Ziel der Entwicklung

Logo: Automobil Armauflage als Demonstrator, gefertigt durch Eissmann Automotive Deutschland GmbH im Rahmen des Projektes mit den entwickelten heizbaren Verbundmaterialien.
Automobil Armauflage als Demonstrator, gefertigt durch Eissmann Automotive Deutschland GmbH im Rahmen des Projektes mit den entwickelten heizbaren Verbundmaterialien.

Das Projektziel bestand in der Entwicklung einer flexiblen, temperierbaren Folie, die mit beliebigen Flächenmaterialien zu einem Laminat kaschiert werden kann und somit für die Beheizung von Interieurmaterialien wie beispielsweise Sitzen oder Armauflagen geeignet ist. Die temperierbare Folie sollte auf einer kontaktierten, elektrisch leitfähigen Polymerschicht basieren. Die Innovation beruht auf der Kombination der neuartigen elektrisch leitfähigen Polymerfolie, dessen maximale Temperaturerhöhung durch den in der Polymerschicht eingestellten elektrischen Widerstand vorgegeben ist mit dem textilen Obermaterial von Interieurkomponenten. Eine Überhitzung des Laminates ist systembedingt ausgeschlossen, wodurch eine sensorbasierte Steuerung nicht erforderlich ist. Die Kernidee des Projektes bestand in der Inkorporation von kohlenstoffbasierten leitfähigen Additiven wie Kohlenstoffnanoröhren, Leitruß und Carbonfasern in wässrige Polyurethandispersionen. Die Leitfähigkeit konnte durch gezielte Additivierung mit den leitfähigen Komponenten auf definierte Zielwerte eingestellt werden. Durch die Kombination von Kohlenstoffnanoröhren mit den mikroskaligen leitfähigen Additiven konnten synergistische Effekte und damit spezifische Leitfähigkeiten über 200 Siemens pro Meter erzielt werden. In Rakelverfahren konnten aus den leitfähigen Dispersionen Folien mit Dicken zwischen 50 und 150 Mikrometer gezogen werden. Durch Applikation von silberbasierten, flexiblen Elektroden auf den leitfähigen Folien via Druckverfahren konnte ein Potenzialfeld beim Anlegen einer elektrischen Spannung zwischen den Elektroden erzeugt werden, wodurch die Folien auf über 100 Grad bei Spannungen von kleiner 48 Volt aufgeheizt werden konnten. Die Kaschierung konnte erfolgreich sowohl mittels Streichbeschichtungsverfahren als auch R2R-Hotmelt-Kaschierung durchgeführt werden. Die Herstellung von heizbaren Flächenmaterialien wurde im Rahmen der Forschungsarbeiten in den halbtechnischen Maßstab überführt.

Vorteile und Lösungen

Stand der Technik sind metallische Heizleiter, die mäandrierend auf einer Fläche aufgebracht sind. Fixiert werden diese beispielsweise mit einem Stickfaden beziehungsweise durch Abdecken mit einer Vliesschicht, und anschließend werden sie beispielsweise mit einem Textil, Leder oder Kunstleder überspannt. Die Einbringung in einen Autositz benötigt hierbei eine Reihe händischer Arbeitsschritte. Die Heizwirkung wird nur an den Verlegestellen des Heizleiters erzeugt und kann folglich zum Teil sehr inhomogen sein, abhängig von der Materialmenge und damit vom Preis. Nachteilig ist außerdem, dass die Systeme weder dehnbar noch knickbar sind und der Bruch eines Heizleiters direkt zum Komplettausfall des Systems führt. An diesen Punkten der bisher üblicherweise verbauten Flächenheizungsverbunden knüpfte die Forschungsarbeit an. Die Innovationen der im Forschungsvorhaben entwickelten Heizverbundmaterialien können in Punkten zusammengefasst werden. Zuerst die Homogene Erwärmung der gesamten Fläche. Zweitens die Dehnbarkeit der Heizverbunde unter Beibehaltung der Leitfähigkeit und Heizwirkung. Darauffolgend der Systemimmanente Überhitzungsschutz und als letztes die kontinuierliche Fertigung kompletter Heizverbundmaterialien. Der größte Vorteil der Neuentwicklungen ist dabei in dem zweiten und letzten Punkt zu sehen. Die Dehnbarkeit und Knickbarkeit der Verbunde resultiert in einer reduzierten Ausfallwahrscheinlichkeit des Heizverbundes. Die kontinuierliche Fertigung des kompletten, einsatzbereiten Heizverbundes reduziert die benötigten Arbeitsschritte in der Herstellung derartiger Verbundmaterialien und kann somit einen signifikanten Vorteil in der Produktherstellung liefern. Ein weiterer Vorteil der dargestellten Methode liegt in der einfachen Herstellung von kompletten, heizbaren und flexiblen Verbundmaterialien, die dehnbar und knickbar sind. Für den sicheren Betrieb werden keine elektronischen Komponenten wie Vorwiderstände oder ähnliches benötigt, da der Heizeffekt ausschließlich über die angelegte Spannung, die spezifische Leitfähigkeit der Folien sowie deren Geometrie definiert ist.

Zielgruppe und Zielmarkt

Die im Forschungsvorhaben entwickelten flexiblen Heizverbunde besitzen eine Reihe von Innovationen für das industrielle Umfeld. Derartige Heizverbunde besitzen eine große Relevanz in der Anwendung als Flächenheizung im Automobilbereich. Im Zuge der Elektrifizierung im Automotive Umfeld und der dadurch für die Beheizung der Fahrzeuge nicht mehr nutzbaren Motorabwärme gewinnen flächenbeheizte Interieurmaterialien zunehmend an Bedeutung. Üblicherweise gehören bereits jetzt bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren Sitzheizungen zur Standardausstattung. Im Fall eines Elektroautos geht diese Art der Beheizung allerdings extrem auf Kosten der Reichweite. Bei einer äquivalenten Übertragung des Klimatisierungsverhaltens auf die Fahrzeuge mit Elektromotor würde sich die Reichweite des Elektroautos bei derartiger Beheizung um bis zu 50 Prozent reduzieren. Aus energetischer Sicht ist deshalb ein alternatives Konzept anzustreben. Die im Projekt zu entwickelnden Hybridpolymerschichten wären aufgrund der hohen Leistung und des geringen Gewichtes für diesen Anwendungsfall ebenso wie für weitere Flächenheizungen zum Beispiel an den Seitenteilen im Fußraum oder dem Türbereich geeignet.