Ziel der Entwicklung

Logo: 2D-Rauheitsantenne mit Messachsen, ©Karl Moritz Resch – Innovent e.V.
2D-Rauheitsantenne mit Messachsen, ©Karl Moritz Resch – Innovent e.V.

Für die Drallanalyse an Bauteilen mit rotationssymmetrischen Dichtungsgegenlaufflächen mit großen Durchmessern (D>300mm) existiert momentan kein Messsystem, das die Beurteilung der Oberflächenrauheit bezüglich Dichtfähigkeit und Schmiervermögen beurteilen kann. Erst bei der Funktionskontrolle können diese Bauteile im eingebauten Zustand einer ersten Qualitätskontrolle unterzogen werden. Stellt sich hier ein Dichtheitsproblem heraus, ist die Demontage und Nacharbeit mit enorm hohen Kosten verbunden zum Beispiel die Lagerringe von Windkraftanlagen.

Vorteile und Lösungen

Das Specklekontrastverfahren wurde so modifiziert, dass Rauheitseinzelstrukturen lateral hochaufgelöst abgebildet werden. Dazu tastet ein Laserlichtbündel mit einem Spotdurchmesser von zirka fünf Mikrometern die Oberfläche ab. Die Höhendifferenzen der beleuchteten Mikrotopographieregionen führen zu unterschiedlichen Kontrastwerten des reflektierten Streulichtbündels. Diese Streulichtintensitäten werden mit einer Fotodiode aufgenommen. Die Intensität des Signals korreliert direkt mit der Höhendifferenz der Mikrostruktur. Dieses Messverfahren ermöglicht die Messdatenerfassung mit Abtastfrequenzen von bis zu ein Megahertz. Bei gleichförmiger Rotation des Prüfteils ermittelt der entwickelte Sensor durch gleichförmige radiale Zustellung den korrekten Arbeitsabstand des Sensors zur Prüfteiloberfläche und erfasst anschließend mit fester zeitlicher Frequenz die Rauheitsstrukturen anhand des Specklekontrastes. Durch eine zweite Zustellbewegung in Achsrichtung verschiebt der Sensor langsam seine Achsposition zum Prüfteilzylinder und nimmt somit bei steter Rotation der Prüfwelle die Rauheit zweidimensional über eine helixförmige Abtastspur auf. Je nach Prüfteildurchmesser können über einen definierten Achsabschnitt des Prüflings lateral hochaufgelöst Messdaten gesammelt werden bei Umdrehgeschwindigkeiten von bis zu zehn U/s. Somit beträgt die Messzeit von 100s bis einige Minuten mit einem Datenvolumen von 12,5 Mio. bis > zwei Mrd. Messpunkten. Typische Abtastraster sind zirka 20 Mikrometer in Umfangsrichtung und zwei Mikrometern in Achsrichtung. Der Sensor benötigt keine Winkelposition des Rotationstischs und kann somit autonom eine Rauheitstexturmessung an gleichförmig rotierenden Prüflingen durchführen. Wesentlicher Bestandteil für die erfolgreiche Umsetzung des Projekts ist die frequenzbasierte Auswertung der Messdaten mit einer prozessoptimierten Auswertroutine. Diese umfasst Algorithmen zur Bestimmung des prüfteilbezogenen Koordinatensystems, der koordinatengerechten Ausrichtung der Messpunkte, der Höhenschlagkorrektur der Messdaten, der durchmesserabhängigen Segmentierung in Teildatensätze sowie der Berechnung statistisch stabiler Parameter für Texturanalyse der Rauheit. Dabei wurden die Routinen hinsichtlich des Datenvolumens (big data analysis) und der Rechenzeit optimiert. Sowohl für die Texturwinkelberechnung als auch für die Berechnung der Förderquerschnittsdifferenzen wurden neue Bewertungsmodelle eingeführt, getestet und validiert, die auf der schnellen Fouriertransformation beruhen.

Zielgruppe und Zielmarkt

Das dynamische Specklekontrastverfahren bietet zunächst erhebliche Vorzüge in der Texturanalyse von Dichtungsflächen bei Antriebsystemen. Durch die Entwicklung eines autonomen Messsystems, das sich auf einfache Weise in Maschinen oder Prüfsysteme integrieren lässt, eignet es sich in der Getriebe- und der Lagerherstellung besonders von großen Bauteilen wie für Windräder, Turbinen, Förderwinden, Kräne oder Bühnen. Aber auch Hersteller von zylindrischen Gleit- und Laufflächen für den Landmaschinenbau, für den LKW-Bau, die Baumaschinenindustrie oder den Schiffsbau sind potentielle Endkunden für den Einsatz eines solchen Messverfahrens. Da der Einsatz des Verfahrens und der Vorrichtung nicht durchmessergebunden ist, zylindrische Teile von wenigen Millimetern bis zu einigen Metern im Durchmesser können vermessen werden, ist der Maschinenbau generell als Absatzmarkt des Verfahrens anzusehen. Die Oberflächeninspektion und Rauheitsmessung an Bauteilen mit großen Durchmessern erfolgt zumeist mittels Kamera- Inspektions- Systemen wie zum Beispiel High-Speed-LED Streifenprojektoren, Muster- und Defekterkennungsgeräten basierend auf abbildender Kameratechnik oder Laserinterferometern. Rauheitsmessungen werden meist mit mobilen Tastschnittgeräten und Laserinterferometern durchgeführt. Neben der Anforderung an geringe Messzeit sowie einfachem Justier- und Kalibrierbedarf ist die Integrierbarkeit des Messsystems in die Produktionsprozesse von wachsender Bedeutung. Hier setzt sich das entwickelte Verfahren deutlich von den beschriebenen Konkurenzverfahren ab. Eine fertigungsnahe Qualitätskontrolle hinsichtlich der Dichtungs- und Schmiereigenschaften der Oberflächenrauheit ist somit erstmals möglich. Anbieter von Oberflächeninspektionssystemen sind zugleich mögliche Vertriebspartner für die Produktentwicklung. Mögliche Partner einer kommerziellen Verwertung der Oberflächeninspektionsgeräte sind die Hersteller von Streulichtmesstechnik wie die optosurf GmbH, die Hersteller von taktilen und optischen Makrodrallmessgeräten wie die Jenoptik AG, die Matesy GmbH, die Confovis GmbH und die Mahr GmbH. Durch die Produktvorstellung bei den genannten Firmen wird gezielt die Zusammenarbeit gesucht. Im Rahmen des Projekts wurden Kunden durch Direktbesuche und Vorort-Messtermine in die Entwicklung des Messsystems einbezogen wie zum Beispiel die Schaeffler AG und die Zollern GmbH. Weiterhin wurden produktionstypische Teile von Firmen vermessen (interprecise Donath GmbH, Daimler AG, Ramico S.L.). Die bestehenden Kundenkontakte werden gezielt für die Vermarktung des Messsystems genutzt. Weiterhin sollen potentielle Kunden angesprochen werden wie beispielsweise die Hersteller von Lagerringen für Windkraftanlagen wie die SKF GmbH in Hamburg, die Hanse Drehverbindungen GmbH in Wismar, die Joseph Blässinger GmbH in Hamburg, und die KOYO Deutschland GmbH in Hamburg oder die Hersteller von Winden wie die Siebenhaar Antriebstechnik GmbH. Diese erweisen sich als wesentliche Impulsgeber für den Markteintritt eines solchen Prüfsystems.