Ziel der Entwicklung

Logo: Abb. 1: Kraftmessring
Abb. 1: Kraftmessring

Bei der industriellen Fertigung moderner Produkte werden zu einem erheblichen Anteil für die Formgebung Bohr-, Fräs-, Reib- und Schleifwerkzeuge eingesetzt, um eine präzise Formgebung und Maßhaltigkeit am bearbeiteten Werkstück zu erreichen. Daraus leiten sich unterschiedliche Anforderungen an den Zerspanprozess ab. Oberstes Ziel ist dabei die Sicherstellung einer gleichbleibenden Qualität hinsichtlich Form, Oberflächenbeschaffenheit und Maßhaltigkeit der gefertigten Produkte. Dem entgegen steht die Forderung, möglichst schnell und effektiv bei geringem Energieeintrag in das Werkstück die Zerspanung vorzunehmen. Ein Ansatz ist hierbei die parallele Zerspanung von Bohrungen wie Frästaschen oder sonstigen geometrischen Formen bei vorgegebener Bohr- bzw. Fräsmaske, indem ein Mehrspindelbohrkopf gleichzeitig mehrere Zerspanungswerkzeuge antreibt und diese parallel zerspanen, wodurch ein mehrfach höheres Zerspanvolumen und damit verbundene mehrfache Taktzeitverkürzung erreicht wird. Die Zerspanungsparameter wie Schnittgeschwindigkeit, Zahnvorschub und Drehmoment sind abhängig von der Zerspanungsaufgabe und nicht beliebig frei wählbar. Das heißt, abhängig vom Werkstoff des Werkstücks und der Schneidengeometrie des ausgewählten Zerspanungswerkzeugs sind diese Zerspanungsparameter innerhalb eines vom Werkzeughersteller empfohlenen Bereichs zu betreiben.
Aus den technischen Anforderungen einer prozesssicheren parallelen Zerspanung unter Einsatz eines Mehrspindelbohrkopfs leitete sich die Zielstellung des FuE-Projekts ab. Beim industriellen Zerspanprozess unter Anwendung von Mehrspindelbohrköpfen ist mit Hilfe einer Axialkraftüberwachung je Spindel und übergeordneter Signalerfassungs- und Auswerteeinheit der Kraftverlauf mehrkanalig zu erfassen und gegenüber der verfahrenstechnisch erlaubten Betriebskennlinie des Kraft-Weg- beziehungsweise Kraft-Zeit-Verlaufes mittels eines Toleranzbandes zu überwachen und zu regeln. Werden die erlaubten Kennfelder des Verlaufs der Axialkraft beim Zerspanprozess nicht erreicht oder unter-/ überschritten, so erfolgt über die Maschinensteuerung der sofortige Eingriff in den Zerspanprozess und die Maschine stoppt.
Im Rahmen des Projektes wurde in mehreren Schritten die Entwicklung und Realisierung von Messlösungen zur Erfassung von axial wirkenden Kräften umgesetzt. Die realisierte Grundlösung ist in dem begrenzten Bauraum von Mehrspindelbohrköpfen untergebracht und gestattet es wechselwirkungsfrei und ohne nennenswerte mechanische wie elektrische Störeinflüsse robust die axialen Kraftverläufe jeder einzelnen Spindel zu erfassen und auszuwerten sowie über die Maschinensteuerung die notwendigen Prozessabläufe zu generieren.

Vorteile und Lösungen

Im Ergebnis des FuE-Vorhabens sind modulare elektronisch – mechanischen Grundlösungen geschaffen worden, um axiale Kraftmessungen mittels Dehnmessstreifen (DMS) an den einzelnen Spindeln eines Mehrspindelbohrkopfes durchführen zu können. Auf speziellen Verformungskörpern sind entsprechend entwickelte Dünnschicht-Strukturen aufgebracht worden. Diese elektro-mechanischen Kraftmessanordnungen sind in den Mehrspindelbohrköpfen zur fertigungsbegleitenden Prozessüberwachung der Axialkräfte bei der Zerspanung implementiert worden.
Anhand eines Demonstrators wurde die grundlegende Eignung und Funktionsweise zur Nutzung und erfolgreichen Implementierung eines Axialkraftmesssystems an der Werkzeugspindel als Demonstrator zur Überwachung des Zerspanprozesses nachgewiesen, wobei Werkzeugversagen und Werkzeugverschleiß sicher während der Online-Prozessüberwachung detektiert worden.

Zielgruppe und Zielmarkt

Die Marktsituation ist im Hinblick auf die sich abzeichnenden strukturellen Veränderungen, bedingt durch die Elektromobilität, genau zu beobachten. Es ist damit zu rechnen, dass bei einer Verdrängung des Verbrennungsmotors durch elektrische Kraftfahrzeugantriebe ein geringerer Bedarf an Bohrwerkzeugen, insbesondere Mehrspindelbohrköpfen besteht. Hier kann durch die Anpassung des technischen Prinzips der entwickelten Lösung zur Einzelspindelüberwachung an Mehrspindelbohrköpfen auf andere Anwendungsfelder beziehungsweise Werkzeugtypen gegengesteuert werden. Durch die Verzahnung der industriellen Produktion mit moderner Informations- und Kommunikationstechnik (Industrie 4.0) werden sich im Hinblick auf den Ergebnistransfer der Entwicklungslösung in den nächsten Jahren weitere Möglichkeiten anbieten.