Ziel der Entwicklung

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Hohlprofil mit T-Verzweigung aus kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff

Da der Leichtbau mit FVK auch im allgemeinen Maschinenbau durch die immensen Vorteile wie geringere notwendige Antriebsleistungen, hohe, einstellbare Steifigkeit und sehr hohe Festigkeit Einzug gehalten hat, ist der Bedarf groß, kostengünstige und einfach zu realisierende Fertigungsverfahren für gängige Strukturen zu finden, die vorteilhaft aus FVK gefertigt werden können. Eine besondere Rolle spielen hier Tragstrukturen, die, z.T. unter enormen Lasten bewegt, eine hohe Steifigkeit und Festigkeit aufweisen müssen. Naturgemäß besteht eine Tragstruktur aus mehreren Elementen, die an den Kreuzungs- und Verzweigungspunkten Lasten untereinander übertragen und sich gegenseitig stabilisieren müssen. Üblicherweise werden Tragstrukturen an diesen Verzweigungspunkten segmentiert und durch Verbindungselemente zusammengehalten, die die Funktion der Kraftübertragung erfüllen. Die Fertigung solcher Strukturen aus FVK bietet die Möglichkeit, solche Verzweigungsstellen auch integral ohne Segmentierung herzustellen. Dies bedeutet einen weiteren Gewichtsvorteil, da Materialdopplungen und schwere Metallverbinder komplexer Geometrie vermieden werden können. Ferner können die Fasern innerhalb der Verzweigungsstellen lastgerecht entlang des Pfades der Kraftübertragung angeordnet und damit die gewichtsbezogenen Eigenschaften der Struktur weiter verbessert werden.
Um diese Vorteile in die Reichweite des Maschinenbaus in KMU zu bringen, bedarf es eines Fertigungsverfahrens, mit dem es möglich ist, solche Verzweigungsstrukturen ohne große Investitionen in Anlagentechnik und in zuverlässig hoher Qualität herzustellen. An dieser Stelle setzt das Vorhaben ein, indem es die Anwendung des bereits patentierten In-Situ-Schäftens auf die Herstellung solcher Verzweigungen erweitert. Ziel ist zum einen eine geschlossene Prozesskette zur Herstellung der Verzweigungen, für die in Einzelschritten innovative Lösungen notwendig sind. Zum anderen sollen die Einflüsse der fertigungsbedingten Einschränkungen und Abweichungen von der idealen Bauteilgestalt rechnerisch und experimentell untersucht und bewertet werden. Am Ende des Vorhabens steht sowohl ein Demonstrator, am dem die Machbarkeit aller Einzellösungen nachgewiesen werden als auch dessen Herstellungsprozess.

Vorteile und Lösungen

Der durch das Forschungsinstitut geprägte Begriff „In-Situ-Schäftung“ beschreibt ein Verfahren zur monolithischen Herstellung eines Faserverbundbauteils durch die Verbindung mehrerer, nicht ausgehärteter Laminatschichten aus Prepreg. Dabei werden die zu verbindenden Laminatschichten (Lagen bzw. Lagenpakete) auf Stoß gelegt und an den Fügestellen in einem definierten Verhältnis abgestuft. Ist dieses Verhältnis ausreichend groß, verhält sich die geschäftete Struktur vergleichbar zu einem ungeschäfteten Bauteil. Im Vergleich zu bereits ausgehärteten Verbindungsstellen sind die Festigkeiten solcher In-Situ-Schäftungen wesentlich höher. In der Vergangenheit kam das In-Situ-Schäft-Verfahren bereits mehrfach zur Herstellung von ebenen Hohlprofilstrukturen im KVB zur Anwendung. Nachdem sich dieses Verfahren bereits für ebene Hohlprofilstrukturen bewährt hat, war es das Ziel des vorliegenden Vorhabens auch beliebig verzweigte, monolithische Leichtbau-Hohlprofile unter Verwendung und darauf abgestimmter Modifikation des In-Situ-Schäft-Verfahrens herzustellen. Hierzu wurden ausgeklügelte Werkzeugkonzepte und gänzlich neue Schäftungs-Strategien im Vergleich zum unverzweigten Hohlprofil entwickelt und erprobt.
Hierbei verläuft die Schäftung – neben der zur Herstellung geschlossener Hohlprofilstrukturen notwendigen Abstufung im Querschnitt – zusätzlich entlang der Längsachse der jeweiligen Verzweigung. Das zugehörige Werkzeugkonzept ist demnach so auszubilden, dass diese definierte Schäftung durch entsprechende Ablagehilfen sichergestellt werden kann. Der Schwerpunkt liegt demzufolge in der Ausführung einer zuverlässigen Schäftung und der Überführung in ein entsprechendes, ausgeklügeltes Werkzeugkonzept, wobei die Technologie grundsätzlich für beliebige Verzweigungen und Querschnittsänderungen anwendbar ist. Nach dem Fügen der Verzweigungstellen wird durch das Anlegen eines Differenzdrucks (Vakuum oder Überdruck) bewirkt, dass die jeweiligen Abstufungen gegeneinander verpresst werden und somit ein monolithisches Bauteil entsteht.

Zielgruppe und Zielmarkt

Die Zielmärkte für die Ergebnisse des angestrebten Forschungsprojektes sind breit gefächert und umfassen alle Branchen in denen verzweigte Hohlprofilstrukturen eingesetzt werden. Vorrangig wäre hier der Maschinenbau zu nennen, aber auch andere Branchen wie Sportgerätebau, maritime Anwendungen, Automotive-Sektor, Luftfahrt, Bauwesen, Chemieindustrie, Medizin- oder Messtechnik sind zum potenziellen Interessentenkreis zu zählen. Für die Verwertung der Projektergebnisse kommen dabei generell alle Unternehmen, die sich mit der Fertigung solcher verzweigten Hohlprofilstrukturen beschäftigen bzw. die Firmen, die solche Strukturen letztlich einsetzen, in Frage. Wiederum sind alle Unternehmen, die verzweigte Profile auf Basis der klassischen Preform-RTM-Verfahren (wie Flecht-, Kernauslöse- oder Differenzdruckverfahren) produzieren, als Wettbewerber zur neuen Technologie zu nennen. Diese Preformverfahren bedingen neben dem hohen Aufwand zur Preformbildung auch z.T. recht aufwändige Anlagentechnik. Hier kann die entwickelte Technologie einen erheblichen Wettbewerbsvorteil hinsichtlich der Kostenstruktur leisten, wobei das zu fertigende Teilespektrum zudem den im Stand der Technik bekannten Verfahren überlegen ist.