Ziel der Entwicklung

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Numerische Simulation der Werkstückoberfläche

Aktuell stellen Schweißgasführungskonzepte im Bereich der Lasermaterialbearbeitung immer einen Kompromiss dar, um in Abhängigkeit von der Schweißnaht, der Bauteilgeometrie und dem Verfahren (wie Remoteschweißen oder Bahnschweißen) ein möglichst großes Spektrum an Schweißaufgaben abdecken zu können. Dieser Kompromiss führt aber in der Praxis, insbesondere bei KMU dazu, dass bei speziellen schweißtechnischen Anwendungen und Bauteilen Probleme bei der Schutzgasabdeckung auftreten könnten, die fehlerhafte Schweißnähte zur Folge haben.

An dieser Stelle setzte das Forschungsvorhaben an, um für einen qualitativ verbesserten und individuell anpassbaren Schweißprozess zu sorgen. Das Vorhaben beinhaltete insbesondere die Weiterentwicklung und Bewertung von Schweißdüsen für die Lasermaterialbearbeitung, um eine verbesserte Zuführung von Prozess- und Schutzgas an der Wirkstelle zu realisieren. Der Schwerpunkt lag dabei auf der gezielten Weiterentwicklung von an den Prozess angepassten Schweißgasdüsen, welche mittels additiver Fertigungstechnologien individuell und mit verbesserter Funktionalität in relativ kurzer Zeit hergestellt werden.

Dieses innovative Verfahren birgt aufgrund des enormen Gestaltungsspielraums ein hohes Potenzial hinsichtlich der Herstellung von Schweißdüsen, welche vor allem zum Fügen von schutzgassensiblen und gasaufnahmeempfindlichen Werkstoffen, beispielsweise Titan, Magnesium oder Nickelbasislegierungen, zukünftig eingesetzt werden können.

Vorteile und Lösungen

Das Vorhaben wurde in die drei Abschnitte eingeteilt:

- Bewertung derzeitiger industriell eingesetzte Düsensysteme

- Analyse der einzelnen Einflussfaktoren und Ableitung eines L-PBF tauglichen Düsendesigns

- Verbesserung der Bauteil-Zugänglichkeit

Zunächst erfolgte eine systemtechnische Analyse industriell eingesetzter Düsensysteme zum Laserstrahlschweißen. Dabei bestand die Zielstellung, die Tauglichkeit dieser Systeme auf die resultierende Gasabdeckung der Fügezone zu bewerten. Zielgrößen wie Restsauerstoffabdeckung, Düsenabstand, Zugänglichkeit und Strömungsausbildung zwischen Düsenaustritt und Bauteiloberfläche bildetet den Schwerpunkt der Untersuchungen. Die Kenntnis über diese Größen war für das weitere Vorhaben essentiell.

Im darauffolgenden Abschnitt bestand die Zielstellung in der Analyse der einzelnen Einflussfaktoren. Hierzu wurde die Düse in die Abschnitte Düseneintritt, Strömungsgleichrichtung und Düsenaustritt eingeteilt. Mittels numerischer Simulation, Schlierenmessung und Restgasbestimmung wurden sowohl geometrische Einflüsse als auch der Einfluss der Oberflächenrauheit bestimmt. Im Weiteren Verlauf wurden die einzelnen Faktoren zu einem optimierten Düsendesign zusammengeführt und ein finales Design für den LPFB-Prozess entwickelt.

Um den Laborcharakter der Untersuchungen zu umgehen und dem industrielen Einsatzzweck gerecht zu werden, erfolgte die Prüfung des finalen Designs an industrienahen Applikationen aus der Schweißtechnik. So wurde unter anderem ein Klöpperboden an ein Rohrsegment angeschweißt . Geschweißt wurde sowohl ohne als auch mit Zusatzwerkstoff. Der Schwerpunkt lag dabei auf Nickelbasislegierungen und Duplexstählen.

Abschließend wurden die Fügezonen einer umfangreichen werkstofftechnischen Charakterisierung unterzogen. Insgesamt wurde die Qualität der Fügezonen als sehr gut bewertet.

Zielgruppe und Zielmarkt

Die Entwicklung und Nutzung von flexiblen und modernen Schweißprozessen findet beispielsweise in den Bereichen Medizin- und Lebensmittelindustrie, Automobilindustrie sowie Automobilzulieferindustrie, Luft- und Raumfahrtindustrie und Maschinen-, Anlagen- und Behälterbau statt. Diese modernen Prozesse erfordern zunehmend den Einsatz moderner Fügetechnologien um zum einen nachbearbeitungsarme Verbindungen zu erzeugen und zum anderen weitere Anwendungsgebiete zu erschließen, welche ein erhebliches Einsparpotenzial durch die Nutzung geeigneter Schutzgasdüsen aufweisen.

Schutzgas- und gasaufnahmesensible Materialklassen reagieren während des Fügeprozesses sehr empfindlich auf Instabilitäten der Schutzgasatmosphäre. Diese Instabilitäten haben zur Folge, dass Anlauffarben beziehungsweise Oxidschichten, Schweißspritzer und/ oder Poren im Bereich der Naht entstehen, was zu einer Beeinträchtigung der spezifischen Materialeigenschaften führt. Durch mechanische Bearbeitung oder mit einem nass-chemischen Reinigungsverfahren wird in einem weiteren Prozessschritt die Oxidschicht entfernt.

In Industriezweigen wie der Lebensmittel- und Medizintechnologie ist der Einsatz von Chemikalien für die Nachbearbeitung jedoch untersagt, da diese biologisch unverträglich sind und somit nach der Reinigung noch ein weiterer Arbeitsschritt notwendig ist. Durch die im Forschungsvorhaben entwickelten angepassten Schutzgasdüsen konnte die Voraussetzung für einen weiteren Entwicklungsschritt geschaffen werden. Durch den Einsatz dieser konzipierten Gassysteme ist es möglich, sowohl die laufenden Kosten als auch die Investitionskosten in den Schweißprozess zu verringern.

Der adressierte Schwerpunkt, eine deutlich verbesserte Schutzgasabdeckung zu erreichen, ermöglicht nun ein qualitativ hochwertigeres Endprodukt (ohne nass-chemische Nachbearbeitung). Demzufolge können die KMU mit diesem Hilfsmittel ein hochwertigeres und kostengünstigeres Produkt auf den Markt bringen.

Für einige Produkte spielen die Kosten eine eher untergeordnete Rolle, wenn qualitativ hochwertige Produkte mit ihrer Wertschöpfung dort eingesetzt werden können, wo Materialien und Systeme (Energietechnik, Vakuumtechnik, Medizintechnik) mit herausragenden Eigenschaften unter extremen Bedingungen gefragt sind.