Ziel der Entwicklung

Logo: Vergleich herkömmliche Titanweiß-Schicht (links) versus neue flüchtige Matt- Schicht (rechts) am Beispiel Motorblock
Vergleich herkömmliche Titanweiß-Schicht (links) versus neue flüchtige Matt- Schicht (rechts) am Beispiel Motorblock

Um nicht kompatible Objektflächen messtechnisch aufzubereiten, haben sich in der optischen 3D-Digitalisierung technischer Objekte weiße Mattierungsmittel, beispielsweise auf TiO2-Basis, etabliert. Diese Methode der Mattierung wird für hauptsächlich optische Triangulationsverfahren eingesetzt und lediglich für Prüflinge geeignet, bei denen keine besonderen Reinheitsanforderungen bestehen. Das Entfernen der Weißbeläge nach dem Messprozess ist oft aufwändig. Bei sensiblen Oberflächen sind irreversible Schäden, unter anderem durch Kontamination, Abrasion oder Korrosion, unvermeidlich. Auch ist ein Anwenden der permanenten Mattierungsmittel für hochauflösende Strukturmessungen an Präzisionsflächen und deren Mikrogeometrien ist nicht zielführend. Bedingt durch die relativ unregelmäßigen dicken Weißschichten mit großer Granularität treten beträchtliche Messverfälschungen auf. Alternativen hierfür stehen dem Anwender nicht zur Verfügung. Erkennbar ist aus dem Stand der Technik das große bisher nicht erschlossene Nutzungspotenzial chemischer Verbindungen für gezielte reversible Oberflächenmodifikationen. Einige dieser Substanzen werden bereits in der Kunststoffherstellung, Kosmetika und Drucktechnik eingesetzt. Eine Verarbeitung abdampfbarer und ablösbarer Feststoffe zu rückstandsfrei entfernbaren Schichtüberzügen mit messkompatiblen Eigenschaften ist bis dato nicht erfolgt. Ziel war im FuE-Projekt die Erzeugung messfähiger Oberflächen und die damit verbundene Leistungsverbesserung existierender optischer Mikromesstechnik durch Entwicklung rückstandsfrei entfernbarer Messschichten und nichtinvasiver Beschichtungsverfahren für optisch schwer erfassbare Mikro- und Makrogeometrien. In Ergänzung zu kreidebasierten Mattierungstechniken der optischen Digitalisierung (Triangulationsverfahren) werden flüchtige Feststoffe bezüglich ihrer Schichtbildung und Reflexionsvermögens erforscht. Anschließend sollen Rezepturen entwickelt und Auftragstechniken für optische Form- und Konturmessungen auf Oberflächen qualifiziert werden.

Vorteile und Lösungen

Durch die Eigenschaften der flüchtigen Schichtüberzüge wie diffuse Reflexion, chemische Inertheit und gesundheitliche Unbedenklichkeit eröffnen sich sowohl für Entwickler und Anbieter von Sensorik als auch für Anwender in produzierenden Unternehmen und Forschungsinstituten neue Möglichkeiten der optischen Detektion. Die entwickelten Mittel leisten einen wesentlichen Beitrag bei der Vermessung von Objekten, in dem Messflächen mit glänzenden, spiegelnden, absorbierenden und transparenten Eigenschaften optisch vorbereitet werden.
Die entwickelten temporären Reflexionsschichten sind insbesondere für wertintensive filigrane Strukturbauteile und große Flächenbauteile sowie für Messräume mit Reinheitsanspruch einsetzbar, da finale Prozeduren zur Reinigung von Messobjekten entfallen. Der Anwendungsbereich der reversiblen Beschichtungslösungen wird insbesondere in den Industriezweigen gesehen, die schwer messbare Komponenten mit hoher Oberflächengüte in flexiblen Serien oder als Prototypen fertigen. Besonders in den Bereichen Automobilbau und Medizintechnik sowie in der Optikfertigung zeigt sich ein Bedarf an solchen reversiblen Messbeschichtungen.
Die entwickelte Beschichtungslösung vereinfacht nicht nur Messungen mit optischen Triangulationstechnik (wie Lasertriangulation, Streifenprojektion), wenn schwierige Oberflächen vorliegen. Verbesserung hinsichtlich erweiterter Einsatzgrenzen sind auch für konoskopische, holografische, interferometrische oder Fokusvariation basierende Verfahren möglich. Die sonst üblichen gerätetechnischen Anpassungen (Austausch von Lichtquelle, Sensor, Optik) und die damit verbundenen hohen Umrüstkosten zur Durchführung komplexer Messungen können entfallen.
Das Applizieren der flüchtigen Reflexionsschichten wird durch den Einsatz einer pneumatische Zerstäubertechnik wirtschaftlich. Mit Methoden der pneumatischen Zerstäubung wurden Lichtstreuung und Mattierung an Oberflächen allein durch die Art, Größe und Verteilung von Schichtpartikeln der flüchtigen Filmbildner erreicht. Aufgrund der geringen Dichte ist der Verbrauch der flüchtigen Schichtstoffe gering und moderater Beschaffungspreise liegen die Beschichtungskosten pro Quadratmeter unter denen von beständigen Mattierungsmitteln.

Zielgruppe und Zielmarkt

Der Zielmarkt betrifft alle Branchen und Märkte der definieren, die optische Mess- und Prüftechnik zur Produktentwicklung und Qualitätssicherung entwickeln oder anwenden. Ein großer Anwendermarkt der entwickelten Beschichtungslösung liegt generell in der Fertigungstechnik, wenn komplexe Bauteile mit ur- und umformenden, abtragenden sowie additiven Verfahren prototypisch oder in Serie hergestellt werden. Ein entsprechend großes zu prüfendes Bauteilspektrum ergibt sich aus den häufig verbreitet eingesetzten Verfahren der spanenden Präzisionsbearbeitung wie Drehen, Fräsen, Bohren und Schleifen.
Die vorliegenden Projektergebnisse ermöglichen bereits eine 100-Prozent-Kontrolle glatter metallischer Funktionsbauteile mit hochglänzenden Oberflächen. Gegenstand weiterführender Untersuchungen nach Projektabschluss ist eine verbesserte Filmbildung der sublimierfähigen Stoffgemische auf nichtmetallischen Oberflächen.
Durch die reversible Reflexionsbeschichtung werden sich neue Möglichkeiten in der Messtechnik, insbesondere bei der Gestaltung von automatisierbaren Mess- und Prüfzellen sowie bei der Konfiguration von entsprechenden technischen Einrichtungen eröffnen. Nunmehr ist es möglich, die Arbeitsschritte der Reflexionsbeschichtung und optische Vermessung beziehungsweise Prüfung an demselben Ort auszuführen.
Die rückstandsfreie Lösung zur reversiblen Reflexionsbeschichtung eröffnet zudem neue Möglichkeiten in der Messtechnik, insbesondere bei der Gestaltung von automatisierbaren Mess- und Prüfzellen sowie bei der Konfiguration von entsprechenden technischen Einrichtungen.