Ziel der Entwicklung

Logo: Probe aus Stahl mit Isolationsschicht und konturführenden Heizleiter in 3D © Kunststoff-Zentrum in Leipzig gGmbH
Probe aus Stahl mit Isolationsschicht und konturführenden Heizleiter in 3D © Kunststoff-Zentrum in Leipzig gGmbH

Die stetig wachsende Zahl an Kunststoffformteilen sowie die zunehmende Funktionsintegration fordern eine konsequente Weiterentwicklung der Fertigungstechniken und Materialien in der kunststoffverarbeitenden Industrie und im Werkzeugbau. Diese steigenden Forderungen an die Bauteilentwicklung und -fertigung sind der Antrieb für ständige Innovationen, da bisher vorhandene und zuverlässige Technik an Grenzen stößt. Dem gegenüber stehen stetige Verkürzungen der Fertigungs- und Entwicklungszeiten, die insbesondere in den letzten Jahren im Spritzgießwerkzeugbau abgefordert wurden. Für die Fertigung hochpräziser technischer Kunststoffteile mit gleichbleibendem Qualitätsstandard sowie die Übernahme von Zykluszeitgarantien, die immer häufiger in die Werkzeugspezifikationen einbezogen werden, sind kostensparende Temperiertechniken und eine Optimierung des Wärmehaushaltes im Spritzgießwerkzeug von großer Bedeutung. Insbesondere neue Technologien bei der Fertigung von Werkzeugbauteilen helfen bei der Erfüllung der oben genannten Forderungen. Im konventionellen thermoplastischen Spritzguss wird üblicherweise mit einer konstanten Werkzeugtemperatur gearbeitet. Der Einsatz einer Dünnschichtheizung ermöglicht es, bewährte Temperiermethoden zu optimieren und unterschiedliche Temperierverfahren sinnvoll zu kombinieren. Ziel des Projektes ist es, eine technisch/technologische Lösung zur direkten Beheizung der Kontaktfläche der Werkzeugwandung zur Kunststoffschmelze zu entwickeln. Hierzu sollen neuartige Beschichtungs- und Strukturierungsverfahren einen neuen Ansatz zur Realisierung von Dünnschichtheizelementen bieten. Ein wichtiger Aspekt der Untersuchungen ist der Nachweis der Praxistauglichkeit der entwickelten Temperiermöglichkeit für Spritzgussanwendungen. Das aktive Temperierelement soll aus einem Dünnschichtaufbau bestehen, der nur regional, beziehungsweise konturführend, das Spritzgießwerkzeug temperiert.
Ein weiteres Ziel ist die positive Beeinflussung der Formteileigenschaften von spritzgegossenen teilkristallinen Kunststoffformteilen um durch gezielte Abkühlung eine optimale Kristallisation während der Erstarrung zu erreichen. Die Beeinflussung soll innerhalb einer variothermen Prozessführung ohne Verlängerung der Zykluszeit stattfinden. Es soll eine definierte Abkühlung durch den Wärmeentzug des tieferliegenden Werkzeugaufbaus und der geregelten Wärmezufuhr am Dünnschichtheizelement gesteuert werden können. Dazu sollen die Parameter des Fertigungsverfahrens (Morphologie, Oberflächengüten, Maßhaltigkeiten, Wärmebehandlung) und ihr Einfluss auf die Einsatzmöglichkeiten und Standfestigkeiten der Formeinsätze in einem Spritzgießwerkzeug erforscht werden. Ein wichtiges anwendungstechnisches Ziel ist die simulationstechnische Nachbildung des variothermen Spritzgießprozesses, um zukünftige Entwicklungen bereits in der Konstruktionsphase zu unterstützen.

Vorteile und Lösungen

Gemeinsam mit den Firmen INNOVENT und GFE werden die neuartigen Verfahren für einen mehrfach funktionalisierten Schichtaufbau mit Strukturierung eines Heizleiters mittels Laser angewandt. Dabei liegt bei der Entwicklung des Schichtaufbaus der Fokus auf dem Anwendungsgebiet der Heizschicht verbunden mit dem Einsatz in einem Spritzgießwerkzeug für thermoplastische Kunststoffe. Über eine Vielzahl im Aufbau verschiedener Schichtsysteme, wird ein Multilayersystem der Heizschicht als finalisierte Beschichtungsvariante herausgearbeitet. Das Stahl-Substrat wird im ersten Schritt mit einer im Sprühverfahren aufzutragenden Sol-Gel-Schicht aus Aluminiumoxid als Isolierschicht beschichtet. Die Sprühapplikation bietet dabei den Vorteil, dass auch mehrere Schichten nass in nass übereinander aufgetragen werden können. Die notwendige Viskosität wird mit Isopropanol eingestellt. Nach dem Auftragen erfolgt eine stufenweise thermische Härtung der Sol-Gel-Schicht. Im weiteren Prozess wird die Isolierschicht mit einer materialbezogen identischen und schwarz eingefärbten Schicht überzogen, wobei diese zweite Schicht einen geeigneten Absorber für einen Laserstrahl enthält. Diese dient zur lasergebundenen Strukturierung der Heizleitergeometrie. Zusätzlich wird die Oberfläche mit einer laserstrukturierbaren organischen Maskierung versehen, um im nachfolgenden Verkupferungsprozess eine ausschließliche Metallisierung im gelaserten Bereich zu erzeugen. Durch den Farbunterschied der einzelnen Schichten kann dabei die Qualität des Laserabtrags unter anderem optisch bewertet werden. Die Metallisierung der gelaserten Struktur erfolgt mittels Kaltplasmaspritzen. Zwei Spritzvorgänge reichen aus, um das Kupfer in einer gut leitenden dünnen Heizleiterschicht abzuscheiden. Dabei gehen die Kupferpartikel eine ausreichend gute Haftfestigkeit mit der gelaserten Heizleiternut ein. Während des Plasmaprozesses schützt die Maskierung, welche am Ende abgezogen wird, die nicht zu beschichtenden Bereiche des Heizelementes. Als Hochleistungsverschleißschutzschicht wird ein vergleichsweise einfaches Schichtsystem in Monoblockstruktur eingesetzt. Die Schutzschicht wird mittels PVD-Verfahren als extrem harte, verschleißfest und gut wärmeleitfähige Schicht gefertigt und besitzt dadurch eine sehr gute Eignung für die Anwendung im Spritzgießverfahren.

Zielgruppe und Zielmarkt

Die gesamte Ablaufkette der Kunststoffverarbeitung wird von der Herstellung der Rohstoffe bis zur Herstellung der Formteile von thermischen Prozessen bestimmt. Die Temperierung und Kühlung hat durch die harten Bedingungen im globalen Wettbewerb einen hohen Stellenwert erhalten. Innovative, den Wettbewerbsvorsprung sichernde Produkte in neuen Anwendungsbereichen erfordern prozessoptimierte Temperierverfahren. Ständig steigende Kosten für Energie und Rohstoffe verlangen vom Verarbeiter ein übergreifendes Energiemanagement mit optimierten Heiz- und Kühlkonzepten für seinen Gesamtbetrieb. Die Anforderungen werden immer komplexer, und wirtschaftlich vertretbare Lösungen müssen die gesamte Prozesskette von der Rohstofferzeugung bis zur Fertigung des Formteils unter Einbeziehung spezialisierter Partner abbilden. Darüber hinaus sorgen Themen wie Klimawandel, CO2-Ausstoß, Energieeffizienz sowie die Themen Rohstoffkosten und internationaler Wettbewerb für einen stetigen Wandel bei Produkteinsatz und bei Applikationen. Die Marktsituation auf dem Gebiet der Kunststoffverarbeitung ist durch kontinuierlich steigende Umsätze gekennzeichnet. Diese Entwicklung in der Kunststoffverarbeitung wird vor allem durch innovative Produkte in den Bereichen der Automobilindustrie, der Medizintechnik und der Elektro- und Elektronikindustrie vorangetrieben. Dabei ist zu beobachten, dass diese Innovationen in den letzten Jahren deutlich zu den Umsatzsteigerungen und zu der Wettbewerbsfähigkeit dieser Branchen beitragen und damit auch eine standortsichernde Funktion erfüllen. Man kann davon ausgehen, dass durch die verbesserte Nutzung des Werkstoffpotentials des Kunststoffes, wachsende Funktionsintegration und Miniaturisierung, Ressourcen schonende Konstruktion und Fertigung sowie der Forderung nach wirtschaftlichen Fertigungsprozessen mit flexibler Ausbringung neue Anforderungen an die Werkzeugtechnik und Temperierung entstehen. Daraus resultiert die Notwendigkeit innovative Temperierverfahren und -techniken zu entwickeln, da hier konventionelle Methoden oftmals versagen.
Die Entwicklung verfolgt drei wesentliche Aspekte:
1. Die Optimierung des Füllprozesses der Werkzeugkavität mit positiven Aspekten hinsichtlich Verbesserung der Oberflächenqualität in der Abformung und einer Zykluszeitverkürzung bei variothermer Prozessführung
2. Die Verbesserung der mechanischen Eigenschaften von Kunststoffformteilen durch Beeinflussung des Kristallisationsgrades durch gezielte Abkühlung bei der Spritzgussfertigung und
3. Ein erheblich verminderter Energieeinsatz bei der Werkzeugtemperierung.
Eine positive Beeinflussung der Formteilqualität bei homogener Temperaturverteilung an der Werkzeugwand erzielt ebenfalls bei der Fertigung anspruchsvoller Formteile einen wirtschaftlichen Effekt, zum Beispiel Reduktion von Verzug. Mögliche Einsatzgebiete sind technologische Verfahren bei dem ein temperiertes Verarbeitungswerkzeug benötigt wird, wie beispielsweise
Spritzguss:
- Werkzeugtemperierung
- Heizelemente in Plastifiziereinheiten
- intelligentes Spritzgießwerkzeug (Industrie 4.0-Anwendung)
- Polyurethantechnik - Werkzeugtemperierung
- Thermoformen - Werkzeugtemperierung
- Laminieren von Glasfasergeweben
Denkbar ist auch der Einsatz des Dünnschichtheizelementes zum schnellen Temperieren von Heißprägewerkzeugen oder auch zum Beheizen von schmelzeführenden Kanälen im Heißkanal.
Zielmärkte:
- Kunststoff verarbeitende Firmen mit Technologieschwerpunkt: Spritzguss
- Werkzeugbau für den Spritzguss
- Branchen: Automobil-, Elektro- und Medizinindustrie, Luft- und Raumfahrt, Energieindustrie, Sportgeräte, Konsumerindustrie
Der Einsatz und die Vermarktung des Verfahrens, welches im Rahmen dieses Projekts entwickelt wurde, soll durch das Kunststoff-Zentrum in Leipzig (KUZ) vorrangig in Deutschland erfolgen. Im Rahmen des Technologietransfers werden die Projektergebnisse Herstellern von Spritzgießformteilen vorgestellt. Außerdem wird der Antragsteller an potenzielle Werkzeugbauer herantreten und die Lösung als Möglichkeit der Temperierung von Spritzgießwerkzeugen vorstellen. Zur Vorstellung der Projektergebnisse gehören Vorführungen des Versuchsaufbaus und die Erarbeitung von Präsentationsmaterialien, die das Verfahrensprinzip mit ihren Vorteilen und dem daraus resultierenden Nutzen herausstellen. Darüber hinaus sollen durch verschiedene Aktivitäten der Öffentlichkeitsarbeit weitere Interessenten gewonnen werden. Hierzu zählen Publikationen in Fachzeitschriften, Veröffentlichungen des Forschungsthemas und der Ergebnisse über die Homepage das KUZ, auf Fachtagungen, Konferenzen, Messen und in der Aus- und Weiterbildung. Insbesondere bei der Qualifizierung von Fachkräften und potentiellen Anwendern aus der Industrie ergeben sich weitere Möglichkeiten für einen erfolgreichen Technologietransfer.