Ziel der Entwicklung

Logo: SnO-Schichten auf Edelstahlsubstraten © Dr. A. Pfuch, Innovent e.V.
SnO-Schichten auf Edelstahlsubstraten © Dr. A. Pfuch, Innovent e.V.

Einer der derzeit bestehenden Nachteile der atmosphärischen Plasmabeschichtungstechnik (Atmospheric Pressure Plasma Chemical Vapour Deposition – APPCVD) liegt in der Fokussierung insbesondere auf SiOx-basierte Schichtsysteme. Ein weitaus größeres Spektrum neuer Anwendungen würde sich erschließen, wenn es gelingt, die Vorteile der APPCVD – Technik gegenüber bestehenden Niederdruckapplikationen (leichtere Prozessintegration, Verzicht auf Vakuumtechnik, kleinere und flexiblere Bauformen und damit geringere Reinraumkosten, ortsselektive Beschichtung) mit einer Erweiterung der möglichen anorganischen Schichtmaterialien zu verbinden. Insofern lag die Motivation für die Durchführung des Projektes darin, die Anwendungsbreite für dünne Schichten, die mittels chemischer Gasphasenabscheidung unter Verwendung von Normaldruckplasmen hergestellt werden, zu erweitern. Die in der Antragstellung des Vorhabens formulierten Gesamtziele umfassen erstens die Entwicklung der atmosphärischen Plasmabeschichtung für Dünnschichtsysteme auf der Basis alternativer anorganischer Materialien (SnOx, TiOx), zweitens die Entwicklung neuartiger und flexibel einsetzbarer Precursor-Zudosiersysteme abseits von bestehenden Verdampfertechniken und drittens die Darstellung der Anwendungsmöglichkeiten für gassensitive (SnOx, TiOx) und katalytisch aktive (TiOx) Schichten und Schichtsysteme.

Vorteile und Lösungen

Nach Abschluss des Entwicklungsvorhabens verfügt INNOVENT heute über die nunmehr dritte Generation eines LARS-Aersosol-Dosiersystems. Umfangreiche Untersuchungen zur Partikelgenerierung im Aerosol und zu den Größenverteilungen im Aerosol wurden für die chemischen Vorläufersubstanzen (Precursoren) HMDSO, TEOS, TIPO und Zinnchlorid sowohl für die genutzten Zweistoffdüsen als auch für den Aerosolgenerator selbst durchgeführt. Im Verlauf des Projektes wurden Beschichtungskonzepte für folgende atmosphärische Plasmadüsen kommerzieller Anbieter erarbeitet: Plasmatreat Düse PFW10, Tigres MEF, Tigres T-Spot, Tigres T-Jet, Inocon CoPla-System. Erstmals wurden zur APPCVD-Abscheidung von SiOx, TiOx und SnOx gezielte Untersuchungen zur Volumenpolymerisation im Plasmaeffluenten unter Verwendung von entsprechend HMDSO, TEOS, TIPO und Zinnchlorid als Precursoren durchgeführt. Es konnten Aussagen zur Partikelbildung im Plasmajet in Abhängigkeit von Gasfluss, Precursordosis und Abstand von der Beschichtungsdüse aufgezeigt werden. Es wurden erfolgreich undotierte SnOx-Dünnschichten hergestellt. Als Precursoren kamen Tributylzinn beziehungsweise Zinnchlorid zum Einsatz, die Abscheidetemperaturen lagen zwischen 300 °C und 450 °C. Die Schichten wurden mittels AFM, SEM, Spektralellipsometrie, UV-Vis, XPS und XRD umfassend charakterisiert. Die gassensitiven Eigenschaften von undotierten und dotierten SnOx-Dünnschichten wurden sowohl in Abhängigkeit von der während der Abscheidung vorherrschenden Substrattemperatur als auch von der Messtemperatur untersucht. Für SnOx-Schichten, die bei Temperaturen von 300 °C hergestellt wurden, wurden gegenüber Ammoniak als Messgas Sensitivitäten von über 70 Prozent gemessen. Es wurden erfolgreich TiOx-Schichten mittels APPCVD und ohne einen zusätzlichen Nachtemperprozess hergestellt, die ihrer photokatalytischen Performance vergleichbar beziehungsweise besser sind als die verwendete Referenz (Pilkington Activ Glas). Allerdings bedarf es dabei Abscheidetemperaturen von größer 250 °C und Schichtdicken im Bereich von mindestens 100 – 150 nm. Die Schichten wurden mittels AFM, SEM, Spektralellipsometrie, UV-Vis, XPS, XRD und photokatalytischer Abbaumessungen umfassend charakterisiert.

Zielgruppe und Zielmarkt

Als Zielgruppen beziehungsweise Zielmärkte werden folgende Branchen gesehen: a) die Hersteller von atmosphärischen Plasmaanlagen, b) Entwickler und Hersteller von sensorischen Bauelementen, insbesondere von gassensorischen Bauelementen, c) Hersteller von funktionalisierten Oberflächen im Bereich der Photokatalyse. Laut einer im Frühjahr 2022 von Polaris Market Research veröffentlichten Studie wird erwartet, dass die Größe des globalen Kaltplasmamarktes ein jährliches Wachstum von 14,9 Prozent Wachstum verzeichnen wird. Der Branchenumsatz soll von 1,67 Mrd. USD im Jahr 2021 auf 5,44 Mrd. USD im Jahr 2030 ansteigen. Nach geografischen Gesichtspunkten verzeichnete Europa im Jahr 2021 den größten Marktanteil.
Laut einer Pressemitteilung der AMA (Arbeitsgemeinschaft Messwert-Aufnehmer) vom 10.03.2022 „erwirtschaftete die Branche insgesamt ein Umsatzplus von zwanzig Prozent, verglichen zum Vorjahr. Im ersten Quartal verzeichnete die Branche ein deutliches Umsatzplus durch Nachholeffekt, die nachfolgenden Quartale wiesen einen stabilen Umsatz auf hohen Niveau aus.“ Und weiter heißt es: „Die Branche zeigt sich wieder investitionsfreudig. Gingen die Investitionen im Jahr 2020 zurück, investierten die AMA Mitglieder im vergangenen Jahr zwölf Prozent mehr und planen für das laufende Jahr die Investitionen um weitere 14 Prozent zu erhöhen. Damit zeigt sich die Sensorik und Messtechnik als optimistische Branche in Aufbruchsstimmung.“ Laut Mordor Intelligence wird der Markt für Photokatalysatoren für das Jahr 2021 auf mehr als 2,1 Mrd. USD geschätzt und verzeichnet im Prognosezeitraum (2022-2027) eine jährliche Wachstumsrate von über neun Prozent. Die Auswirkungen von Covid 19 auf den Markt waren negativ, aber derzeit hat der Markt wieder das Niveau von vor der Pandemie erreicht und wird voraussichtlich im Prognosezeitraum (2022-2027) stetig wachsen. Innovent stellt die Projektergebnisse in Form von wissenschaftlich-technischen Publikationen den Anwenderunternehmen zur Verfügung, zudem werden aktuelle Projektergebnisse in regelmäßiger Form auf der Instituts-Homepage als Technologieangebote vorgestellt. Weiterhin fließen die aktuellen Ergebnisse in unsere Weiterbildungsmaßnahme „Plasmatechnik im Dreiklang aus Theorie, Praxis und Analytik“ ein und stehen interessierten Unternehmen zur Verfügung.