). Die akustische Analyse und 3D-Kartierung von Maschinen und Anlagen in Industriehallen und Produktionsumgebungen bei verbesserter Quelltrennung und erhöhtem Bildkontrast insbesondere im tieffrequenten Bereich. Weiterhin 3D-Scans und akustische Kartierungen kleinerer Produktions- und Fertigungseinrichtungen und der Einsatz im Low-Cost-Bereich mit kleinen Mobilarrays für einfache „Trouble-Shooting“-Aufgaben.