Ziel der Entwicklung

Logo: Bild 1: Reflexionssensor für die präzise Landwirtschaft im Einsatz, © GMBU e.V. Jena
Bild 1: Reflexionssensor für die präzise Landwirtschaft im Einsatz, © GMBU e.V. Jena

Knapper werdende Ressourcen, steigende Rohstoffpreise und hohe Anforderungen an Qualität und Umweltschutz stellen den Pflanzenbau vor völlig neue Herausforderungen. Der Steigerung von Effektivität und Produktivität durch größer und schneller sind natürliche Grenzen gesetzt. Die Digitalisierung, welche auch in der Landwirtschaft zunehmend an Bedeutung gewinnt, ermöglicht die so genannte Präzisionslandwirtschaft („Precision Farming“, PF). Dieser Sammelbegriff für neue Produktions- und Managementtechniken im Pflanzenbau, die umfangreich Messdaten aus dem jeweiligen Standort und Pflanzenbestand nutzen. Mit den verfügbaren Techniken wird es möglich, einen teilflächenspezifischen, standortangepassten Pflanzenbau durchzuführen, der eine höhere Ressourceneffizienz als konventionelle Verfahren aufweist und auch ökologische Aspekte beim Landbau präzise berücksichtigen kann. Flächendeckende und detaillierte Informationen über die räumlichen und zeitlichen Änderungen biophysikalischer Parameter (z.B. Nährstoffversorgung, Wassergehalt, Vegetationszustand) werden benötigt, um Dünge- und Pflanzenschutzmittel raumzeitlich differenziert auszubringen, wobei sowohl der aktuelle Wachstumszustand der Kulturpflanze, als auch die jeweiligen Standortbedingungen berücksichtigt werden. Ziel ist die Optimierung der Bestands-führung vor dem Hintergrund variierender Wachstumsbedingungen innerhalb eines Feldes. Ein wichtiger Aspekt, um die Sensoren neben der Forschung in der praktischen Landwirtschaft einzusetzen, ist die Möglichkeit die Sensoren online in einem geschlossenen Regelkreis zu betreiben, d.h. die aus den Messwerten abgeleitete Information direkt an ein angebautes Gerät (z.B. Dünger-Streuer oder Pflanzenschutzspritze) weiterzuleiten. Eine teilflächenspezifische Feldbewirtschaftung kann dann im Vergleich zu konventionellen Verfahren höhere Erträge mit weniger Dünge- und Pflanzenschutzmitteln erzielen.
Die heute marktgängigen optischen PF-Sensoren schöpfen die vorhandenen Möglichkeiten bei weitem noch nicht aus. Wissenschaftliche Studien konnten bereits die Korrelierbarkeit von aus Reflexionsspektren des Ackerbodens bzw. der Pflanzen abgeleiteten Indizes mit Nährstoffgehalten des Bodens bzw. mit dem N- , P- , K- und Wasserversorgungszustand sowie der Gesundheit der Pflanzen zeigen. Letzteres würden die Möglichkeit eröffnen, nicht nur biomassebezogen und mit Rückgriff auf Erfahrungswerte Pflanzenschutzmittel auszubringen, sondern direkt auf eine gemessene, aktuelle Pflanzenkrankheit räumlich differenziert zu reagieren. Das heiß., die prinzipielle Machbarkeit der optischen Datengewinnung zur teilflächenspezifischen Bewässerung, N-, P- und K-Grunddüngung sowie zur Minimierung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln ist bereits gezeigt.
Ziel war es deshalb, einen nichtinvasiven, optischen Sensor für die Verwendung in landwirtschaftlichen Betrieben mit Gartenbauerzeugnissen zu entwickeln, der das Reflexionsspektrum von Pflanzenblättern im sichtbaren und nahinfraroten Spektralbereich berührungslos und unabhängig von natürlichen Beleuchtungsverhältnissen mit Hilfe einer künstlichen Lichtquelle vermisst, um hieraus räumlich differenzierte Aussagen über den N-, P- und K- Nährstoffversorgungszustand, den Gesundheitszustand und den prozentualen Blattwassergehalt der Pflanzen abzuleiten. Durch Messung an den Pflanzen und nicht am Ackerboden erhält man Informationen über ihre Nährstoffaufnahme und -verwertung und kann so die Pflanzenbedürfnisse exakt bewerten und auch Sättigungseffekte messen.

Vorteile und Lösungen

Ein kompaktes modulares Sensorsystem, geeignet für die Mon-tage an Traktoren, Bewässerungssysteme oder Überwa-chungsmasten mit Schwenkarmen wurde entwickelt und aufge-baut. Das Beleuchtungsmodul enthält eine VIS-NIR Lampe mit einer elektrischen Leistung von zirka 100 Watt mit Reflektor zur Ausleuchtung des Pflanzenbestands. Die aktive Pflanzenbeleuchtung kann über einen steuerbaren Verschluss zu- und abgeschaltet werden. Die Lampenstrahlung verlässt das Gerätegehäuse über ein Glasfenster. Das an und in der Pflanze diffus reflektierte Licht wird mit einem Objektiv spektral im Wellenlängenbereich von 350 bis 1.000 Nanometer vermessen. Das Objektiv ist hierzu mittels einer Glasfaser mit einem Miniaturspektrometer verbunden. Ein portabler PC steuert die Messungen und dient zur Datenauswertung und Datenanzeige.
Algorithmen zur Auswertung der Reflexionsspektren und zur Korrelation der Messdaten mit den Pflanzenzuständen wurden entwickelt. Dabei wurden zwei Ansätze verfolgt: ein Algorithmus, der auf einem Regressionsmodell basiert und ein Algorithmus, der ein multivariates Auswerteverfahren verwendet. In beiden Fällen wurde zunächst eine algorithmenspezifische Messdaten-Vorverarbeitung, d.h. ein Anordnen und Einlesen der Messdaten realisiert. Im Falle des Regressionsmodells werden durch automatischen Vergleich von Spektren, die zu verschiedenen Pflanzenzuständen gehören, zustandsspezifische Reflexionswerte ausgewählt und aus diesen Nährstoffindizes gebildet. Die gebildeten Indizes werden dann vom Algorithmus schrittweise mit den realen Nährstoff-konzentrationen der Pflanze über ein Regressionsmodell korreliert. Dabei kann ein Be-stimmtheitsmaß des Regressions-modells angegeben werden, welches eine Aussage über die Genauigkeit der Regression liefert. Ist das Bestimmtheitsmaß > 0,8, wurde ein Index gefunden, der die Nährstoffversorgung mit guter Genauigkeit wiedergibt. Mit Hilfe dieses Indexes kann die Düngung und damit die Nährstoffversorgung der Pflanzen optimiert werden.
Bei den multivariaten Verfahren werden die Reflexionsspektren automatisch bestimmten Pflanzenzuständen zugeordnet. Dazu wird zunächst eine Principal Component Analysis durchgeführt, wobei die Spektren auf einige wenige sogenannte Hauptkomponenten reduziert werden. Dabei enthalten die Hauptkomponenten die aus den Spektren ermittelten signifikanten Charakteris-tika der Pflanzenzustände. In einem darauffolgenden Klassifizie-rungsverfahren werden die Hauptkomponenten den Pflanzenzuständen zugeordnet.
Der Sensor arbeitet berührungslos und beeinträchtigt so die Pflanzen nicht. Zur Erlangung der gewünschten Informationen wird der visuelle und nahinfrarote Bereich des Wellenlängenspektrums genutzt, was den Einsatz preisgünstiger Siliziumdetektoren ermöglicht. Die Nutzung des gesamten Spektrums und nicht nur einzelner Wellenlängen ermöglicht die Erstellung angepasster Indizes bei einem Messdurchlauf für unterschiedliche Fragestellungen.

Zielgruppe und Zielmarkt

Der Reflektanzsensor wurde entwickelt für Landwirtschaftliche Betriebe, die Garten-, Obst- und Ackerbau betreiben und ihre Kulturen für den effizienten, umweltschonenden und kostensparenden Einsatz von Dünger, Pflanzenschutzmitteln und Wasser teilflächenspezifisch bewirtschaften wollen.