Ziel der Entwicklung

Logo: Automatisches Layout der Montageplatte eines Schaltschrankes mit elastischer Anpassung des Kabelkanalgerüstes, © GFaI Gesellschaft zur Förderung angewandter Informatik e. V.
Automatisches Layout der Montageplatte eines Schaltschrankes mit elastischer Anpassung des Kabelkanalgerüstes, © GFaI Gesellschaft zur Förderung angewandter Informatik e. V.

Die Automatisierung von Fertigungsprozessen stellt vielfältige spezifische Designanforderungen, auf die flexibel reagiert werden muss. Ziel des Projektes BELA ist somit die Bereitstellung eines hocheffektiven Design-Tools für die automatische dynamische Bestückung und Dimensionierung von Schaltschränken. Über ein Interface können die in dem Tool integrierten Layout-Verfahren verschiedenen Electronic Computer-aided Design-Systemen (ECAD) zugänglich gemacht werden.

Vorteile und Lösungen

Das Projekt BELA besteht aus zwei Säulen: Der Entwicklung von Layout-Algorithmen und der Entwicklung des sogenannten "BELA-Editors". In einem ersten Schritt wird die Entwicklung der Layout-Algorithmen erläutert: Im Wesentlichen soll das Layout auf der Montageplatte unterstützt werden. Auf der rechteckigen Montageplatte werden die elektrischen Betriebsmittel auf Halteschienen befestigt. Für die Verkabelung zwischen den Betriebsmitteln beziehungsweise zu den Außenanschlüssen werden auf der Montageplatte Kabelkanäle montiert. Die Kabelkanalgerüste weisen für verschiedene Anwendungsgebiete typische Strukturen auf. Ein wesentlicher Ansatz des Projektes ist die Nutzung von Pattern, ein Kabelkanalgerüst, welches eine verbindliche Struktur-Vorlage des individuell zu konstruierenden Kabelkanalgerüstes darstellt. Dagegen ist die Positionierung und Dimensionierung der einzelnen Kabelkanäle und Halteschienen im Pattern nicht verbindlich. Das vollständige Layout des Kabelkanalgerüstes muss aus der konkreten Layout-Aufgabe abgeleitet werden. Dabei sind insbesondere die Menge der zu platzierenden Betriebsmittel sowie die gewünschte Abmessung der Montageplatte zu berücksichtigen. Bei den Betriebsmitteln sind zum Beispiel ihre Anzahl, ihre Abmessungen und die Montierbarkeit auf den Halteschienen zu beachten. Der algorithmische Ablauf des Layouts unterteilt sich in mehrere Schritte: Als erstes erfolgt die Iteration. Hier wird über verschiedene Schaltschranktypen und verschiedene Pattern iteriert. Bei größeren Anlagen wird noch über die Anzahl der Schaltschränke iteriert. Als nächstes erfolgt eine Strukturanalyse, in welcher das vorliegende Pattern wird geometrisch analysiert wird. In diesem Prozess wird der Strukturbaum generiert. Dieser ist eine Art Strukturformel des Pattern und stellt eine wichtige Grundlage für die weiteren Layout-Schritte dar. Anschließend erfolgt die erste Pattern-Reduktion. Falls im Pattern enthaltene Halteschienen durch keine der vorgegebenen elektrischen Betriebsmittel nutzbar sind, vereinfacht das Verfahren das gegebene Pattern strukturell. Durch die Möglichkeit der Reduktion sind die einzelnen Pattern flexibler anwendbar. Im nächsten Schritt der Partitionierung findet die Zuordnung der elektrischen Betriebsmittel zu den einzelnen Facetten beziehungsweise Halteschienen statt. Dabei werden die Montierbarkeit der Betriebsmittel sowie Affinitäten oder Unverträglichkeiten zwischen den Betriebsmitteln beachtet. Es folgt die zweite Pattern-Reduktion, falls die erzielte Partitionierung nicht allen Halteschienen Betriebsmittel zuordnet. Im Schritt der Platzierung werden alle elektrischen Betriebsmittel, die einer Halteschiene zugeordnet wurden, auf dieser entwurfsregelgerecht aufreiht. Danach wird das bestückte Pattern zunächst mit minimaler Ausdehnung dimensioniert. Falls dieses Minimal-Layout in den vorgegebenen Schaltschrank passt, wird es gefittet. Es wird durch eine elastische Verformung auf die Größe der Montageplatte ausgedehnt. Für die Dimensionierung ist der zuvor erstellte Strukturbaum des Pattern die wesentliche Datenstruktur. Flankierend zu den einzelnen Layout-Schritten müssen im Projekt auch mathematische Untersuchungen für die Regularisierung und Dimensionierung der Pattern vorgenommen werden, deren Resultate für die Algorithmen-Entwicklung notwendig sind: In Voruntersuchungen wurden die zugelassenen Pattern auf die Klasse der reguläre Pattern eingeschränkt. Das sind solche, die sich mittels zweier geometrischer Operationen aus Kabelkanäle und Facetten zusammensetzen lassen. Es gibt jedoch praktisch relevante Pattern, die nicht regulär sind. Daraus ergab sich die Frage, ob man die Operationenmenge durch einfache geometrische Operationen erweitern kann. Die mathematischen Untersuchungen im Verlaufe des Projektes ergaben jedoch, dass dies prinzipiell nicht möglich ist. Deshalb wurde ein Verfahren zur Regularisierung von Pattern entwickelt. Für die Dimensionierung des bestückten Pattern wurde nachgewiesen, dass es durch lineare Gleichungssysteme beschrieben werden kann. Es ist geplant, durch Relaxation des strengen Dimensionierungsproblems ein Problem der Linearen Programmierung (LP) zu gewinnen. Das LP-Problem kann man leicht um eine Reihe weiterer technologischer Nebenbedingungen erweitern. In einem zweiten Schritt wird die Entwicklung des BELA-Editors erläutert. Dieser stellt ein Mini-CAD-System dar, welches auf das Design von Schaltschränken spezialisiert ist. Es erfüllt im Wesentlichen folgende Aufgaben: Die Unterstützung beim manuellen Entwurf von Pattern, die visuelle Darstellung von Layout-Aufgaben und ihren Lösungen, die Erstellung und Pflege von Bibliotheken, die Beschreibung von Schaltschrankelementen sowie die Unterstützung eines interaktiven Designs der Montageplatte.

Zielgruppe und Zielmarkt

Die Schaltschränke sind die Steuerzentralen moderner elektrotechnischer Anlagen und Produktionseinrichtungen. Sie sind zum Beispiel für die Steuerung von Fertigungshallen, Gebäudetechnik, Energiesystemen, Bergwerksanlagen, Betrieben der Wasserwirtschaft, Transportsystemen sowie von landwirtschaftlichen Großbetrieben erforderlich. Deshalb bildet der Schaltschrankbau ein beachtliches Marktsegment. Viele der entsprechenden Anlagenbauer, darunter auch kleine und mittelständische Unternehmen, entwerfen und produzieren selbst die für ihre Anlagen erforderlichen Schaltschränke. Es gibt aber auch eine große Zahl von kleinen und mittelständischen Unternehmen, die sich auf den Schaltschrankbau spezialisiert haben. Die genannten Betriebe können nach Anbindung des BELA-Editors an ihre spezifischen Datenstrukturen von den Ergebnissen des Projektes profitieren, insbesondere vom Pattern-Konzept, der Funktion des elastischen Dimensionierens als auch von der hohen Performance des gesamten automatischen Layouts. Damit können im Design-Prozess für Schaltschränke erhebliche Produktivitätssteigerungen erzielt werden.