Ziel der Entwicklung

Logo: Leichtbau-Werkzeugaufnahme eines mit Zink ausgeschäumtem Grundkörper aus Aluminium (Auskragverhältnis von Durchmesser D zu Länge L von 1:8)
Leichtbau-Werkzeugaufnahme eines mit Zink ausgeschäumtem Grundkörper aus Aluminium (Auskragverhältnis von Durchmesser D zu Länge L von 1:8)

Zellulare metallische Werkstoffe („poröse Metalle“) wie Metallschäume und Hohlkugelstrukturen weisen neben einer guten Schwingungsdämpfung ein äußerst günstiges Verhältnis von Steifigkeit zu Masse auf. Diese energiesparenden und Standzeit erhöhenden Eigenschaften finden dennoch kaum Einsatz in der Konstruktion von Zerspanwerkzeugen, vor allem nicht in den bewegten Baugruppen. Eine Ursache dafür ist, dass sich diese Materialien sowie ihre Eigenschaften bisher nicht zufriedenstellend simulieren lassen, da über Ort und Größe der Poren nur statistische Aussagen getroffen werden können. Vor allem in für mechanische Belastungen kritischen Bereichen ist aber die tatsächliche Verteilung des Materials entscheidend.
Dieses Projekt sollte daher die Anwendbarkeit von porösen Metallen im Werkzeugbau sowie deren Effekte auf den Bearbeitungsprozess experimentell untersuchen und dadurch gegebenenfalls die Akzeptanz dieses außergewöhnlichen Materials erhöhen. Innerhalb des Projekts sollte als konkrete Aufgabenstellung sowie als Demonstrator für die zukünftig angestrebte Produktserie beispielhaft eine langauskragende Verlängerung für Ausbohrwerkzeuge mit einem Durchmesser zwischen 40 und 80 Millimeter sowie einer Länge vom 8- bis 10-fachen des Durchmessers entwickelt werden. Dabei sollten durch das Füllen vorhandener Hohlräume mit sowie dem Ersetzen von bisherigem Vollmaterial durch diese neuartige Materialgruppe zusätzliche Gewichtseinsparungen erreicht sowie die mechanischen Eigenschaften (statisch und dynamisch) gegenüber herkömmlichen Leichtbau-Ansätzen verbessert werden.

Vorteile und Lösungen

Zu Beginn des Projekts wurde eine Vorauswahl der prototypenhaft zu untersuchenden Schaftgeometrie getroffen. Dabei wurden Standardkomponenten mit unterschiedlichen Längen und Durchmessern zusammengestellt und anschließend nach dem Potential der Gewichtseinsparung, der Häufigkeit des Einsatzes in der Fertigung, der Maschinen- und Bohrkopfschnittstellen und der möglichen Schwingungsanfälligkeit bewertet. Parallel wurden in Absprache mit einem externen Dienstleister verschiedene Sorten an zellularen metallischen Werkstoffen bewertet und ausgewählt.
Anschließend erfolgten die Konstruktion und Bewertung von verschiedenen Werkzeugaufnahme-Varianten. Dabei wurden modulare wie monolithische Konzepte erarbeitet und unterschiedlich detailliert im CAD ausgearbeitet. Die Integration des Füllprozesses in die Fertigungsabläufe war dabei eine Herausforderung. Der finale Entwurf wurde anschließend hausintern gefertigt. Das Füllen mit dem zellularen metallischen Werkstoff erfolgte durch den oben genannten externen Dienstleister. Anschließend wurde durch den Musterbau der GFE die Endmontage durchgeführt.
Es wurden als Demonstratoren zwei Leichtbau-Werkzeugaufnahmen aus mit Zink ausgeschäumten Grundkörpern aus Aluminium hergestellt. Die Werkzeugaufnahme mit einer Auskraglänge von 410 Millimeter (Verhältnis Durchmesser zu Länge von 1:8) kam auf ein Gesamtgewicht von 3.16 Kilogramm, die andere im Verhältnis 1:9 auf 3.38 Kilogramm. Vergleicht man die Massen der Werkzeugaufnahmen mit am Markt verfügbaren Lösungen, so kann man deutlich das Potenzial im Bereich des Leichtbaus erkennen. Ein schwingungsgedämpftes Ausbohrwerkzeug gleicher geometrischer Abmessungen wie die Auskraglänge 1:8 kommt auf ein Gesamtgewicht von 10.12 Kilogramm. Das sind 220 Prozent mehr.
Durch die Gewichtsreduktion konnte ein verbessertes Handling sowie eine höhere Energieeffizienz gegenüber konventionellen Werkzeugaufnahmen erzielt werden und die Werkzeugmaschinenspindel ist geringeren Belastungen ausgesetzt. Aufgrund von Inhomogenitäten im Metallschaum, die zu nicht reproduzierbaren Messergebnissen innerhalb einer Variante sowie zu einer Unwucht bei den rotierenden Werkzeugen führten, können die Demonstratoren nicht für Zerspanaufgaben genutzt werden. Metallschaum bietet ein großes Potenzial im Bereich Leichtbau und Schwingungsdämpfung, ist aber aktuell nicht für dynamische Anwendungen nutzbar.
Die in diesem Projekt gewonnen Erkenntnisse sowie die daraus erarbeiteten Handlungsempfehlungen dienen als Grundlage für die Fertigung optimierter Leichtbau-Werkzeugaufnahmen sowie weiterer Anwendungen im Bereich des Leichtbaus auf Basis zellularer metallischer Werkstoffe. Weiteres Entwicklungspotential liegt in der serienmäßigen Generierung homogener Schaumstrukturen.

Zielgruppe und Zielmarkt

Langauskragende Werkzeuge mit einem Durchmesser von mehr als 40 Millimeter und einem Verhältnis Durchmesser zu Länge von bis zu 1:10 kommen zum Einsatz, wenn beispielsweise Bauteile mit großen Höhenunterschieden beziehungsweise tiefen Bohrlöchern gefertigt werden müssen. Diese Problematik kann in vielen Anwendungsgebieten der Werkzeugmaschinen auftreten. Bei der Präsentation dieses Projekts sowie der Vermarktung der Ergebnisse sollen hier allerdings primär die Bereiche des Transportmittelbaus (Züge, Schiffe, Flugzeuge) sowie der Energieerzeugung (Wasser- und Windkraftanlagen) angesprochen werden.
Der weltweit zunehmende Personen- und Güterverkehr zu Lande, zu Wasser und in der Luft, sowie die alternative Energieerzeugung zum Beispiel durch Wind- und Wasserkraft, führen zu einem steigenden Bedarf an Großbauteilen. Die hohen Kosten dieser Bauteile erfordern vom Bearbeitungsprozess einerseits höchste Genauigkeit, Sicherheit und Qualität, andererseits ist auch bei der Herstellung von Großbauteilen eine Effizienzsteigerung der Prozesse und Erhöhung der Produktivität zwingend notwendig. Hierbei können neuartige Werkzeugkonzepte nachhaltig die Effizienz bei der Zerspanung von Großbauteilen steigern, mit dem Ziel, bei hoher Fertigungssicherheit und Qualität die Bearbeitungszeiten zu reduzieren.
Das globale Wachstum in diesen Bereichen führt zwangsläufig zu einer wachsenden Nachfrage nach Großbauteilen. Dies wird nur zu einem Teil durch die aktuell tätigen Unternehmen aufgefangen werden können und wiederum die Gründung neuer Unternehmen beflügeln. Die Aussicht auf hohe Wachstumszahlen und steigende Umsätze sowie ein sich aufbauender Konkurrenzdruck werden die Nachfrage nach neuen, innovativen Werkzeugkonzepten vorantreiben. Da Großbauteile meist teuer sind und lange Beschaffungszeiten haben, kann Ausschuss nicht akzeptiert werden. Neuartige Konzepte, welche vielleicht ganz andere Bearbeitungsvarianten ermöglichen können, haben daher eine gute Chance, vom Markt angenommen zu werden.