Ziel der Entwicklung

Logo: Abriebprüfung gegenüber Sandpapier nach DIN EN 388, © FILK Freiberg Institute gGmbH
Abriebprüfung gegenüber Sandpapier nach DIN EN 388, © FILK Freiberg Institute gGmbH

Die Einsatzbereiche für Polyurethan (PUR) Kunstleder sind breit gefächert. Sie reichen von Innenraummaterialien im Objektbereich (beispielweise Kinos, Behörden und Kindertagesstätten) über den Hospital- und Pflegebereich (beispielsweise Liegen und Behandlungsstühle für Arztpraxen und Physiotherapie), über den Sport- und Wellnessbereich (beispielweise Massageliegen und Sportgeräte) bis hin zum Mobilbereich. Letzterer gliedert sich in die Automobilinnenraumausstattung, die Ausstattung öffentlicher Verkehrsmittel sowie in die Schifffahrt und den Luftverkehr. Aufgrund dieser Vielfalt werden von den Materialien teilweise sehr spezielle, aber auch unterschiedliche Eigenschaften hinsichtlich Anschmutzverhalten, Abriebfestigkeit, Alterungsverhalten sowie Flammfestigkeit gefordert. Eine Auswahl dieser Eigenschaften wird durch die Lackausrüstung auf der Materialoberfläche maßgeblich beeinflusst. Dazu zählen die Beständigkeit gegenüber Chemikalien und diversen Anschmutzmedien und die mechanische Belastbarkeit. Besonders im Hinblick auf die Beständigkeit gegenüber färbenden oder quellenden Medien, mit denen die Oberfläche in Kontakt kommt, werden sehr anwendungsspezifische Anforderungen gestellt. Im Medizinbereich stehen Substanzen wie Desinfektionsmittel und Cremes im Vordergrund, im Wellness- und Fitnessbereich sind es Massageöle, Kosmetika und organische Farbstoffe, wie sie in Haarfärbemitteln enthalten sind. Für Kindertagesstätten gehören Farbstoffe aus Malfarben, Stiften und Knete dazu. Nicht nur für die Restaurants, sondern auch für die Automobilausstattung werden die Materialien auf die Anschmutzbarkeit mittels färbenden Bestandteilen aus Lebensmitteln (beispielsweise Ketchup, Rotwein und Senf) geprüft. Weiterhin sollen Rückstände von Edding und Kugelschreiber sowie Färbemittel aus der Bekleidung (Jeansfarbstoff) entfernbar sein. Die genannten Medien dringen in eine Polymermatrix aus Polyurethan (PU) ein. Deshalb werden die Oberflächen mit einem Lack versehen, der einen entsprechenden Schutz gewährleisten soll. Die Polymerbasis solcher Lacke sind Polycarbonate, Acrylate, Polyurethane oder Fluorpolymere. Hochwertige Lacke schützen die Oberfläche vor dem Eindringen einer Vielzahl von Chemikalien, allerdings gibt es bisher keinen wirksamen Schutz gegen das Anfärben mit stark färbenden organischen Molekülen wie beispielsweise Haarfärbemittel, Edding oder Kugelschreiber. Auch die Migration organischer Moleküle aus dem Kunstleder heraus stellt ein Problem dar. Phosphororganische Flammschutzmittel (FSM) werden eingesetzt, um hohe Flammfestigkeiten zu erzielen. Sie sind jedoch in der Lage, aus der PUR-Matrix zu migrieren. Dadurch verarmt das Material an FSM, zusätzlich bilden sich unansehnliche Flecken auf der Materialoberseite. Der Austrag der FSM kann mit den üblicherweise verwendeten Lacken nicht verhindert werden. Insbesondere in Bereichen mit hohem Publikumsverkehr sind Bezugsmaterialien starken Abrieb- und Scheuerbelastungen ausgesetzt. Auch hier ist der Lack auf der Materialoberfläche die erste Angriffsfläche. Ziel des Projektes war es daher, einen Lack auf Basis von Polylactid (PLA) für die Applikation auf PUR-Oberflächen zu entwickeln, der eine sehr hohe Barrierewirkung gegenüber der Migration von organischen Molekülen, insbesondere Farbstoffen, aufweist und widerstandsfähig gegenüber abrasiven Medien ist. Der Lack soll mittels Rasterwalzen im Tiefdruckverfahren applizierbar sein.

Vorteile und Lösungen

Eine Voraussetzung für gute Prüfergebnisse ist eine geschlossene, fehlerfreie Lackschicht. Mit den verwendeten PLA-Lacken konnte eine geschlossene Lackschicht im Labormaßstab über Spiralrakelapplikation erzielt werden. Weiterhin konnte mit den PLA-Lacken die Migration von phosphororganischen Flammschutzmitteln aus den Kunstledern stark verzögert werden. Die Lackschicht ist dabei nur wenige Mikrometer dick. Mit den erzielten Eigenschaften können die Kunstleder mit PLA-Lack sowohl als Polsterkunstleder im Objektbereich und im Automobilbereich als auch im Bereich persönlicher Schutzausrüstung eingesetzt werden. Neben der im Projekt angestrebten Möglichkeit der Applikation im Tiefdruckverfahren mit Rasterwalze wäre auch eine großtechnische Applikation mit Spiralrakel denkbar, da in den Laborversuchen mit dieser Technik eine geschlossene Lackschicht und damit gute Prüfergebnisse erzielt wurden. Zusätzlich zur Anpassung des Lackes an die anlagenspezifischen Gegebenheiten ist auch eine Anpassung an das letztendlich zu lackierende Substrat zielführend.

Zielgruppe und Zielmarkt

Insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen sind Wettbewerbsvorteile aufgrund besonderer Eigenschaften von Produkten von Bedeutung. Mit dem entwickelten PLA-Lack für PUR-Kunstleder können Produkte mit sehr gutem Anschmutzverhalten hergestellt werden. Diese werden durch die hohe Abriebfestigkeit, Lichtechtheit und Reibechtheit besonders langlebig sein.
Die potentiellen Anwendungsgebiete für die mit PLA-Lack ausgerüsteten PUR-Kunstleder sind breit gefächert. Aufgrund der geringen Fleckenempfindlichkeit und des guten Anschmutz- und Reinigungsverhaltens eignen sich die Kunstleder für Innenraummaterialien im Objektbereich, im Hospital- und Pflegebereich sowie im Sport- und Wellnessbereich, wo die Materialien mit färbenden Bestandteilen aus Lebensmitteln, Desinfektionsmitteln, Massageölen und Cremes oder organischen Farbstoffen in Kontakt kommen. Weiterhin sind die mit PLA-Lack ausgerüsteten Kunstleder aufgrund der hohen Abriebfestigkeit für Bereiche mit hohem Publikumsverkehr oder für persönliche Schutzausrüstung geeignet. Da je nach Anwendungsbereich unterschiedliche oder sehr spezielle Anforderungen an die Materialien gestellt werden, handelt es sich meist um kleinere Losgrößen, die besonders für kleine und mittelständische Unternehmen interessant sind.