Ziel der Entwicklung

Logo: Aufnahme des NIR-Spektrums einer PET-Flasche über der Ulbricht-Kugel © Versuchs- und Lehranstalt für Brauerei in Berlin (VLB) e.V.
Aufnahme des NIR-Spektrums einer PET-Flasche über der Ulbricht-Kugel © Versuchs- und Lehranstalt für Brauerei in Berlin (VLB) e.V.

In der Getränkeindustrie werden Rohstoffe, Zwischen- und Endprodukte umfangreichen Analysen unterzogen, um eine gleichbleibend hohe Produktqualität sicher zu stellen. Eine regelmäßige Wareneingangskontrolle der eingesetzten Packmittel und Packhilfsmittel erfolgt jedoch nur in wenigen großen Betrieben. Diese Situation ist nicht zuletzt dadurch bedingt, dass für die einzelnen Packmittel jeweils verschiedene, teils sehr aufwändige Apparaturen erforderlich sind, um die entsprechenden Messgrößen zu ermitteln.
Ziel dieses Forschungsvorhabens war daher die Entwicklung anwenderfreundlicher Messverfahren für einige wichtige Charakteristika verschiedener Pack- und Packhilfsmittel mit einem einzigen Gerät. Dieses wurde durch die Entwicklung chemometrischer Modelle für die einzelnen Parameter anhand der Nahinfrarotspektren der jeweiligen Packmittel angestrebt. Die darauf basierenden Kalibrierungen ermöglichen so eine multifunktionale Qualitätskontrolle von Getränkeverpackungen mit einem Nahinfrarot-Spektrometer.

Vorteile und Lösungen

Die Einführung einer solchen multifunktionalen Qualitätskontrolle seitens der Getränkeabfüller wird mit dem Ziel einer Erhöhung von Ausstattungs- und Produktqualität erwartet, was letztlich auch einen positiven Einfluss auf die Kundenzufriedenheit des Endverbrauchers haben dürfte.
So können beispielsweise Klebstoffe für die Nassetikettierung von Getränkebehältern bei schwankender Zusammensetzung zu Problemen in der Verarbeitung führen. Es kann zu nur teilflächig haftenden Etiketten ("Eselsohren") kommen, die auch von der nachfolgenden automatischen Ausstattungskontrolle nicht erkannt werden und ins Vollgut gelangen können. Auf der anderen Seite können so genannte "Leimnasen" auftreten, was bedeutet, dass der Klebstoff unter dem Etikett an der Flasche herunterläuft, was bis zum Flaschenboden gehen kann. Im Mehrwegbereich kann dies gegebenfalls auch Einfluss auf die Flaschenreinigung haben, da vielfach eine Verschlechterung der Etikettenablösung in der Flaschenreinigungsmaschine mit steigendem Anteil synthetischer Polymere im verwendeten Klebstoff vermutet wird.
Mit Anwendung der im Projekt entwickelten NIR-Schnellmethoden für Festkörper-, Stärke- und Stickstoffgehalt kann der Verwendung eines nicht dafür vorgesehenen Klebstoffes vorgebeugt werden. Dafür ist nur eine einzige Spektralaufnahme notwendig, aus deren Daten über die entwickelten NIR-Modelle die Werte für die verschiedenen Messgrößen berechnet werden. In der herkömmlichen Analytik müssten diese Werte einzeln nasschemisch beziehungsweise gravimetrisch durch Erfassung des Gewichtsverlustes nach definierter Trocknung (Festkörpergehalt) bestimmt werden, was bedeutend mehr Zeit und Arbeit in Anspruch nimmt und darüber hinaus gewisse Vorkenntnisse erfordert.
Bei PET-Flaschen werden im Sinne der Erhaltung der Produktqualität verschiedene Verfahren zur Verbesserung der Gasbarriereeigenschaften eingesetzt, deren Bestimmung zwar wünschenswert wäre, in den Abfüllbetrieben aber in der Regel nicht durchgeführt wird, da hierfür komplizierte Analysetechniken benötigt werden. Für zugesetzte Additiv-Polymere in Form von Blends oder Multi-Layern kommt in Speziallaboren Differential Scanning Calorimetry (DSC) zum Einsatz, während für Innenbeschichtung mit amorphem Kohlenstoffauf Rutherford-Rückstreu-Spektroskopie (RBS) oder Elastische Rückstreuanalyse mit hochenergetischen Schwerionen (ERDA) zurückgegriffen wird. Ohne Kontrolle der Gasbarriere im Abfüllbetrieb können Flaschenchargen mit zu geringer Barrierewirkung im abgefüllten Produkt zu Kohlensäureverlusten führen oder Sauerstoffeintrag durch die Flaschenwand zu oxidativen Produktschädigungen führen. Um dies zu vermeiden, haben die Abfüller nun die Möglichkeit, eine im Vorhaben entwickelte NIR-Schnellmethode zur quantitativen Bestimmung des häufig verwendeten Barriere-Additivs MXD6 zu nutzen. Für die Innenbeschichtung von PET-Flaschen mit amorphem Kohlenstoff (Actis-Verfahren) steht nun ebenfalls eine NIR-Methodik zur überprüfung der Funktionalität der Beschichtungsaggregate anhand doppelt beschichteter Flaschen zur Verfügung, die im Getränkebetrieb vor Ort ohne Vorkenntnisse durchgeführt werden kann.

Zielgruppe und Zielmarkt

Gemäß der Zielsetzung der Entwicklung einer multifunktionalen Wareneingangskontrolle von Pack- und Packhilfsmitteln für die Getränkebranche stehen vor allem Brauereien und Mineralbrunnen sowie Hersteller von Erfrischungsgetränken und Fruchtsäften als potenzielle Interessenten im Focus. Hier wird bei rund 220 Betrieben ein Marktpotenzial gesehen. Langfristig wird eine Lizenzvergabe für die entwickelten NIR-Methoden an ein Viertel dieses potenziellen Abnehmerkreises angestrebt, womit neben dem internen Umsatz bei der durchführenden Forschungsstelle in den meisten Fällen ein weiterer externer Umsatz beim Hersteller der Spektrometer zu erwarten ist. Mittelfristig wird für die ersten fünf Jahre nach Projektabschluss von einem Verkauf von vorerst zirka 30 Lizenzen ausgegangen.
Hinsichtlich der Wettbewerbssituation lässt sich sagen, dass die eigentliche Konkurrenz in der Fremdvergabe der Untersuchungen an Auftragslabore besteht, die mit Probenahme, Probenversand und erheblichen Verzögerungen der Ergebnisse verbunden ist.
Eine Erweiterung des Umfangs der NIR-Methoden über den Verpackungsbereich hinaus, zum Beispiel auf die Kontrolle von Getränkegrundstoffen, wichtige Malzparameter oder Reinigungs- und Desinfektionsmittel, könnte weiteres Potenzial eröffnen.
Noch ein interessanter Ansatz ergab sich im Verlauf des Vorhabens im Kontakt mit Herstellern von PET-Preforms: es besteht hier offenbar Interesse an einer Möglichkeit, die Dosierung der Additiv-Granulate zum PET-Granulat im laufenden Herstellprozess oder zumindest an der Linie kontrollieren zu können.