Ziel der Entwicklung

Logo: Induktor mit Schwingkreis, Generator und Kernmaterial, © Cetex Institut gGmbH
Induktor mit Schwingkreis, Generator und Kernmaterial, © Cetex Institut gGmbH

Ziel dieses Forschungsvorhabens war die Entwicklung einer Technologie zur Vorwärmung mehrlagiger thermoplastischer Halbzeugstrukturen, welche sowohl in den intermittierenden Prozess einer Intervallheißpresse integrierbar als auch für statische Pressen und Doppelbandpressen geeignet ist. Dabei liegt der Fokus vor allem auf einer schnellen und temperaturgenauen Aufwärmung, mit welcher der gesamte Herstellprozess beschleunigt wird.
Organobleche als flächige, dünnwandige Faserverbundkunststoffhalbzeuge werden durch das Einbetten einer Verstärkungsfaser in eine thermoplastische Kunststoffmatrix hergestellt. Die gute Umformbarkeit, das hohe Leichtbaupotential und die mechanischen Kennwerte machen die Organobleche zu einem interessanten Zukunfts-Halbzeug vor allem für die Automobilindustrie, den Luftfahrtsektor und den Schienenfahrzeugbau, aber auch für den Sportgerätebereich.
Aktuell werden zur Herstellung hauptsächlich die etablierten Verfahren mittels Doppelbandpressen und statischen Pressen genutzt. Dabei zeichnen sich auf statischen Pressen gefertigte Organobleche durch ihren hohen Imprägniergrad aus. Die Produktivität ist allerdings auf Grund der hohen Taktzeit (>20 min je Blech, da Erwärmung und Abkühlung in einem Werkzeug stattfinden) sehr gering. Durch den Einsatz einer Doppelbandpresse lässt sich ein hoher Output realisieren, da Erwärmung und Abkühlung hintereinander in einem kontinuierlichen Prozess stattfinden. Allerdings wird durch dieses Verfahren ein vergleichsweise geringer Imprägniergrad erreicht bei hohen Anschaffungskosten für diese Anlagentechnik. Die Technologie der Intervallheißpressen schließt mit ihrem intermittierenden Verarbeitungsprozess die Lücke zwischen statischer Presse und Doppelbandpresse. Mit dieser Anlagentechnologie sind hohe Imprägniergrade bei mittelmäßigem Output möglich. Allerdings ist auch hier die geringe Produktionsgeschwindigkeit ein Hindernis für eine großserientaugliche Produktion. Technisch sind hier aktuell zirka zwei m/min möglich, allerdings liegt die tatsächliche Produktionsgeschwindigkeit für vollimprägnierte Organobleche eher bei 0,5 bis 1 m/min (in Abhängigkeit der eingesetzten Materialien). Begrenzt wird die Geschwindigkeit in den Intervallheißpressen vor allem durch den kurzen Werkzeugweg von zirka ein m je nach Bauweise. Über diese Strecke findet, vergleichbar mit den statischen Pressen, Erwärmung und Abkühlung innerhalb eines semi-geschlossenen Werkzeugs statt. Das zu verarbeitende Material sowie die Trennbleche werden mit Einlauf in das Werkzeug schlagartig von Raumtemperatur auf Verarbeitungstemperatur erwärmt. Das schlagartige Erwärmen des einlaufenden Materials hat nicht nur negative Auswirkungen auf die Materialqualität und Energieeffizienz, sondern ist auch beschränkender Faktor für die Prozessgeschwindigkeit. Um bei höheren Geschwindigkeiten trotz kurzem Werkzeugweg genug Wärme in das Material einbringen zu können, muss das Werkzeug übertemperiert werden. Dies kann aber dazu führen, dass der Kunststoff an der Oberfläche bereits Zersetzungstemperatur erreicht, während der Kern noch unterhalb der Schmelztemperatur liegt. Somit lassen sich bei großserientauglichen Geschwindigkeiten keine qualitativ hochwertigen Organobleche mit Imprägniergraden >98 Prozent mehr herstellen.

Vorteile und Lösungen

Für die Lösung des oben genannten Problems wurden zunächst mehrere gängige Erwärmungsverfahren (darunter unter anderem Infrarot und Kontaktheizung) miteinander verglichen. Als besonders effizient hat sich dabei die Technologie der induktiven Erwärmung herauskristallisiert, welche im Bereich der Organoblechherstellung bisher unbeachtet blieb und die ihren Anwendungsbereich eher in der metallverarbeitenden Industrie hat, zum Beispiel zur Oberflächenhärtung. Dieses Verfahren bietet die Möglichkeit der kontaktlosen Erwärmung innerhalb eines kurzen Zeitbereichs. Dadurch werden sowohl die Trennbleche als auch die zu erwärmenden Materialien geschont. Bei der induktiven Erwärmung an der Intervallheißpresse werden die Trennbleche mittels eines hochfrequent schwingenden elektromagnetischen Feldes erwärmt, vergleichbar mit einem Induktionsherd. Die Bleche geben die entstehende Wärme anschließend über Materialkontakt und Wärmeleitung weiter bis zum Materialkern. Für die Auslegung des Induktors wurde im Vorfeld mittels mehrschleifiger FEM-Analysen und Überprüfung auf Basis eines einfachen Versuchsstands ein Induktionswerkzeug entwickelt, welches für den Einsatz an der Intervallheißpresse geeignet ist. Dadurch konnte die angestrebte Erwärmung des Faserkunststoffverbundes vor dem Werkzeugeinlauf bis knapp unterhalb der Schmelztemperatur erreicht werden. Das Material beginnt somit sofort bei Einlauf in das Pressenwerkzeug aufzuschmelzen und zu fließen. Mittels Schliffbildern konnte der qualitative Nachweis einer nahezu vollständigen Imprägnierung erbracht werden.

Zielgruppe und Zielmarkt

Zur Zielgruppe für die wirtschaftliche Verwertung der im Projekt entwickelten induktiven Vorwärmtechnologie zählen alle Anwender der Intervallheißpressentechnologie. Aber auch für Anwender von Doppelbandpressen ist diese Technologie interessant. Die Umsetzung kann sowohl durch die Nachrüstung bereits bestehender Anlagen als auch durch die Ausrüstung von Neuanlagen erfolgen. Da sowohl Intervallheißpressen als auch Doppelbandpressen einen sehr breiten Einsatzbereich abdecken (Holz, Kunststoff, Lebensmittel, Papier usw.), ergibt sich eine sehr große Zielgruppe, in welcher die induktive Vorwärmung künftig eingesetzt werden könnte. Hauptzielgruppen sind die gesamte Faserverbundkunststoffindustrie, die Automobilindustrie sowie der Luftfahrtsektor.