Ziel der Entwicklung

Logo: AFM-Aufnahmen an equinen Folien im Vergleich zu porciner Folie (oben links)
AFM-Aufnahmen an equinen Folien im Vergleich zu porciner Folie (oben links)

Medizinische Haut- bzw. Gewebeersatzmaterialien aus Kollagen sind nicht nur bei der Wundversorgung, sondern vor allem auch bei chirurgischen Eingriffen als Mittel der Wahl unverzichtbar. Sie sind in Form von Vliesen und intakten Geweben sowie als Kompositmaterialien in verschiedenen Produktformen verfügbar und zumeist bovinen (Rind), porcinen (Schwein) oder equinen (Pferd) Ursprungs. Produkte aus equinem Material beschränken sich jedoch auf poröse Vliese, welche aus Kollagenextrakten aus Sehnen hergestellt werden; Produkte aus Dermis sind aktuell nicht kommerziell verfügbar. Ziel des Projekts war es deshalb, equines Hautmaterial aufzubereiten und als Ausgangsmaterial in Form einer Dispersion für die Herstellung verschiedener Produkte bereitzustellen. Die Haut sollte dazu zunächst vollständig dezellularisiert werden. Anschließend sollte die Zerkleinerung zu einer homogenen, fließfähigen Dispersion erfolgen. Die Dispersion sollte dann zu Folien, Vliesen/Scaffolds und Fadenmaterial verarbeitet werden.
Für die Verwendung von Kollagen für biomedizinische Zwecke müssen Rohwaren wie Sehnen, Häute oder auch Perikard und Darmmaterial zunächst dezellularisiert werden, um die Biokompatibilität der Zielprodukte zu gewährleisten. Ziel ist es, alle Fremdproteine, Zellen und andere Begleitstoffe wie Glycosaminoglykane (GAG) aus der Gewebematrix zu entfernen und ein reines Kollagen zur Weiterverarbeitung zu erhalten.
In der sauberen Gewebematrix dürfen keine Zellkerne mehr nachweisbar sein, der DNA-Gehalt muss auf unter 50 ng/mgTS reduziert sein und die Länge der DNA-Stränge soll unter 200 bp betragen. Die Vielzahl der Dezellularisierungsverfahren verschiedener Gewebe ist nicht standardisiert und sehr stark von den Eigenschaften wie Dicke, Zellgehalt, Zusammensetzung und Kompaktheit der Gewebe abhängig.

Vorteile und Lösungen

Die equinen Häute wurden in Form von Spaltmaterial unter Verwendung von Säuren und Basen, ohne weiteren Einsatz von Tensiden oder Enzymen zu verwenden, vollständig enthaart und dezellularisiert. Für die Charakterisierung wurde im Projekt nach unterschiedlichen Hautbereichen unterschieden (Flanke, Hals, Rücken, Schild). Das zellfreie, biokompatible Hautmaterial wurde anschließend über mehrstufige Zerkleinerungs- und Mahlprozesse zu einer homogenen Dispersion verarbeitet. Die Dispersionen aller Hautregionen sind im sauren Bereich homogen und fließfähig und sehr gut zu verschiedenen Produktformen verarbeitbar. Es konnten keine signifikanten Unterschiede zwischen den Hautregionen festgestellt werden.
Die Dispersion wurde umfangreich rheologisch und biochemisch auf Unterschiede zu porcinen Dispersionen untersucht. Produkte wie Folien wurden durch konvektive Trocknung, Vliese durch Gefriertrocknung und Fadenmaterial wurden Extrusion der Dispersion in ein Fällbad hergestellt.
Zusätzlich konnte in AFM-Untersuchungen gezeigt werden, dass am Endprodukt (Folien) die D-Banden-Struktur des Kollagens erhalten werden konnte, welche an porcinem Material nur deutlich reduziert oder an enzymatisch behandelten Materialien gar nicht mehr nachweisbar sind. Im Vergleich konnte gezeigt werden, dass equines Fadenmaterial deutlich zugfester und dehnbarer ist, als porcine Fäden. Die Materialien aus equiner Haut waren biokompatibel und wurden erfolgreich mit Fibroblasten besiedelt.

Zielgruppe und Zielmarkt

Im Projekt wurde equines Hautmaterial zur Erweiterung des Rohwarenspektrums für kollagenbasierte Produkte für biomedizinische Anwendungen wie Wundauflagen, Patches, Fadenmaterial und Zellkulturträger aufgereinigt und verarbeitet. Kollagen ist das am häufigsten vorkommende Protein im tierischen Organismus und als Biomaterial hervorragend geeignet, da es als Anhaftungs- und Stützmaterial dient. Gleichzeitig ist es biokompatibel und resorbierbar, weshalb es zu den bevorzugten Materialien bei der Entwicklung von Gewebeersatz oder der Zellkultivierung zählt. Als Rohstoffquelle dienen vor allem Haut und Sehnen verschiedener Spezies.
Die Rohwaren werden dezellularisiert und können in Form einer Dispersion mit verschiedenen Verfahren zu Vliesen, Folien und Strängen verarbeitet werden. Die Nachfrage nach Implantatmaterialien ist sehr hoch, besonders im Bereich des Tissue Engineerings bzw. als Gewebeersatzmaterial. Der Bedarf an biokompatiblen Implantatmaterialien erfreut sich in Industrieländern generell einer steigenden Nachfrage aufgrund des demografischen Wandels, der steigenden Lebenserwartung der Bevölkerung sowie des Wunsches, bis ins hohe Alter körperlich aktiv zu sein.